geht die Entwickelung neuer Luft noch immer, obgleich mit vermin- derter Gewalt, fort, und nach einigen Tagen sieht man eine neue Flüssigkeit entstehen, die man durch Abkühlung noch deutlicher und mehr gesammelt hervorbringt, wenn man die Röhre in die Stel- lung ade, und de in eine Eismischung bringt, damit sich dieses neue Fluidum in ed verdichte. Auf diese Weise hat Faraday die salzsaure Luft, und durch ähnliche Versuche mehrere andre Luft- Arten in den tropfbar flüssigen Zustand gebracht, und sich überzeugt, daß diese Flüssigkeiten wirklich nur aus Verdichtung der Luft ent- standen, indem sie bei geöffneter Röhre sogleich in der elastisch flüssi- gen Form, wie man sonst diese Luft-Arten zu sehen gewohnt ist, entwichen.
Durch welche Mittel man den Druck, den die so eingeschlos- sene Luft ausübte, bestimmt, will ich bei den Verdichtungen durch die Luftpumpe erwähnen, und hier nur bemerken, daß Faraday die Größe des in dem erzählten Falle statt findenden Druckes auf 40 Atmosphären angiebt, das heißt, dieser Druck könnte ein gewöhn- liches Barometer auf 40.28 Zoll oder 1120 Zoll hoch erhalten. Damit ein so gewaltiger Druck die Röhre nicht zersprenge, müssen die Wände der Röhre nicht allein dick, sondern auch frei von allen Bläschen und Ungleichheiten, gut gekühlt und beim Zuschmelzen mit großer Sorgfalt behandelt sein. Nach Brunel's Versuchen konnten Röhren von 18 Linien innerem Durchmesser, deren Wände 10 Linien dick waren, den Druck von 135 Atmosphären ertragen, wenn sie aus ganz reinem Flintglase bestanden *).
Durch diese Entdeckung, die auch Perkins durch bloßen äußern Druck bestätiget hat, ist der characteristische Unterschied, welchen man sonst zwischen Luft und Dampf darin zu finden glaub- te, daß die dampfförmigen Flüssigkeiten durch Druck in den tropf- baren Zustand übergehen, die luftförmigen Flüssigkeiten aber per- manent elastisch bleiben, aufgehoben; aber dennoch bleibt es bei den meisten, und grade bei den am gewöhnlichsten vorkommenden Luft- Arten wahr, daß sie bei einem nicht im höchsten Grade starken Drucke sich als permanent elastisch zeigen, und so läßt sich jener Unterschied, mit gehöriger Beschränkung, immer noch für die meisten
*)Faraday on chemical manipulation §. 814. 899.
geht die Entwickelung neuer Luft noch immer, obgleich mit vermin- derter Gewalt, fort, und nach einigen Tagen ſieht man eine neue Fluͤſſigkeit entſtehen, die man durch Abkuͤhlung noch deutlicher und mehr geſammelt hervorbringt, wenn man die Roͤhre in die Stel- lung ade, und de in eine Eismiſchung bringt, damit ſich dieſes neue Fluidum in ed verdichte. Auf dieſe Weiſe hat Faraday die ſalzſaure Luft, und durch aͤhnliche Verſuche mehrere andre Luft- Arten in den tropfbar fluͤſſigen Zuſtand gebracht, und ſich uͤberzeugt, daß dieſe Fluͤſſigkeiten wirklich nur aus Verdichtung der Luft ent- ſtanden, indem ſie bei geoͤffneter Roͤhre ſogleich in der elaſtiſch fluͤſſi- gen Form, wie man ſonſt dieſe Luft-Arten zu ſehen gewohnt iſt, entwichen.
Durch welche Mittel man den Druck, den die ſo eingeſchloſ- ſene Luft ausuͤbte, beſtimmt, will ich bei den Verdichtungen durch die Luftpumpe erwaͤhnen, und hier nur bemerken, daß Faraday die Groͤße des in dem erzaͤhlten Falle ſtatt findenden Druckes auf 40 Atmoſphaͤren angiebt, das heißt, dieſer Druck koͤnnte ein gewoͤhn- liches Barometer auf 40.28 Zoll oder 1120 Zoll hoch erhalten. Damit ein ſo gewaltiger Druck die Roͤhre nicht zerſprenge, muͤſſen die Waͤnde der Roͤhre nicht allein dick, ſondern auch frei von allen Blaͤschen und Ungleichheiten, gut gekuͤhlt und beim Zuſchmelzen mit großer Sorgfalt behandelt ſein. Nach Brunel's Verſuchen konnten Roͤhren von 18 Linien innerem Durchmeſſer, deren Waͤnde 10 Linien dick waren, den Druck von 135 Atmoſphaͤren ertragen, wenn ſie aus ganz reinem Flintglaſe beſtanden *).
