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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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schon nahe daran zu behaupten, daß jeder Wasser armen Gegend
durch dieses Mittel Brunnen verschafft werden könnten, und daß
dieses Hervorheben des Wassers auf andern Gesetzen, als denen
des bloß durch Druck bewirkten Ausfließens beruhen müsse.

Sorgfältigere Vergleichung der Umstände scheint indeß jene
Hoffnungen, daß man endlich die Africanischen Wüsten bewässern
und so diese unbewohnbaren Gegenden fruchtbar machen, ja das
Clima ganzer Länder ändern könne, sehr herabgesetzt und die wah-
ren Ursachen jener immer auffallend bleibenden Erscheinungen ent-
hüllt zu haben. Garnier besonders *) hat aus zahlreichen Bei-
spielen nachgewiesen, daß doch auch hier die Brunnen nur in der
Nachbarschaft eines höhern Terrains die Eigenschaft, sich bis oben
und bis über die Höhe des Bodens zu füllen, besitzen, ferner daß
nur da das Brunnenbohren den gewünschten Erfolg zeigt, wo
eine von Klüften und offenen Höhlungen unterbrochene Gebirgs-
Art zu weit verbreiteten unterirdischen Wasserverbindungen Veran-
lassung giebt, und wo das aus der Atmosphäre herabfallende Was-
ser Spalten findet, um sich dort hinab zu senken, zugleich aber
durch sehr dichte höher liegende Schichten gehindert wird, an den
niedrigeren Stellen des Bodens aus diesem hervorzubrechen. In
solchen Gegenden braucht man also nur an Orten, die etwas nie-
driger als die höchsten Stellen jener unterirdischen Wasserbehälter
liegen, die dem Wasser undurchdringliche Steinschichte zu durch-
brechen und fortzubohren, bis man in größerer oder geringerer
Tiefe jene Wasserbehälter erreicht, und wird dann, wenn diese
bis zu höhern Gegenden hinauf mit Wasser gefüllt sind, ein schnell
und mit Gewalt herauf dringendes Wasser hervorbrechen sehen.
Da man die Lage jener Wasserbehälter, die ganz unter der Erde
verborgen sind, nicht kennt, so bleibt es immer einem glücklichen
Zufalle unterworfen, ob und in welchem Grade man seinen Zweck
erreicht; aber aus dem in solchen Gegenden so häufigen Gelingen
dieses Unternehmens muß man schließen, daß in Kalksteinlagerun-
gen sich sehr weit verbreitete unterirdische Wasservorräthe finden

*) De Part du fontainier sondeur et des puits artesiens. Paris
1826.
und Poggendorf's Annalen XVI. 592., wo höchst merkwürdige
einzelne Fälle erzählt werden.

ſchon nahe daran zu behaupten, daß jeder Waſſer armen Gegend
durch dieſes Mittel Brunnen verſchafft werden koͤnnten, und daß
dieſes Hervorheben des Waſſers auf andern Geſetzen, als denen
des bloß durch Druck bewirkten Ausfließens beruhen muͤſſe.

Sorgfaͤltigere Vergleichung der Umſtaͤnde ſcheint indeß jene
Hoffnungen, daß man endlich die Africaniſchen Wuͤſten bewaͤſſern
und ſo dieſe unbewohnbaren Gegenden fruchtbar machen, ja das
Clima ganzer Laͤnder aͤndern koͤnne, ſehr herabgeſetzt und die wah-
ren Urſachen jener immer auffallend bleibenden Erſcheinungen ent-
huͤllt zu haben. Garnier beſonders *) hat aus zahlreichen Bei-
ſpielen nachgewieſen, daß doch auch hier die Brunnen nur in der
Nachbarſchaft eines hoͤhern Terrains die Eigenſchaft, ſich bis oben
und bis uͤber die Hoͤhe des Bodens zu fuͤllen, beſitzen, ferner daß
nur da das Brunnenbohren den gewuͤnſchten Erfolg zeigt, wo
eine von Kluͤften und offenen Hoͤhlungen unterbrochene Gebirgs-
Art zu weit verbreiteten unterirdiſchen Waſſerverbindungen Veran-
laſſung giebt, und wo das aus der Atmoſphaͤre herabfallende Waſ-
ſer Spalten findet, um ſich dort hinab zu ſenken, zugleich aber
durch ſehr dichte hoͤher liegende Schichten gehindert wird, an den
niedrigeren Stellen des Bodens aus dieſem hervorzubrechen. In
ſolchen Gegenden braucht man alſo nur an Orten, die etwas nie-
driger als die hoͤchſten Stellen jener unterirdiſchen Waſſerbehaͤlter
liegen, die dem Waſſer undurchdringliche Steinſchichte zu durch-
brechen und fortzubohren, bis man in groͤßerer oder geringerer
Tiefe jene Waſſerbehaͤlter erreicht, und wird dann, wenn dieſe
bis zu hoͤhern Gegenden hinauf mit Waſſer gefuͤllt ſind, ein ſchnell
und mit Gewalt herauf dringendes Waſſer hervorbrechen ſehen.
Da man die Lage jener Waſſerbehaͤlter, die ganz unter der Erde
verborgen ſind, nicht kennt, ſo bleibt es immer einem gluͤcklichen
Zufalle unterworfen, ob und in welchem Grade man ſeinen Zweck
erreicht; aber aus dem in ſolchen Gegenden ſo haͤufigen Gelingen
dieſes Unternehmens muß man ſchließen, daß in Kalkſteinlagerun-
gen ſich ſehr weit verbreitete unterirdiſche Waſſervorraͤthe finden

