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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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ten Uebergange zu neuen Richtungen auf einer krummen Linie
wegfällt.

Bei der Bewegung der Pendel findet ferner das merkwürdige
Gesetz statt, daß fast ganz genau die Schwingungszeiten gleich sind,
man mag das Pendel große oder kleine Bogen durchlaufen lassen.
Dies hängt davon ab, daß das nur wenig aus seiner Gleichgewichts-
stellung gebrachte Pendel Ad (Fig. 63.) mit einer höchst geringen
Kraft zu seiner tiefsten Stellung zurückstrebt, und daher den frei-
lich kleinen Bogen dB sehr langsam durchläuft; ist es dagegen
weit, wie AD, von seiner Ruhetage entfernt, so erlangt es, ver-
möge der starken Neigung seiner Bahn schon sogleich eine bedeu-
tende Geschwindigkeit und wird durch den großen Bogen DB in
eben der Zeit, wie vorhin durch den kleinen Bogen dB fortgeführt.
Auf dem Kreise ist diese Gleichheit der Schwingungszeiten nicht
ganz genau richtig; aber obgleich die Schwingungszeit bei größern
Bogen ein wenig länger ist, so beträgt dies doch selbst bei Bogen
von 20 Graden noch kaum ein Hundertel der Schwingungszeit.
Indeß versteht es sich, daß man bei der Genauigkeit, die wir von
unsern Uhren fordern, und wegen der unaufhörlich sich summiren-
den Zeit-Unterschiede bei vielen Pendelschlägen, selbst so kleine Ab-
weichungen nicht unbeachtet lassen darf.

Kürzere Pendel vollenden ihre Schwingungen schneller als
längere. Wir wollen uns (Fig. 65.) zwei Pendel AB, ab, jenes
viermal so lang als dieses denken, beide mögen um den Winkel
BAD = bad, gehoben sein, so ist die Einwirkung der Schwere
auf beide in Rücksicht auf die Richtung der Bewegung, die beide,
gleich geneigt gegen die Verticallinie, annehmen können, gleich, und
bei den nach und nach erlangten Stellungen in der Mitte oder auf
dem Viertel der Wege DB, db sind die Einwirkungen der Schwere
immer wieder gleich; aber es ist der Weg BD viermal so groß als
bd, und bei gleicher Einwirkung der Schwere wird der vierfache
Weg in der zweifachen Zeit durchlaufen, also ist, da diese Vervier-
fachung des Raumes und daher die Verdoppelung der Zeit während
der ganzen Bewegung statt findet, ab ein Pendel für halbe Se-
cunden, wenn AB ein Pendel für ganze Secunden ist. Die
Schwingungszeiten sind allgemein den Quadratwurzeln aus den
Längen proportional, das heißt, man muß des Secundenpendels

ten Uebergange zu neuen Richtungen auf einer krummen Linie
wegfaͤllt.

Bei der Bewegung der Pendel findet ferner das merkwuͤrdige
Geſetz ſtatt, daß faſt ganz genau die Schwingungszeiten gleich ſind,
man mag das Pendel große oder kleine Bogen durchlaufen laſſen.
Dies haͤngt davon ab, daß das nur wenig aus ſeiner Gleichgewichts-
ſtellung gebrachte Pendel Ad (Fig. 63.) mit einer hoͤchſt geringen
Kraft zu ſeiner tiefſten Stellung zuruͤckſtrebt, und daher den frei-
lich kleinen Bogen dB ſehr langſam durchlaͤuft; iſt es dagegen
weit, wie AD, von ſeiner Ruhetage entfernt, ſo erlangt es, ver-
moͤge der ſtarken Neigung ſeiner Bahn ſchon ſogleich eine bedeu-
tende Geſchwindigkeit und wird durch den großen Bogen DB in
eben der Zeit, wie vorhin durch den kleinen Bogen dB fortgefuͤhrt.
Auf dem Kreiſe iſt dieſe Gleichheit der Schwingungszeiten nicht
ganz genau richtig; aber obgleich die Schwingungszeit bei groͤßern
Bogen ein wenig laͤnger iſt, ſo betraͤgt dies doch ſelbſt bei Bogen
von 20 Graden noch kaum ein Hundertel der Schwingungszeit.
Indeß verſteht es ſich, daß man bei der Genauigkeit, die wir von
unſern Uhren fordern, und wegen der unaufhoͤrlich ſich ſummiren-
den Zeit-Unterſchiede bei vielen Pendelſchlaͤgen, ſelbſt ſo kleine Ab-
weichungen nicht unbeachtet laſſen darf.

