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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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bringt; b, b, b sind die Stellen, wo man streichen kann. Der Ton,
den ich auf Chladni's Autorität angebe, ist einen halben Ton
höher, als die dritte Octave des Grundtones.

Wenn man in der Mitte hält und in der Mitte der Seite
streicht, so geht gern Fig. 165 hervor; der Ton ist um 3 Octaven
und eine Quarte höher, als der Grundton.

In den Fällen, wo irgendwo auf der Mittellinie AB festge-
halten, und an einer Seite, etwa in b (Fig. 166.) gestrichen wird,
tritt zwar oft eben die regelmäßige Symmetrie ein, so daß man in
b' so gut als in b den Bogen anbringen kann; aber bei größern
Platten, zumal wenn sie irgend ungleich in ihren einzelnen Theilen
sind, hört diese Symmetrie auf, und es können reine Töne hervor-
gehen, wenn gleich die beiden Seiten der Scheibe sehr ungleiche
Linien zeigen. Es wäre wohl der Mühe werth, an größern, recht
sorgfältig gearbeiteten Metallscheiben zu versuchen, mit welcher Ge-
nauigkeit die Schwingungsknoten der entferntern Theile in eben der
Ordnung, wie die der nähern, ursprünglich in Vibration gesetzten,
liegen; denn daß die Steifheit der Scheibe je größer diese ist, desto
mehr Abweichungen hervorbringt, läßt sich wohl voraussehen, und
auch der Versuch zeigt es.

Bei einer quadratischen Messingscheibe von beinahe 12 rhein.
Zoll Seite, kann man 10 Querlinien hervorbringen, die nach
Chladni's Bestimmungen einem Tone entsprechen müssen, der
5 Octaven und 1 Quinte höher als der Grundton *) ist.

Wenn eine Kreisscheibe in ihrem Mittelpuncte festgehalten
wird, so sollte sie eigentlich gleiche Figuren geben, wenn man sie an
irgend einem Puncte des Umfangs ganz gleichförmig streicht, Sa-
vart
bemerkt aber, daß dies, selbst bei der genauesten Bearbeitung
der Platte nicht geschieht, sondern gewisse Stellen passender zum
Hervorbringen der regelmäßigen Knotenlinien sind, während andre
Stellen sie auf bestimmte Weise gekrümmt geben; Savart glaubt
hierin zu erkennen, daß die innere Structur der Körper, selbst der
Metalle und des Glases, nicht so gleichförmig ist, als wir gewöhn-
lich annehmen, und daß die nach einer Richtung anders geordnete
Lage der Theilchen diesen Einfluß auf die Knotenlinien hat.


*) Chladni's Acustik. S. 139

bringt; b, b, b ſind die Stellen, wo man ſtreichen kann. Der Ton,
den ich auf Chladni's Autoritaͤt angebe, iſt einen halben Ton
hoͤher, als die dritte Octave des Grundtones.

Wenn man in der Mitte haͤlt und in der Mitte der Seite
ſtreicht, ſo geht gern Fig. 165 hervor; der Ton iſt um 3 Octaven
und eine Quarte hoͤher, als der Grundton.

In den Faͤllen, wo irgendwo auf der Mittellinie AB feſtge-
halten, und an einer Seite, etwa in b (Fig. 166.) geſtrichen wird,
tritt zwar oft eben die regelmaͤßige Symmetrie ein, ſo daß man in
b′ ſo gut als in b den Bogen anbringen kann; aber bei groͤßern
Platten, zumal wenn ſie irgend ungleich in ihren einzelnen Theilen
ſind, hoͤrt dieſe Symmetrie auf, und es koͤnnen reine Toͤne hervor-
gehen, wenn gleich die beiden Seiten der Scheibe ſehr ungleiche
Linien zeigen. Es waͤre wohl der Muͤhe werth, an groͤßern, recht
ſorgfaͤltig gearbeiteten Metallſcheiben zu verſuchen, mit welcher Ge-
nauigkeit die Schwingungsknoten der entferntern Theile in eben der
Ordnung, wie die der naͤhern, urſpruͤnglich in Vibration geſetzten,
liegen; denn daß die Steifheit der Scheibe je groͤßer dieſe iſt, deſto
mehr Abweichungen hervorbringt, laͤßt ſich wohl vorausſehen, und
auch der Verſuch zeigt es.

