daß man auch in sehr erheblichen Tiefen das Eingreifen der durch die Flügel umgetriebenen Axe in das abzählende Rad kann anfangen und aufhören lassen, wie man will, also auch hier die Anzahl der Umläufe zum Beispiel in 1/2 Minute erhält. Da man ihn in alle Tiefen, die nicht allzu erheblich sind, bringen kann, so giebt der Strommesser Aufschluß über die ungleiche Geschwindigkeit in ver- schiedenen Tiefen, über die Ungleichheit derselben bei Anschwellungen des Stromes, bei ungleichem Gefälle der Oberfläche, bei Veren- gungen im Strome u. s. w. Mit Hülfe solcher Bestimmungen der Geschwindigkeit kann man zur Beantwortung der in der physischen Geographie höchst wichtigen Frage, wie viel Wasser die Ströme ins Meer bringen, gelangen. Beobachtet man nämlich bei großen Strömen in demselben Querschnitte in der Mitte und an den Sei- ten des Stromes, an der Oberfläche und in der Tiefe, die Geschwin- digkeit, so erhält man die mittlere Geschwindigkeit des Wassers und kann aus der ausgemessenen Größe des Querschnitts die Anzahl von Cubicfußen ausrechnen, die in 1 Secunde oder in längerer Zeit durch diesen Querschnitt gehen. Obgleich nun diese Geschwindigkeit im Laufe des Jahres sehr wechselnd, bei hohem Wasser gewöhnlich am größesten ist, so läßt sich doch aus dem, was bei mittlerm Was- serstande gefunden wird, ein ziemlich allgemeiner Schluß ziehen, und auf solchen Beobachtungen, die freilich immer noch nicht zahlreich genug angestellt sind, beruhen folgende Angaben. Die mittlere Ge- schwindigkeit des Rheins bei Düsseldorf rechnet man zu 31/4 Fuß in 1 Secunde in einem Querschnitte von 12000 Quadratfußen; er führt also in 1 Secunde 39000 Cubicfuß, in 1 Tage beinahe 3370 Millionen Cubicfuß Wasser in die Nordsee; das beträgt im Jahre 1 1/5 Billionen Cubicfuß, wozu aber auch 2000 Quadratmeilen, das ist ungefehr 1 Billion Quadratfuß das Wasser liefern. Von der Donau wird angegeben, daß sie 10 Billionen Cubicfuß jährlich ins Meer führe, was auch bei dem sehr ausgedehnten Flußgebiete der Donau nicht zu verwundern ist. Hiebei würden sich noch eine Menge von Untersuchungen über die mit größerm Gefälle der Ober- fläche des Stromes zunehmende Geschwindigkeit, über die Ungleich- heit dieses Gefälles in verschiedenen Stromstrecken und dergl. an- schließen; ich will indeß nur bei einer sehr anziehenden Betrachtung
daß man auch in ſehr erheblichen Tiefen das Eingreifen der durch die Fluͤgel umgetriebenen Axe in das abzaͤhlende Rad kann anfangen und aufhoͤren laſſen, wie man will, alſo auch hier die Anzahl der Umlaͤufe zum Beiſpiel in ½ Minute erhaͤlt. Da man ihn in alle Tiefen, die nicht allzu erheblich ſind, bringen kann, ſo giebt der Strommeſſer Aufſchluß uͤber die ungleiche Geſchwindigkeit in ver- ſchiedenen Tiefen, uͤber die Ungleichheit derſelben bei Anſchwellungen des Stromes, bei ungleichem Gefaͤlle der Oberflaͤche, bei Veren- gungen im Strome u. ſ. w. Mit Huͤlfe ſolcher Beſtimmungen der Geſchwindigkeit kann man zur Beantwortung der in der phyſiſchen Geographie hoͤchſt wichtigen Frage, wie viel Waſſer die Stroͤme ins Meer bringen, gelangen. Beobachtet man naͤmlich bei großen Stroͤmen in demſelben Querſchnitte in der Mitte und an den Sei- ten des Stromes, an der Oberflaͤche und in der Tiefe, die Geſchwin- digkeit, ſo erhaͤlt man die mittlere Geſchwindigkeit des Waſſers und kann aus der ausgemeſſenen Groͤße des Querſchnitts die Anzahl von Cubicfußen ausrechnen, die in 1 Secunde oder in laͤngerer Zeit durch dieſen Querſchnitt gehen. Obgleich nun dieſe Geſchwindigkeit im Laufe des Jahres ſehr wechſelnd, bei hohem Waſſer gewoͤhnlich am groͤßeſten iſt, ſo laͤßt ſich