Durch dieſe Entdeckung, die auch Perkins durch bloßen aͤußern Druck beſtaͤtiget hat, iſt der characteriſtiſche Unterſchied, welchen man ſonſt zwiſchen Luft und Dampf darin zu finden glaub- te, daß die dampffoͤrmigen Fluͤſſigkeiten durch Druck in den tropf- baren Zuſtand uͤbergehen, die luftfoͤrmigen Fluͤſſigkeiten aber per- manent elaſtiſch bleiben, aufgehoben; aber dennoch bleibt es bei den meiſten, und grade bei den am gewoͤhnlichſten vorkommenden Luft- Arten wahr, daß ſie bei einem nicht im hoͤchſten Grade ſtarken Drucke ſich als permanent elaſtiſch zeigen, und ſo laͤßt ſich jener Unterſchied, mit gehoͤriger Beſchraͤnkung, immer noch fuͤr die meiſten
*)Faraday on chemical manipulation §. 814. 899.
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geht die Entwickelung neuer Luft noch immer, obgleich mit vermin-
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mehr geſammelt hervorbringt, wenn man die Roͤhre in die Stel-
lung ade, und de in eine Eismiſchung bringt, damit ſich dieſes
neue Fluidum in ed verdichte. Auf dieſe Weiſe hat Faraday
die ſalzſaure Luft, und durch aͤhnliche Verſuche mehrere andre Luft-
Arten in den tropfbar fluͤſſigen Zuſtand gebracht, und ſich uͤberzeugt,
daß dieſe Fluͤſſigkeiten wirklich nur aus Verdichtung der Luft ent-
ſtanden, indem ſie bei geoͤffneter Roͤhre ſogleich in der elaſtiſch fluͤſſi-
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entwichen.
Durch welche Mittel man den Druck, den die ſo eingeſchloſ-
ſene Luft ausuͤbte, beſtimmt, will ich bei den Verdichtungen durch
die Luftpumpe erwaͤhnen, und hier nur bemerken, daß Faraday
die Groͤße des in dem erzaͤhlten Falle ſtatt findenden Druckes auf
40 Atmoſphaͤren angiebt, das heißt, dieſer Druck koͤnnte ein gewoͤhn-
liches Barometer auf 40.28 Zoll oder 1120 Zoll hoch erhalten.
Damit ein ſo gewaltiger Druck die Roͤhre nicht zerſprenge, muͤſſen
die Waͤnde der Roͤhre nicht allein dick, ſondern auch frei von allen
Blaͤschen und Ungleichheiten, gut gekuͤhlt und beim Zuſchmelzen
mit großer Sorgfalt behandelt ſein. Nach Brunel's Verſuchen
konnten Roͤhren von 18 Linien innerem Durchmeſſer, deren Waͤnde
10 Linien dick waren, den Druck von 135 Atmoſphaͤren ertragen,
wenn ſie aus ganz reinem Flintglaſe beſtanden *).
Durch dieſe Entdeckung, die auch Perkins durch bloßen
aͤußern Druck beſtaͤtiget hat, iſt der characteriſtiſche Unterſchied,
welchen man ſonſt zwiſchen Luft und Dampf darin zu finden glaub-
te, daß die dampffoͤrmigen Fluͤſſigkeiten durch Druck in den tropf-
baren Zuſtand uͤbergehen, die luftfoͤrmigen Fluͤſſigkeiten aber per-
manent elaſtiſch bleiben, aufgehoben; aber dennoch bleibt es bei den
meiſten, und grade bei den am gewoͤhnlichſten vorkommenden Luft-
Arten wahr, daß ſie bei einem nicht im hoͤchſten Grade ſtarken
Drucke ſich als permanent elaſtiſch zeigen, und ſo laͤßt ſich jener
Unterſchied, mit gehoͤriger Beſchraͤnkung, immer noch fuͤr die meiſten
*) Faraday on chemical manipulation §. 814. 899.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/268>, abgerufen am 16.02.2025.
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