Unter den Lehren, m. h. H., welche an practischen Anwendun- gen reich sind, nimmt die Lehre von dem Stoße, den bewegte flüssige Körper auf feste Körper ausüben, und von dem Widerstande, den feste Körper in ruhenden flüssigen fortbewegt leiden, einen vorzüg- lichen Platz ein. Um die Kraft des Stoßes flüssiger Körper abzu- messen, kann man eine Platte AB (Fig. 108.) so dem ausströmen- den Wasserstrahle entgegen stellen, daß sie, an dem Hebel-Arme AC angebracht, durch ein Gegengewicht in D gehindert wird, aus- zuweichen. Bei dieser Einrichtung erhält man die Kraft des Stoßes in Pfunden ausgedrückt, wenn für die Mitte des auffallenden Strahles E der Abstand vom Ruhepuncte C ebenso groß, als der Hebel-Arm CD ist, welcher das Gewicht trägt. Diese Kraft ist bei Strahlen von ungleichem Querschnitte aber gleicher Geschwin- digkeit des ausfließenden Wassers, doppelt so groß, wenn der Quer- schnitt verdoppelt wird, und überhaupt dem Querschnitte proportio- nal; dagegen wird sie, wenn aus einerlei Oeffnung das Wasser fließt, vierfach bei verdoppelter Geschwindigkeit, neunfach bei dreimal so großer Geschwindigkeit. Es ist nämlich leicht einzusehen, daß die Kraft des Stoßes sich verdoppeln muß, wenn zweimal so viele Theil- chen einwirken; aber wenn bei vermehrter Geschwindigkeit nicht bloß mehrere Theilchen wirken, sondern diese auch mit verstärkter Gewalt wirken, so wird die Kraft in größerm Verhältnisse wachsen, als dem, welches der Zahl der anstoßenden Theilchen gemäß ist, da die Quantität der Bewegung zugleich mit der Menge der Theilchen und zugleich mit der Geschwindigkeit wächst. Man kann die Größe der Kraft des Stoßes durch folgende leichte Ueberlegung finden. Es ströme das Wasser (Fig. 108.) aus der Oeffnung F aus, und werde nahe vor dieser Oeffnung von der Ebne AB aufgefangen, so würde schon der ruhige Druck in E so groß als in F sein, wenn eine Röhre FE die Ebne BA mit dem Gefäße verbände; aber da das mit einem Stoße anprallende Wasser beinahe so wie ein elasti-
Vierzehnte Vorleſung.
Stoß fluͤſſiger Koͤrper.
Unter den Lehren, m. h. H., welche an practiſchen Anwendun- gen reich ſind, nimmt die Lehre von dem Stoße, den bewegte fluͤſſige Koͤrper auf feſte Koͤrper ausuͤben, und von dem Widerſtande, den feſte Koͤrper in ruhenden fluͤſſigen fortbewegt leiden, einen vorzuͤg- lichen Platz ein. Um die Kraft des Stoßes fluͤſſiger Koͤrper abzu- meſſen, kann man eine Platte AB (Fig. 108.) ſo dem ausſtroͤmen- den Waſſerſtrahle entgegen ſtellen, daß ſie, an dem Hebel-Arme AC angebracht, durch ein Gegengewicht in D gehindert wird, aus- zuweichen. Bei dieſer Einrichtung erhaͤlt man die Kraft des Stoßes in Pfunden ausgedruͤckt, wenn fuͤr die Mitte des auffallenden Strahles E der Abſtand vom Ruhepuncte C ebenſo groß, als der Hebel-Arm CD iſt, welcher das Gewicht traͤgt. Dieſe Kraft iſt bei Strahlen von ungleichem Querſchnitte aber gleicher Geſchwin- digkeit des ausfließenden Waſſers, doppelt ſo groß, wenn der Quer- ſchnitt verdoppelt wird, und uͤberhaupt dem Querſchnitte proportio- nal; dagegen wird ſie, wenn aus einerlei Oeffnung das Waſſer fließt, vierfach bei verdoppelter Geſchwindigkeit, neunfach bei dreimal ſo großer Geſchwindigkeit. Es iſt naͤmlich leicht einzuſehen, daß die Kraft des Stoßes ſich verdoppeln muß, wenn zweimal ſo viele Theil- chen einwirken; aber wenn bei vermehrter Geſchwindigkeit nicht bloß mehrere Theilchen wirken, ſondern dieſe auch mit verſtaͤrkter Gewalt wirken, ſo wird die Kraft in groͤßerm Verhaͤltniſſe wachſen, als dem, welches der Zahl der anſtoßenden Theilchen gemaͤß iſt, da die Quantitaͤt der Bewegung zugleich mit der Menge der Theilchen und zugleich mit der Geſchwindigkeit waͤchſt. Man kann die Groͤße der Kraft des Stoßes durch folgende leichte Ueberlegung finden. Es ſtroͤme das Waſſer (Fig. 108.) aus der Oeffnung F aus, und werde nahe vor dieſer Oeffnung von der Ebne AB aufgefangen, ſo wuͤrde ſchon der ruhige Druck in E ſo groß als in F ſein, wenn eine Roͤhre FE die Ebne BA mit dem Gefaͤße verbaͤnde; aber da das mit einem Stoße anprallende Waſſer beinahe ſo wie ein elaſti-
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Vierzehnte Vorleſung.