*) De Part du fontainier sondeur et des puits artesiens. Paris
1826.
und Poggendorf's Annalen XVI. 592., wo hoͤchſt merkwuͤrdige
einzelne Faͤlle erzaͤhlt werden.
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[168/0190] ſchon nahe daran zu behaupten, daß jeder Waſſer armen Gegend durch dieſes Mittel Brunnen verſchafft werden koͤnnten, und daß dieſes Hervorheben des Waſſers auf andern Geſetzen, als denen des bloß durch Druck bewirkten Ausfließens beruhen muͤſſe. Sorgfaͤltigere Vergleichung der Umſtaͤnde ſcheint indeß jene Hoffnungen, daß man endlich die Africaniſchen Wuͤſten bewaͤſſern und ſo dieſe unbewohnbaren Gegenden fruchtbar machen, ja das Clima ganzer Laͤnder aͤndern koͤnne, ſehr herabgeſetzt und die wah- ren Urſachen jener immer auffallend bleibenden Erſcheinungen ent- huͤllt zu haben. Garnier beſonders *) hat aus zahlreichen Bei- ſpielen nachgewieſen, daß doch auch hier die Brunnen nur in der Nachbarſchaft eines hoͤhern Terrains die Eigenſchaft, ſich bis oben und bis uͤber die Hoͤhe des Bodens zu fuͤllen, beſitzen, ferner daß nur da das Brunnenbohren den gewuͤnſchten Erfolg zeigt, wo eine von Kluͤften und offenen Hoͤhlungen unterbrochene Gebirgs- Art zu weit verbreiteten unterirdiſchen Waſſerverbindungen Veran- laſſung giebt, und wo das aus der Atmoſphaͤre herabfallende Waſ- ſer Spalten findet, um ſich dort hinab zu ſenken, zugleich aber durch ſehr dichte hoͤher liegende Schichten gehindert wird, an den niedrigeren Stellen des Bodens aus dieſem hervorzubrechen. In ſolchen Gegenden braucht man alſo nur an Orten, die etwas nie- driger als die hoͤchſten Stellen jener unterirdiſchen Waſſerbehaͤlter liegen, die dem Waſſer undurchdringliche Steinſchichte zu durch- brechen und fortzubohren, bis man in groͤßerer oder geringerer Tiefe jene Waſſerbehaͤlter erreicht, und wird dann, wenn dieſe bis zu hoͤhern Gegenden hinauf mit Waſſer gefuͤllt ſind, ein ſchnell und mit Gewalt herauf dringendes Waſſer hervorbrechen ſehen. Da man die Lage jener Waſſerbehaͤlter, die ganz unter der Erde verborgen ſind, nicht kennt, ſo bleibt es immer einem gluͤcklichen Zufalle unterworfen, ob und in welchem Grade man ſeinen Zweck erreicht; aber aus dem in ſolchen Gegenden ſo haͤufigen Gelingen dieſes Unternehmens muß man ſchließen, daß in Kalkſteinlagerun- gen ſich ſehr weit verbreitete unterirdiſche Waſſervorraͤthe finden *) De Part du fontainier sondeur et des puits artesiens. Paris 1826. und Poggendorf's Annalen XVI. 592., wo hoͤchſt merkwuͤrdige einzelne Faͤlle erzaͤhlt werden.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/190>, abgerufen am 22.11.2024.