einleuchtende Grund hiefür ist, daß nach dem Mariotte'schen Ge- setze die Ausdehnungskraft in eben dem Maaße wie die Dichtigkeit wächst, also bei doppelter Dichtigkeit zwar jedes Theilchen doppelt so viel Masse, aber auch doppelt so viel bewegende Kraft besitzt. Dagegen kann die Fortpflanzung des Schalles wohl in einigem Grade von dem Feuchtigkeitszustande der Luft abhängen, indem durch die Dünste ein andres Verhältniß zwischen Dichtigkeit und Ausdehnungskraft entsteht.
An diese relativen Bestimmungen über die Geschwindigkeit des Schalles knüpft die Theorie weitere Folgerungen, welche die abso- lute Geschwindigkeit ergeben, und hiebei hat lange eine Abweichung der theoretisch berechneten Geschwindigkeit von der beobachteten, die Aufmerksamkeit der Physiker auf sich gezogen. Wenn man an- nimmt, daß auch bei den höchst geringen, auf die kleinsten Zeitmo- mente beschränkten Wechseln der Verdichtung und Verdünnung der Luft, so wie sie bei den Schallwellen statt finden, das Mariotte'sche Gesetz strenge richtig bleibt, so findet man nur 880 Fuß, als den Raum, welchen der Schall in 1 Secunde durchlaufen sollte; also viel zu wenig. Man glaubte um so sicherer das Mariotte'sche Gesetz als anwendbar in diesem Falle ansehen zu dürfen, da es sich bei viel größern Aenderungen der Dichtigkeit als richtig gezeigt hat; aber dennoch hat eine genauere Ueberlegung gelehrt, daß es grade bei diesen schnellen, wenn gleich sehr kleinen Wechseln der Dichtigkeit bedeutende Abweichungen von der Wahrheit ergeben muß.
Wenn wir in Röhren die Luft verdichten oder verdünnen, und die drückende Kraft beobachten, die sie alsdann ausübt, so lassen wir ihr Zeit genug, um die Temperatur wieder anzunehmen, die ihr und den umgebenden Körpern eigen war, und dann zeigt sich jenes Gesetz als richtig. Hätten wir dagegen Mittel, um einen ähnlichen Versuch über den von doppelt so dichter Luft ausgeübten Druck so schnell auszuführen, daß wir sehr plötzlich die Verdichtung zum Doppelten hervorbrächten, und in demselben Augenblicke den ausgeübten Druck wahrnähmen, so würden wir diesen sehr viel größer als das Doppelte des vorigen Druckes finden; weil eine plötz- liche Verdichtung allemal mit Erhitzung verbunden ist *). Ebenso
*) Diese Erhitzung, welche durch plötzliche Verdichtung der Luft
einleuchtende Grund hiefuͤr iſt, daß nach dem Mariotte'ſchen Ge- ſetze die Ausdehnungskraft in eben dem Maaße wie die Dichtigkeit waͤchſt, alſo bei doppelter Dichtigkeit zwar jedes Theilchen doppelt ſo viel Maſſe, aber auch doppelt ſo viel bewegende Kraft beſitzt. Dagegen kann die Fortpflanzung des Schalles wohl in einigem Grade von dem Feuchtigkeitszuſtande der Luft abhaͤngen, indem durch die Duͤnſte ein andres Verhaͤltniß zwiſchen Dichtigkeit und Ausdehnungskraft entſteht.
An dieſe relativen Beſtimmungen uͤber die Geſchwindigkeit des Schalles knuͤpft die Theorie weitere Folgerungen, welche die abſo- lute Geſchwindigkeit ergeben, und hiebei hat lange eine Abweichung der theoretiſch berechneten Geſchwindigkeit von der beobachteten, die Aufmerkſamkeit der Phyſiker auf ſich gezogen. Wenn man an- nimmt, daß auch bei den hoͤchſt geringen, auf die kleinſten Zeitmo- mente beſchraͤnkten Wechſeln der Verdichtung und Verduͤnnung der Luft, ſo wie ſie bei den Schallwellen ſtatt finden, das Mariotte'ſche Geſetz ſtrenge richtig bleibt, ſo findet man nur 880 Fuß, als den Raum, welchen der Schall in 1 Secunde durchlaufen ſollte; alſo viel zu wenig. Man glaubte um ſo ſicherer das Mariotte'ſche Geſetz als anwendbar in dieſem Falle anſehen zu duͤrfen, da es ſich bei viel groͤßern Aenderungen der Dichtigkeit als richtig gezeigt hat; aber dennoch hat eine genauere Ueberlegung gelehrt, daß es grade bei dieſen ſchnellen, wenn gleich ſehr kleinen Wechſeln der Dichtigkeit bedeutende Abweichungen von der Wahrheit ergeben muß.