Stoß fluͤſſiger Koͤrper.
Unter den Lehren, m. h. H., welche an practiſchen Anwendun-
gen reich ſind, nimmt die Lehre von dem Stoße, den bewegte fluͤſſige
Koͤrper auf feſte Koͤrper ausuͤben, und von dem Widerſtande, den
feſte Koͤrper in ruhenden fluͤſſigen fortbewegt leiden, einen vorzuͤg-
lichen Platz ein. Um die Kraft des Stoßes fluͤſſiger Koͤrper abzu-
meſſen, kann man eine Platte AB (Fig. 108.) ſo dem ausſtroͤmen-
den Waſſerſtrahle entgegen ſtellen, daß ſie, an dem Hebel-Arme
AC angebracht, durch ein Gegengewicht in D gehindert wird, aus-
zuweichen. Bei dieſer Einrichtung erhaͤlt man die Kraft des Stoßes
in Pfunden ausgedruͤckt, wenn fuͤr die Mitte des auffallenden
Strahles E der Abſtand vom Ruhepuncte C ebenſo groß, als der
Hebel-Arm CD iſt, welcher das Gewicht traͤgt. Dieſe Kraft iſt
bei Strahlen von ungleichem Querſchnitte aber gleicher Geſchwin-
digkeit des ausfließenden Waſſers, doppelt ſo groß, wenn der Quer-
ſchnitt verdoppelt wird, und uͤberhaupt dem Querſchnitte proportio-
nal; dagegen wird ſie, wenn aus einerlei Oeffnung das Waſſer
fließt, vierfach bei verdoppelter Geſchwindigkeit, neunfach bei dreimal
ſo großer Geſchwindigkeit. Es iſt naͤmlich leicht einzuſehen, daß die
Kraft des Stoßes ſich verdoppeln muß, wenn zweimal ſo viele Theil-
chen einwirken; aber wenn bei vermehrter Geſchwindigkeit nicht bloß
mehrere Theilchen wirken, ſondern dieſe auch mit verſtaͤrkter Gewalt
wirken, ſo wird die Kraft in groͤßerm Verhaͤltniſſe wachſen, als
dem, welches der Zahl der anſtoßenden Theilchen gemaͤß iſt, da die
Quantitaͤt der Bewegung zugleich mit der Menge der Theilchen und
zugleich mit der Geſchwindigkeit waͤchſt. Man kann die Groͤße der
Kraft des Stoßes durch folgende leichte Ueberlegung finden. Es
ſtroͤme das Waſſer (Fig. 108.) aus der Oeffnung F aus, und
werde nahe vor dieſer Oeffnung von der Ebne AB aufgefangen, ſo
wuͤrde ſchon der ruhige Druck in E ſo groß als in F ſein, wenn
eine Roͤhre FE die Ebne BA mit dem Gefaͤße verbaͤnde; aber da
das mit einem Stoße anprallende Waſſer beinahe ſo wie ein elaſti-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/208>, abgerufen am 16.02.2025.
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