Bei einer quadratiſchen Meſſingſcheibe von beinahe 12 rhein.
Zoll Seite, kann man 10 Querlinien hervorbringen, die nach
Chladni's Beſtimmungen einem Tone entſprechen muͤſſen, der
5 Octaven und 1 Quinte hoͤher als der Grundton *) iſt.

Wenn eine Kreisſcheibe in ihrem Mittelpuncte feſtgehalten
wird, ſo ſollte ſie eigentlich gleiche Figuren geben, wenn man ſie an
irgend einem Puncte des Umfangs ganz gleichfoͤrmig ſtreicht, Sa-
vart
bemerkt aber, daß dies, ſelbſt bei der genaueſten Bearbeitung
der Platte nicht geſchieht, ſondern gewiſſe Stellen paſſender zum
Hervorbringen der regelmaͤßigen Knotenlinien ſind, waͤhrend andre
Stellen ſie auf beſtimmte Weiſe gekruͤmmt geben; Savart glaubt
hierin zu erkennen, daß die innere Structur der Koͤrper, ſelbſt der
Metalle und des Glaſes, nicht ſo gleichfoͤrmig iſt, als wir gewoͤhn-
lich annehmen, und daß die nach einer Richtung anders geordnete
Lage der Theilchen dieſen Einfluß auf die Knotenlinien hat.


*) Chladni's Acuſtik. S. 139
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[319/0341] bringt; b, b, b ſind die Stellen, wo man ſtreichen kann. Der Ton, den ich auf Chladni's Autoritaͤt angebe, iſt einen halben Ton hoͤher, als die dritte Octave des Grundtones. Wenn man in der Mitte haͤlt und in der Mitte der Seite ſtreicht, ſo geht gern Fig. 165 hervor; der Ton iſt um 3 Octaven und eine Quarte hoͤher, als der Grundton. In den Faͤllen, wo irgendwo auf der Mittellinie AB feſtge- halten, und an einer Seite, etwa in b (Fig. 166.) geſtrichen wird, tritt zwar oft eben die regelmaͤßige Symmetrie ein, ſo daß man in b′ ſo gut als in b den Bogen anbringen kann; aber bei groͤßern Platten, zumal wenn ſie irgend ungleich in ihren einzelnen Theilen ſind, hoͤrt dieſe Symmetrie auf, und es koͤnnen reine Toͤne hervor- gehen, wenn gleich die beiden Seiten der Scheibe ſehr ungleiche Linien zeigen. Es waͤre wohl der Muͤhe werth, an groͤßern, recht ſorgfaͤltig gearbeiteten Metallſcheiben zu verſuchen, mit welcher Ge- nauigkeit die Schwingungsknoten der entferntern Theile in eben der Ordnung, wie die der naͤhern, urſpruͤnglich in Vibration geſetzten, liegen; denn daß die Steifheit der Scheibe je groͤßer dieſe iſt, deſto mehr Abweichungen hervorbringt, laͤßt ſich wohl vorausſehen, und auch der Verſuch zeigt es. Bei einer quadratiſchen Meſſingſcheibe von beinahe 12 rhein. Zoll Seite, kann man 10 Querlinien hervorbringen, die nach Chladni's Beſtimmungen einem Tone entſprechen muͤſſen, der 5 Octaven und 1 Quinte hoͤher als der Grundton *) iſt. Wenn eine Kreisſcheibe in ihrem Mittelpuncte feſtgehalten wird, ſo ſollte ſie eigentlich gleiche Figuren geben, wenn man ſie an irgend einem Puncte des Umfangs ganz gleichfoͤrmig ſtreicht, Sa- vart bemerkt aber, daß dies, ſelbſt bei der genaueſten Bearbeitung der Platte nicht geſchieht, ſondern gewiſſe Stellen paſſender zum Hervorbringen der regelmaͤßigen Knotenlinien ſind, waͤhrend andre Stellen ſie auf beſtimmte Weiſe gekruͤmmt geben; Savart glaubt hierin zu erkennen, daß die innere Structur der Koͤrper, ſelbſt der Metalle und des Glaſes, nicht ſo gleichfoͤrmig iſt, als wir gewoͤhn- lich annehmen, und daß die nach einer Richtung anders geordnete Lage der Theilchen dieſen Einfluß auf die Knotenlinien hat. *) Chladni's Acuſtik. S. 139

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/341>, abgerufen am 24.11.2024.