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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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aus keinen Ton mehr, weil jede einzelne Schwingung das Ohr zu
schwach rührt, oder man hört die Schwingungen nur als ein wie-
derholtes gleiches Geräusch, weil jetzt das, was in jeder einzelnen
Schwingung Ungleichartiges ist, hervortritt, statt daß es vorhin
beim gleichmäßigen schnellen Wechsel unter dem lebhaftern Eindrucke
dieses Gleichartigen im Wechsel verborgen blieb.

Die allgemeinen Bewegungsgesetze lassen uns leicht einige
Bestimmungen über die Schwingungszeiten der Saiten finden, und
das eben Angeführte läßt schon im Voraus übersehen, daß daran
eine Bestimmung des Tones, den die Saite giebt, sich anknüpfen
wird. -- Die Kraft, welche als bewegende Kraft jedes Theilchen
der Saite zu der graden Linie, in welcher es sich beim Gleichgewichte
befand, zurückzieht, ist die Kraft der Elasticität, und sie ist daher
der Spannung, die wir als durch ein bestimmtes Gewicht hervor-
gebracht ansehen wollen, proportional; die bewegte Masse ist offen-
bar durch das Gewicht jedes einzelnen Theiles der Saite bestimmt.
Sind zwei Saiten von einerlei Materie gleich lang zwischen den
Befestigungspuncten und gleich dick, aber von ungleichen Gewichten
gespannt, so ist die beschleunigende Kraft, welche die Fortbewegung
jedes einzelnen Punctes bestimmt, doppelt so groß bei doppelt so
großer Spannung, dreimal so groß bei dreimal so großer Span-
nung; und da eine viermal so große beschleunigende Kraft den Kör-
per viermal so weit in der ersten Secunde führt, als die einfache
beschleunigende Kraft, dagegen die einfache beschleunigende Kraft
in 2 Secunden den Körper viermal so weit als 1 in Secunde führt,
so ist hier bei der vierfachen spannenden Kraft der durchlaufene Weg
in einem Zeittheilchen so groß, als bei der einfachen spannenden
Kraft in 2 Zeittheilchen, oder die Vibrationen sind doppelt so zahl-
reich in gleicher Zeit bei vierfacher Spannung als bei einfacher,
dreimal so zahlreich in gleicher Zeit bei neunfacher Spannung und
allgemein der Quadratwurzel aus der Spannung proportional.
Ebenso läßt sich für gleiche Länge und gleiche Spannung die
Schwingungszeit vergleichen, wenn die Dicke der Saite ungleich
ist. Eine doppelt so dicke, allemal als cylindrisch vorausgesetzte
Saite enthält in jedem Querschnitte viermal so viel Masse, als
die von der einfachen Dicke; ist daher die Spannung gleich groß,
so wirkt eben die bewegende Kraft auf viermal so viel Masse bei

aus keinen Ton mehr, weil jede einzelne Schwingung das Ohr zu
ſchwach ruͤhrt, oder man hoͤrt die Schwingungen nur als ein wie-
derholtes gleiches Geraͤuſch, weil jetzt das, was in jeder einzelnen
Schwingung Ungleichartiges iſt, hervortritt, ſtatt daß es vorhin
beim gleichmaͤßigen ſchnellen Wechſel unter dem lebhaftern Eindrucke
dieſes Gleichartigen im Wechſel verborgen blieb.

