nach welcher das Schiff sich bewegte, hinstürzen will; denn auch hier behält der nur wenig mit dem Schiffe verbundene Körper seine Geschwindigkeit noch, wenn dieses schon festgehalten wird. -- Vermöge der Trägheit befestiget sich die Axt am Stiele, wenn man den Stiel auf einen harten Körper aufstößt; das Eisen nämlich behält die niederwärts gerichtete Bewegung, die man ihm mit dem Stiele zusammen ertheilt hatte, noch dann wenn der Stiel schon festgehalten wird, und es rückt daher auf dem Stiele zu enger an- schließenden Puncten fort. -- Durch die Trägheit wird das Pendel, nach seinem Fallen, in dem hinaufgehenden Bogen fortgeführt, und alle oscillirende Bewegungen verdanken ihren Ursprung dem durch Trägheit bewirkten Fortgange der Bewegung über den Zustand hinaus, den die wirkende Kraft herzustellen strebte. Doch noch viel gewöhnlichere Erfahrungen zeigen uns diese Trägheit. Meine Feder ist zu sehr mit Dinte gefüllt, doch nicht so sehr, daß der in ihr hängende Tropfen herabfiele, so lange ich sie ruhig halte; aber hebe ich mit plötzlicher Bewegung die Feder aufwärts, so fällt der Tropfen herunter, weil er nicht fest genug mit der Feder verbunden, vermöge der Trägheit in dem Orte bleibt, wo er sich befand, und dann freilich, nicht mehr von der Feder gehalten, als schwerer Körper herabfällt. Ich schreibe auf einem ungleichen, faserigen Papiere, meine Feder wird plötzlich angehalten, und sprützt die Dinte vorwärts; -- indem die Feder nämlich, gekrümmt durch den widerstehenden Theil des Papiers, wenn sie sich von diesem frei macht, vermöge ihrer Elasticität ihre Gestalt wieder annimmt, ertheilt sie auch der in ihr enthaltenen Dinte eine bedeutende Ge- schwindigkeit, und diese behält, vermöge der Trägheit noch die Ge- schwindigkeit, wenn die zur Ruhe kommende Federspitze sie verliert, die Dinte eilt also der Feder voraus und beschmutzt das Papier.
In eben diesem Gesetze der Trägheit, in dem Beharren im Zustande der schon erlangten Bewegung, liegt auch der Grund, warum eine fortwährend wirkende, dem Körper Geschwindigkeit ertheilende Kraft eine beschleunigte Bewegung hervorbringt; denn der Körper würde auch ohne erneuerte Einwirkung jener Kraft mit der schon erlangten Geschwindigkeit fortgehen; er muß also größere Geschwindigkeit erlangen, mit beschleunigter Bewegung fortgehen bei fortdauernder Einwirkung dieser Kraft; und so erhellt
nach welcher das Schiff ſich bewegte, hinſtuͤrzen will; denn auch hier behaͤlt der nur wenig mit dem Schiffe verbundene Koͤrper ſeine Geſchwindigkeit noch, wenn dieſes ſchon feſtgehalten wird. — Vermoͤge der Traͤgheit befeſtiget ſich die Axt am Stiele, wenn man den Stiel auf einen harten Koͤrper aufſtoͤßt; das Eiſen naͤmlich behaͤlt die niederwaͤrts gerichtete Bewegung, die man ihm mit dem Stiele zuſammen ertheilt hatte, noch dann wenn der Stiel ſchon feſtgehalten wird, und es ruͤckt daher auf dem Stiele zu enger an- ſchließenden Puncten fort. — Durch die Traͤgheit wird das Pendel, nach ſeinem Fallen, in dem hinaufgehenden Bogen fortgefuͤhrt, und alle oſcillirende Bewegungen verdanken ihren Urſprung dem durch Traͤgheit bewirkten Fortgange der Bewegung uͤber den Zuſtand hinaus, den die wirkende Kraft herzuſtellen ſtrebte. Doch noch viel gewoͤhnlichere Erfahrungen zeigen uns dieſe Traͤgheit. Meine Feder iſt zu ſehr mit Dinte gefuͤllt, doch nicht ſo ſehr, daß der in ihr haͤngende Tropfen herabfiele, ſo lange ich ſie ruhig halte; aber hebe ich mit ploͤtzlicher Bewegung die Feder aufwaͤrts, ſo faͤllt der Tropfen herunter, weil er nicht feſt genug mit der Feder verbunden, vermoͤge der Traͤgheit in dem Orte bleibt, wo er ſich befand, und dann freilich, nicht mehr von der Feder gehalten, als ſchwerer Koͤrper herabfaͤllt. Ich ſchreibe auf einem ungleichen, faſerigen Papiere, meine Feder wird ploͤtzlich angehalten, und ſpruͤtzt die Dinte vorwaͤrts; — indem die Feder naͤmlich, gekruͤmmt durch den widerſtehenden Theil des Papiers, wenn ſie ſich von dieſem frei macht, vermoͤge ihrer Elaſticitaͤt ihre Geſtalt wieder annimmt, ertheilt ſie auch der in ihr enthaltenen Dinte eine bedeutende Ge- ſchwindigkeit, und dieſe behaͤlt, vermoͤge der Traͤgheit noch die Ge- ſchwindigkeit, wenn die zur Ruhe kommende Federſpitze ſie verliert, die Dinte eilt alſo der Feder voraus und beſchmutzt das Papier.
