Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

Barometer in nordlichen Gegenden höher steht und umgekehrt.
Hiernach scheint der stärkere Druck der Atmosphäre die Veranlas-
sung zu dem von einer Gegend ausgehenden Winde zu geben.
Die Luft strömt, und das ist ganz natürlich, den Gegenden zu,
wo der geringere Druck ist; aber woher dieser geringere Druck in
der einen, der stärkere Druck in der andern Gegend entstanden ist,
das bleibt immer gleich dunkel *). Man hat, wie es scheint, mit
Recht, angenommen, daß aus den Strömungen der warmen Luft
vom Aequator gegen den Nordpol und der kalten Luft gegen den
Aequator zu sich nicht bloß zwei über einander liegende Ströme
bilden, wie ich es neulich angab, sondern daß sie sehr oft neben
einander fortgehen, indem der wärmere sich (um nur von unsern
Gegenden zu reden,) über dem Atlantischen Meere bis zur Erde
herab erstrecke, und daneben über dem festen Lande von Europa
und Asien ein kalter Strom, selbst bis zur Erde herab, vorherrschend
sei; da wo einer dieser Ströme das Uebergewicht erhält, da ent-
stehen die Aenderungen von Wind, Witterung, Barometerstand
und Wärme. Aber welche erste Ursache diesem Wechsel zum Grunde
liegt, warum auf eine so ungleiche Weise bald der eine bald der
andre dieser Luftströme herrschend wird, wie dieses mit den auf-
fallenden Erscheinungen der Gewitter, der heftigen Regen u.s.w.
zusammenhängt, darüber ergiebt sich hieraus kein genügender Auf-
schluß. Wie wenig dieses der Fall sei, zeigt sich am deutlichsten
bei einer nähern Betrachtung der tiefen Barometerstände, die
zuweilen plötzlich im auffallendsten Maaße eintreten.

Tiefe Barometerstände.

Es ereignet sich nämlich in unsern Gegenden zuweilen, daß
das Barometer in 18 oder 20 Stunden um einen ganzen Zoll fällt,
und bei diesem schnellen Fallen zugleich eine sehr große Tiefe unter
seinem mittlern Stande erreicht, eine Tiefe, die an einigen Orten
bis nahe an 2 Zoll unter der Mittelhöhe gehen kann, ja Krufen-
stern
beobachtete im Japanischen Meere ein Sinken des Barometers

*) Die Abhandlungen von von Buch, Dove und Schouw
stehen in den Annalen der Physik. 67. 89. 90. 91. Band. Die letztere
Bemerkung habe ich aus Beobachtungen bewiesen in meinen Beiträgen
zur Witterungskunde.

Barometer in nordlichen Gegenden hoͤher ſteht und umgekehrt.
Hiernach ſcheint der ſtaͤrkere Druck der Atmoſphaͤre die Veranlaſ-
ſung zu dem von einer Gegend ausgehenden Winde zu geben.
Die Luft ſtroͤmt, und das iſt ganz natuͤrlich, den Gegenden zu,
wo der geringere Druck iſt; aber woher dieſer geringere Druck in
der einen, der ſtaͤrkere Druck in der andern Gegend entſtanden iſt,
das bleibt immer gleich dunkel *). Man hat, wie es ſcheint, mit
Recht, angenommen, daß aus den Stroͤmungen der warmen Luft
vom Aequator gegen den Nordpol und der kalten Luft gegen den
Aequator zu ſich nicht bloß zwei uͤber einander liegende Stroͤme
bilden, wie ich es neulich angab, ſondern daß ſie ſehr oft neben
einander fortgehen, indem der waͤrmere ſich (um nur von unſern
Gegenden zu reden,) uͤber dem Atlantiſchen Meere bis zur Erde
herab erſtrecke, und daneben uͤber dem feſten Lande von Europa
und Aſien ein kalter Strom, ſelbſt bis zur Erde herab, vorherrſchend
ſei; da wo einer dieſer Stroͤme das Uebergewicht erhaͤlt, da ent-
ſtehen die Aenderungen von Wind, Witterung, Barometerſtand
und Waͤrme. Aber welche erſte Urſache dieſem Wechſel zum Grunde
liegt, warum auf eine ſo ungleiche Weiſe bald der eine bald der
andre dieſer Luftſtroͤme herrſchend wird, wie dieſes mit den auf-
fallenden Erſcheinungen der Gewitter, der heftigen Regen u.ſ.w.
zuſammenhaͤngt, daruͤber ergiebt ſich hieraus kein genuͤgender Auf-
ſchluß. Wie wenig dieſes der Fall ſei, zeigt ſich am deutlichſten
bei einer naͤhern Betrachtung der tiefen Barometerſtaͤnde, die
zuweilen ploͤtzlich im auffallendſten Maaße eintreten.