Die allgemeinen Bewegungsgeſetze laſſen uns leicht einige
Beſtimmungen uͤber die Schwingungszeiten der Saiten finden, und
das eben Angefuͤhrte laͤßt ſchon im Voraus uͤberſehen, daß daran
eine Beſtimmung des Tones, den die Saite giebt, ſich anknuͤpfen
wird. — Die Kraft, welche als bewegende Kraft jedes Theilchen
der Saite zu der graden Linie, in welcher es ſich beim Gleichgewichte
befand, zuruͤckzieht, iſt die Kraft der Elaſticitaͤt, und ſie iſt daher
der Spannung, die wir als durch ein beſtimmtes Gewicht hervor-
gebracht anſehen wollen, proportional; die bewegte Maſſe iſt offen-
bar durch das Gewicht jedes einzelnen Theiles der Saite beſtimmt.
Sind zwei Saiten von einerlei Materie gleich lang zwiſchen den
Befeſtigungspuncten und gleich dick, aber von ungleichen Gewichten
geſpannt, ſo iſt die beſchleunigende Kraft, welche die Fortbewegung
jedes einzelnen Punctes beſtimmt, doppelt ſo groß bei doppelt ſo
großer Spannung, dreimal ſo groß bei dreimal ſo großer Span-
nung; und da eine viermal ſo große beſchleunigende Kraft den Koͤr-
per viermal ſo weit in der erſten Secunde fuͤhrt, als die einfache
beſchleunigende Kraft, dagegen die einfache beſchleunigende Kraft
in 2 Secunden den Koͤrper viermal ſo weit als 1 in Secunde fuͤhrt,
ſo iſt hier bei der vierfachen ſpannenden Kraft der durchlaufene Weg
in einem Zeittheilchen ſo groß, als bei der einfachen ſpannenden
Kraft in 2 Zeittheilchen, oder die Vibrationen ſind doppelt ſo zahl-
reich in gleicher Zeit bei vierfacher Spannung als bei einfacher,
dreimal ſo zahlreich in gleicher Zeit bei neunfacher Spannung und
allgemein der Quadratwurzel aus der Spannung proportional.
Ebenſo laͤßt ſich fuͤr gleiche Laͤnge und gleiche Spannung die
Schwingungszeit vergleichen, wenn die Dicke der Saite ungleich
iſt. Eine doppelt ſo dicke, allemal als cylindriſch vorausgeſetzte
Saite enthaͤlt in jedem Querſchnitte viermal ſo viel Maſſe, als
die von der einfachen Dicke; iſt daher die Spannung gleich groß,
ſo wirkt eben die bewegende Kraft auf viermal ſo viel Maſſe bei

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[284/0306] aus keinen Ton mehr, weil jede einzelne Schwingung das Ohr zu ſchwach ruͤhrt, oder man hoͤrt die Schwingungen nur als ein wie- derholtes gleiches Geraͤuſch, weil jetzt das, was in jeder einzelnen Schwingung Ungleichartiges iſt, hervortritt, ſtatt daß es vorhin beim gleichmaͤßigen ſchnellen Wechſel unter dem lebhaftern Eindrucke dieſes Gleichartigen im Wechſel verborgen blieb. Die allgemeinen Bewegungsgeſetze laſſen uns leicht einige Beſtimmungen uͤber die Schwingungszeiten der Saiten finden, und das eben Angefuͤhrte laͤßt ſchon im Voraus uͤberſehen, daß daran eine Beſtimmung des Tones, den die Saite giebt, ſich anknuͤpfen wird. — Die Kraft, welche als bewegende Kraft jedes Theilchen der Saite zu der graden Linie, in welcher es ſich beim Gleichgewichte befand, zuruͤckzieht, iſt die Kraft der Elaſticitaͤt, und ſie iſt daher der Spannung, die wir als durch ein beſtimmtes Gewicht hervor- gebracht anſehen wollen, proportional; die bewegte Maſſe iſt offen- bar durch das Gewicht jedes einzelnen Theiles der Saite beſtimmt. Sind zwei Saiten von einerlei Materie gleich lang zwiſchen den Befeſtigungspuncten und gleich dick, aber von ungleichen Gewichten geſpannt, ſo iſt die beſchleunigende Kraft, welche die Fortbewegung jedes einzelnen Punctes beſtimmt, doppelt ſo groß bei doppelt ſo großer Spannung, dreimal ſo groß bei dreimal ſo großer Span- nung; und da eine viermal ſo große beſchleunigende Kraft den Koͤr- per viermal ſo weit in der erſten Secunde fuͤhrt, als die einfache beſchleunigende Kraft, dagegen die einfache beſchleunigende Kraft in 2 Secunden den Koͤrper viermal ſo weit als 1 in Secunde fuͤhrt, ſo iſt hier bei der vierfachen ſpannenden Kraft der durchlaufene Weg in einem Zeittheilchen ſo groß, als bei der einfachen ſpannenden Kraft in 2 Zeittheilchen, oder die Vibrationen ſind doppelt ſo zahl- reich in gleicher Zeit bei vierfacher Spannung als bei einfacher, dreimal ſo zahlreich in gleicher Zeit bei neunfacher Spannung und allgemein der Quadratwurzel aus der Spannung proportional. Ebenſo laͤßt ſich fuͤr gleiche Laͤnge und gleiche Spannung die Schwingungszeit vergleichen, wenn die Dicke der Saite ungleich iſt. Eine doppelt ſo dicke, allemal als cylindriſch vorausgeſetzte Saite enthaͤlt in jedem Querſchnitte viermal ſo viel Maſſe, als die von der einfachen Dicke; iſt daher die Spannung gleich groß, ſo wirkt eben die bewegende Kraft auf viermal ſo viel Maſſe bei

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/306>, abgerufen am 23.11.2024.