In eben dieſem Geſetze der Traͤgheit, in dem Beharren im Zuſtande der ſchon erlangten Bewegung, liegt auch der Grund, warum eine fortwaͤhrend wirkende, dem Koͤrper Geſchwindigkeit ertheilende Kraft eine beſchleunigte Bewegung hervorbringt; denn der Koͤrper wuͤrde auch ohne erneuerte Einwirkung jener Kraft mit der ſchon erlangten Geſchwindigkeit fortgehen; er muß alſo groͤßere Geſchwindigkeit erlangen, mit beſchleunigter Bewegung fortgehen bei fortdauernder Einwirkung dieſer Kraft; und ſo erhellt
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[31/0053]
nach welcher das Schiff ſich bewegte, hinſtuͤrzen will; denn auch
hier behaͤlt der nur wenig mit dem Schiffe verbundene Koͤrper ſeine
Geſchwindigkeit noch, wenn dieſes ſchon feſtgehalten wird. —
Vermoͤge der Traͤgheit befeſtiget ſich die Axt am Stiele, wenn man
den Stiel auf einen harten Koͤrper aufſtoͤßt; das Eiſen naͤmlich
behaͤlt die niederwaͤrts gerichtete Bewegung, die man ihm mit dem
Stiele zuſammen ertheilt hatte, noch dann wenn der Stiel ſchon
feſtgehalten wird, und es ruͤckt daher auf dem Stiele zu enger an-
ſchließenden Puncten fort. — Durch die Traͤgheit wird das Pendel,
nach ſeinem Fallen, in dem hinaufgehenden Bogen fortgefuͤhrt, und
alle oſcillirende Bewegungen verdanken ihren Urſprung dem durch
Traͤgheit bewirkten Fortgange der Bewegung uͤber den Zuſtand
hinaus, den die wirkende Kraft herzuſtellen ſtrebte. Doch noch
viel gewoͤhnlichere Erfahrungen zeigen uns dieſe Traͤgheit. Meine
Feder iſt zu ſehr mit Dinte gefuͤllt, doch nicht ſo ſehr, daß der in
ihr haͤngende Tropfen herabfiele, ſo lange ich ſie ruhig halte; aber
hebe ich mit ploͤtzlicher Bewegung die Feder aufwaͤrts, ſo faͤllt der
Tropfen herunter, weil er nicht feſt genug mit der Feder verbunden,
vermoͤge der Traͤgheit in dem Orte bleibt, wo er ſich befand, und
dann freilich, nicht mehr von der Feder gehalten, als ſchwerer
Koͤrper herabfaͤllt. Ich ſchreibe auf einem ungleichen, faſerigen
Papiere, meine Feder wird ploͤtzlich angehalten, und ſpruͤtzt die
Dinte vorwaͤrts; — indem die Feder naͤmlich, gekruͤmmt durch
den widerſtehenden Theil des Papiers, wenn ſie ſich von dieſem
frei macht, vermoͤge ihrer Elaſticitaͤt ihre Geſtalt wieder annimmt,
ertheilt ſie auch der in ihr enthaltenen Dinte eine bedeutende Ge-
ſchwindigkeit, und dieſe behaͤlt, vermoͤge der Traͤgheit noch die Ge-
ſchwindigkeit, wenn die zur Ruhe kommende Federſpitze ſie verliert,
die Dinte eilt alſo der Feder voraus und beſchmutzt das Papier.
In eben dieſem Geſetze der Traͤgheit, in dem Beharren im
Zuſtande der ſchon erlangten Bewegung, liegt auch der Grund,
warum eine fortwaͤhrend wirkende, dem Koͤrper Geſchwindigkeit
ertheilende Kraft eine beſchleunigte Bewegung hervorbringt;
denn der Koͤrper wuͤrde auch ohne erneuerte Einwirkung jener
Kraft mit der ſchon erlangten Geſchwindigkeit fortgehen; er muß
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/53>, abgerufen am 22.11.2024.
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