Tiefe Barometerſtaͤnde.

Es ereignet ſich naͤmlich in unſern Gegenden zuweilen, daß
das Barometer in 18 oder 20 Stunden um einen ganzen Zoll faͤllt,
und bei dieſem ſchnellen Fallen zugleich eine ſehr große Tiefe unter
ſeinem mittlern Stande erreicht, eine Tiefe, die an einigen Orten
bis nahe an 2 Zoll unter der Mittelhoͤhe gehen kann, ja Krufen-
ſtern
beobachtete im Japaniſchen Meere ein Sinken des Barometers

*) Die Abhandlungen von von Buch, Dove und Schouw
ſtehen in den Annalen der Phyſik. 67. 89. 90. 91. Band. Die letztere
Bemerkung habe ich aus Beobachtungen bewieſen in meinen Beitraͤgen
zur Witterungskunde.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0248" n="226"/>
Barometer in nordlichen Gegenden ho&#x0364;her &#x017F;teht und umgekehrt.<lb/>
Hiernach &#x017F;cheint der &#x017F;ta&#x0364;rkere Druck der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re die Veranla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung zu dem von einer Gegend ausgehenden Winde zu geben.<lb/>
Die Luft &#x017F;tro&#x0364;mt, und das i&#x017F;t ganz natu&#x0364;rlich, den Gegenden zu,<lb/>
wo der geringere Druck i&#x017F;t; aber woher die&#x017F;er geringere Druck in<lb/>
der einen, der &#x017F;ta&#x0364;rkere Druck in der andern Gegend ent&#x017F;tanden i&#x017F;t,<lb/>
das bleibt immer gleich dunkel <note place="foot" n="*)">Die Abhandlungen von <hi rendition="#g">von Buch</hi>, <hi rendition="#g">Dove</hi> und <hi rendition="#g">Schouw</hi><lb/>
&#x017F;tehen in den Annalen der Phy&#x017F;ik. 67. 89. 90. 91. Band. Die letztere<lb/>
Bemerkung habe ich aus Beobachtungen bewie&#x017F;en in meinen Beitra&#x0364;gen<lb/>
zur Witterungskunde.</note>. Man hat, wie es &#x017F;cheint, mit<lb/>
Recht, angenommen, daß aus den Stro&#x0364;mungen der warmen Luft<lb/>
vom Aequator gegen den Nordpol und der kalten Luft gegen den<lb/>
Aequator zu &#x017F;ich nicht bloß zwei u&#x0364;ber einander liegende Stro&#x0364;me<lb/>
bilden, wie ich es neulich angab, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie &#x017F;ehr oft neben<lb/>
einander fortgehen, indem der wa&#x0364;rmere &#x017F;ich (um nur von un&#x017F;ern<lb/>
Gegenden zu reden,) u&#x0364;ber dem Atlanti&#x017F;chen Meere bis zur Erde<lb/>
herab er&#x017F;trecke, und daneben u&#x0364;ber dem fe&#x017F;ten Lande von Europa<lb/>
und A&#x017F;ien ein kalter Strom, &#x017F;elb&#x017F;t bis zur Erde herab, vorherr&#x017F;chend<lb/>
&#x017F;ei; da wo einer die&#x017F;er Stro&#x0364;me das Uebergewicht erha&#x0364;lt, da ent-<lb/>
&#x017F;tehen die Aenderungen von Wind, Witterung, Barometer&#x017F;tand<lb/>
und Wa&#x0364;rme. Aber welche er&#x017F;te Ur&#x017F;ache die&#x017F;em Wech&#x017F;el zum Grunde<lb/>
liegt, warum auf eine &#x017F;o ungleiche Wei&#x017F;e bald der eine bald der<lb/>
andre die&#x017F;er Luft&#x017F;tro&#x0364;me herr&#x017F;chend wird, wie die&#x017F;es mit den auf-<lb/>
fallenden Er&#x017F;cheinungen der Gewitter, der heftigen Regen u.&#x017F;.w.<lb/>
zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngt, daru&#x0364;ber ergiebt &#x017F;ich hieraus kein genu&#x0364;gender Auf-<lb/>
&#x017F;chluß. Wie wenig die&#x017F;es der Fall &#x017F;ei, zeigt &#x017F;ich am deutlich&#x017F;ten<lb/>