Wenn wir in Roͤhren die Luft verdichten oder verduͤnnen, und die druͤckende Kraft beobachten, die ſie alsdann ausuͤbt, ſo laſſen wir ihr Zeit genug, um die Temperatur wieder anzunehmen, die ihr und den umgebenden Koͤrpern eigen war, und dann zeigt ſich jenes Geſetz als richtig. Haͤtten wir dagegen Mittel, um einen aͤhnlichen Verſuch uͤber den von doppelt ſo dichter Luft ausgeuͤbten Druck ſo ſchnell auszufuͤhren, daß wir ſehr ploͤtzlich die Verdichtung zum Doppelten hervorbraͤchten, und in demſelben Augenblicke den ausgeuͤbten Druck wahrnaͤhmen, ſo wuͤrden wir dieſen ſehr viel groͤßer als das Doppelte des vorigen Druckes finden; weil eine ploͤtz- liche Verdichtung allemal mit Erhitzung verbunden iſt *). Ebenſo
*) Dieſe Erhitzung, welche durch ploͤtzliche Verdichtung der Luft
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einleuchtende Grund hiefuͤr iſt, daß nach dem Mariotte'ſchen Ge-
ſetze die Ausdehnungskraft in eben dem Maaße wie die Dichtigkeit
waͤchſt, alſo bei doppelter Dichtigkeit zwar jedes Theilchen doppelt
ſo viel Maſſe, aber auch doppelt ſo viel bewegende Kraft beſitzt.
Dagegen kann die Fortpflanzung des Schalles wohl in einigem
Grade von dem Feuchtigkeitszuſtande der Luft abhaͤngen, indem
durch die Duͤnſte ein andres Verhaͤltniß zwiſchen Dichtigkeit und
Ausdehnungskraft entſteht.
An dieſe relativen Beſtimmungen uͤber die Geſchwindigkeit des
Schalles knuͤpft die Theorie weitere Folgerungen, welche die abſo-
lute Geſchwindigkeit ergeben, und hiebei hat lange eine Abweichung
der theoretiſch berechneten Geſchwindigkeit von der beobachteten, die
Aufmerkſamkeit der Phyſiker auf ſich gezogen. Wenn man an-
nimmt, daß auch bei den hoͤchſt geringen, auf die kleinſten Zeitmo-
mente beſchraͤnkten Wechſeln der Verdichtung und Verduͤnnung der
Luft, ſo wie ſie bei den Schallwellen ſtatt finden, das Mariotte'ſche
Geſetz ſtrenge richtig bleibt, ſo findet man nur 880 Fuß, als den
Raum, welchen der Schall in 1 Secunde durchlaufen ſollte; alſo
viel zu wenig. Man glaubte um ſo ſicherer das Mariotte'ſche Geſetz
als anwendbar in dieſem Falle anſehen zu duͤrfen, da es ſich bei viel
groͤßern Aenderungen der Dichtigkeit als richtig gezeigt hat; aber
dennoch hat eine genauere Ueberlegung gelehrt, daß es grade bei
dieſen ſchnellen, wenn gleich ſehr kleinen Wechſeln der Dichtigkeit
bedeutende Abweichungen von der Wahrheit ergeben muß.
Wenn wir in Roͤhren die Luft verdichten oder verduͤnnen, und
die druͤckende Kraft beobachten, die ſie alsdann ausuͤbt, ſo laſſen
wir ihr Zeit genug, um die Temperatur wieder anzunehmen, die
ihr und den umgebenden Koͤrpern eigen war, und dann zeigt ſich
jenes Geſetz als richtig. Haͤtten wir dagegen Mittel, um einen
aͤhnlichen Verſuch uͤber den von doppelt ſo dichter Luft ausgeuͤbten
Druck ſo ſchnell auszufuͤhren, daß wir ſehr ploͤtzlich die Verdichtung
zum Doppelten hervorbraͤchten, und in demſelben Augenblicke den
ausgeuͤbten Druck wahrnaͤhmen, ſo wuͤrden wir dieſen ſehr viel
groͤßer als das Doppelte des vorigen Druckes finden; weil eine ploͤtz-
liche Verdichtung allemal mit Erhitzung verbunden iſt *). Ebenſo
*) Dieſe Erhitzung, welche durch ploͤtzliche Verdichtung der Luft
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/347>, abgerufen am 16.07.2024.
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