doch aus dem, was bei mittlerm Waſ- ſerſtande gefunden wird, ein ziemlich allgemeiner Schluß ziehen, und auf ſolchen Beobachtungen, die freilich immer noch nicht zahlreich genug angeſtellt ſind, beruhen folgende Angaben. Die mittlere Ge- ſchwindigkeit des Rheins bei Duͤſſeldorf rechnet man zu 3¼ Fuß in 1 Secunde in einem Querſchnitte von 12000 Quadratfußen; er fuͤhrt alſo in 1 Secunde 39000 Cubicfuß, in 1 Tage beinahe 3370 Millionen Cubicfuß Waſſer in die Nordſee; das betraͤgt im Jahre 1⅕ Billionen Cubicfuß, wozu aber auch 2000 Quadratmeilen, das iſt ungefehr 1 Billion Quadratfuß das Waſſer liefern. Von der Donau wird angegeben, daß ſie 10 Billionen Cubicfuß jaͤhrlich ins Meer fuͤhre, was auch bei dem ſehr ausgedehnten Flußgebiete der Donau nicht zu verwundern iſt. Hiebei wuͤrden ſich noch eine Menge von Unterſuchungen uͤber die mit groͤßerm Gefaͤlle der Ober- flaͤche des Stromes zunehmende Geſchwindigkeit, uͤber die Ungleich- heit dieſes Gefaͤlles in verſchiedenen Stromſtrecken und dergl. an- ſchließen; ich will indeß nur bei einer ſehr anziehenden Betrachtung
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daß man auch in ſehr erheblichen Tiefen das Eingreifen der durch
die Fluͤgel umgetriebenen Axe in das abzaͤhlende Rad kann anfangen
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Umlaͤufe zum Beiſpiel in ½ Minute erhaͤlt. Da man ihn in alle
Tiefen, die nicht allzu erheblich ſind, bringen kann, ſo giebt der
Strommeſſer Aufſchluß uͤber die ungleiche Geſchwindigkeit in ver-
ſchiedenen Tiefen, uͤber die Ungleichheit derſelben bei Anſchwellungen
des Stromes, bei ungleichem Gefaͤlle der Oberflaͤche, bei Veren-
gungen im Strome u. ſ. w. Mit Huͤlfe ſolcher Beſtimmungen der
Geſchwindigkeit kann man zur Beantwortung der in der phyſiſchen
Geographie hoͤchſt wichtigen Frage, wie viel Waſſer die Stroͤme ins
Meer bringen, gelangen. Beobachtet man naͤmlich bei großen
Stroͤmen in demſelben Querſchnitte in der Mitte und an den Sei-
ten des Stromes, an der Oberflaͤche und in der Tiefe, die Geſchwin-
digkeit, ſo erhaͤlt man die mittlere Geſchwindigkeit des Waſſers und
kann aus der ausgemeſſenen Groͤße des Querſchnitts die Anzahl
von Cubicfußen ausrechnen, die in 1 Secunde oder in laͤngerer Zeit
durch dieſen Querſchnitt gehen. Obgleich nun dieſe Geſchwindigkeit
im Laufe des Jahres ſehr wechſelnd, bei hohem Waſſer gewoͤhnlich
am groͤßeſten iſt, ſo laͤßt ſich doch aus dem, was bei mittlerm Waſ-
ſerſtande gefunden wird, ein ziemlich allgemeiner Schluß ziehen,
und auf ſolchen Beobachtungen, die freilich immer noch nicht zahlreich
genug angeſtellt ſind, beruhen folgende Angaben. Die mittlere Ge-
ſchwindigkeit des Rheins bei Duͤſſeldorf rechnet man zu 3¼ Fuß in
1 Secunde in einem Querſchnitte von 12000 Quadratfußen; er
fuͤhrt alſo in 1 Secunde 39000 Cubicfuß, in 1 Tage beinahe 3370
Millionen Cubicfuß Waſſer in die Nordſee; das betraͤgt im Jahre
1⅕ Billionen Cubicfuß, wozu aber auch 2000 Quadratmeilen, das
iſt ungefehr 1 Billion Quadratfuß das Waſſer liefern. Von der
Donau wird angegeben, daß ſie 10 Billionen Cubicfuß jaͤhrlich
ins Meer fuͤhre, was auch bei dem ſehr ausgedehnten Flußgebiete
der Donau nicht zu verwundern iſt. Hiebei wuͤrden ſich noch eine
Menge von Unterſuchungen uͤber die mit groͤßerm Gefaͤlle der Ober-
flaͤche des Stromes zunehmende Geſchwindigkeit, uͤber die Ungleich-
heit dieſes Gefaͤlles in verſchiedenen Stromſtrecken und dergl. an-
ſchließen; ich will indeß nur bei einer ſehr anziehenden Betrachtung
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/212>, abgerufen am 22.11.2024.
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