bei einer na&#x0364;hern Betrachtung der tiefen Barometer&#x017F;ta&#x0364;nde, die<lb/>
zuweilen plo&#x0364;tzlich im auffallend&#x017F;ten Maaße eintreten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Tiefe Barometer&#x017F;ta&#x0364;nde</hi>.</head><lb/>
          <p>Es ereignet &#x017F;ich na&#x0364;mlich in un&#x017F;ern Gegenden zuweilen, daß<lb/>
das Barometer in 18 oder 20 Stunden um einen ganzen Zoll fa&#x0364;llt,<lb/>
und bei die&#x017F;em &#x017F;chnellen Fallen zugleich eine &#x017F;ehr große Tiefe unter<lb/>
&#x017F;einem mittlern Stande erreicht, eine Tiefe, die an einigen Orten<lb/>
bis nahe an 2 Zoll unter der Mittelho&#x0364;he gehen kann, ja <hi rendition="#g">Krufen-<lb/>
&#x017F;tern</hi> beobachtete im Japani&#x017F;chen Meere ein Sinken des Barometers<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0248] Barometer in nordlichen Gegenden hoͤher ſteht und umgekehrt. Hiernach ſcheint der ſtaͤrkere Druck der Atmoſphaͤre die Veranlaſ- ſung zu dem von einer Gegend ausgehenden Winde zu geben. Die Luft ſtroͤmt, und das iſt ganz natuͤrlich, den Gegenden zu, wo der geringere Druck iſt; aber woher dieſer geringere Druck in der einen, der ſtaͤrkere Druck in der andern Gegend entſtanden iſt, das bleibt immer gleich dunkel *). Man hat, wie es ſcheint, mit Recht, angenommen, daß aus den Stroͤmungen der warmen Luft vom Aequator gegen den Nordpol und der kalten Luft gegen den Aequator zu ſich nicht bloß zwei uͤber einander liegende Stroͤme bilden, wie ich es neulich angab, ſondern daß ſie ſehr oft neben einander fortgehen, indem der waͤrmere ſich (um nur von unſern Gegenden zu reden,) uͤber dem Atlantiſchen Meere bis zur Erde herab erſtrecke, und daneben uͤber dem feſten Lande von Europa und Aſien ein kalter Strom, ſelbſt bis zur Erde herab, vorherrſchend ſei; da wo einer dieſer Stroͤme das Uebergewicht erhaͤlt, da ent- ſtehen die Aenderungen von Wind, Witterung, Barometerſtand und Waͤrme. Aber welche erſte Urſache dieſem Wechſel zum Grunde liegt, warum auf eine ſo ungleiche Weiſe bald der eine bald der andre dieſer Luftſtroͤme herrſchend wird, wie dieſes mit den auf- fallenden Erſcheinungen der Gewitter, der heftigen Regen u.ſ.w. zuſammenhaͤngt, daruͤber ergiebt ſich hieraus kein genuͤgender Auf- ſchluß. Wie wenig dieſes der Fall ſei, zeigt ſich am deutlichſten bei einer naͤhern Betrachtung der tiefen Barometerſtaͤnde, die zuweilen ploͤtzlich im auffallendſten Maaße eintreten. Tiefe Barometerſtaͤnde. Es ereignet ſich naͤmlich in unſern Gegenden zuweilen, daß das Barometer in 18 oder 20 Stunden um einen ganzen Zoll faͤllt, und bei dieſem ſchnellen Fallen zugleich eine ſehr große Tiefe unter ſeinem mittlern Stande erreicht, eine Tiefe, die an einigen Orten bis nahe an 2 Zoll unter der Mittelhoͤhe gehen kann, ja Krufen- ſtern beobachtete im Japaniſchen Meere ein Sinken des Barometers *) Die Abhandlungen von von Buch, Dove und Schouw ſtehen in den Annalen der Phyſik. 67. 89. 90. 91. Band. Die letztere Bemerkung habe ich aus Beobachtungen bewieſen in meinen Beitraͤgen zur Witterungskunde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/248
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/248>, abgerufen am 03.12.2024.