Kuͤrzere Pendel vollenden ihre Schwingungen ſchneller als
laͤngere. Wir wollen uns (Fig. 65.) zwei Pendel AB, ab, jenes
viermal ſo lang als dieſes denken, beide moͤgen um den Winkel
BAD = bad, gehoben ſein, ſo iſt die Einwirkung der Schwere
auf beide in Ruͤckſicht auf die Richtung der Bewegung, die beide,
gleich geneigt gegen die Verticallinie, annehmen koͤnnen, gleich, und
bei den nach und nach erlangten Stellungen in der Mitte oder auf
dem Viertel der Wege DB, db ſind die Einwirkungen der Schwere
immer wieder gleich; aber es iſt der Weg BD viermal ſo groß als
bd, und bei gleicher Einwirkung der Schwere wird der vierfache
Weg in der zweifachen Zeit durchlaufen, alſo iſt, da dieſe Vervier-
fachung des Raumes und daher die Verdoppelung der Zeit waͤhrend
der ganzen Bewegung ſtatt findet, ab ein Pendel fuͤr halbe Se-
cunden, wenn AB ein Pendel fuͤr ganze Secunden iſt. Die
Schwingungszeiten ſind allgemein den Quadratwurzeln aus den
Laͤngen proportional, das heißt, man muß des Secundenpendels

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[103/0125] ten Uebergange zu neuen Richtungen auf einer krummen Linie wegfaͤllt. Bei der Bewegung der Pendel findet ferner das merkwuͤrdige Geſetz ſtatt, daß faſt ganz genau die Schwingungszeiten gleich ſind, man mag das Pendel große oder kleine Bogen durchlaufen laſſen. Dies haͤngt davon ab, daß das nur wenig aus ſeiner Gleichgewichts- ſtellung gebrachte Pendel Ad (Fig. 63.) mit einer hoͤchſt geringen Kraft zu ſeiner tiefſten Stellung zuruͤckſtrebt, und daher den frei- lich kleinen Bogen dB ſehr langſam durchlaͤuft; iſt es dagegen weit, wie AD, von ſeiner Ruhetage entfernt, ſo erlangt es, ver- moͤge der ſtarken Neigung ſeiner Bahn ſchon ſogleich eine bedeu- tende Geſchwindigkeit und wird durch den großen Bogen DB in eben der Zeit, wie vorhin durch den kleinen Bogen dB fortgefuͤhrt. Auf dem Kreiſe iſt dieſe Gleichheit der Schwingungszeiten nicht ganz genau richtig; aber obgleich die Schwingungszeit bei groͤßern Bogen ein wenig laͤnger iſt, ſo betraͤgt dies doch ſelbſt bei Bogen von 20 Graden noch kaum ein Hundertel der Schwingungszeit. Indeß verſteht es ſich, daß man bei der Genauigkeit, die wir von unſern Uhren fordern, und wegen der unaufhoͤrlich ſich ſummiren- den Zeit-Unterſchiede bei vielen Pendelſchlaͤgen, ſelbſt ſo kleine Ab- weichungen nicht unbeachtet laſſen darf. Kuͤrzere Pendel vollenden ihre Schwingungen ſchneller als laͤngere. Wir wollen uns (Fig. 65.) zwei Pendel AB, ab, jenes viermal ſo lang als dieſes denken, beide moͤgen um den Winkel BAD = bad, gehoben ſein, ſo iſt die Einwirkung der Schwere auf beide in Ruͤckſicht auf die Richtung der Bewegung, die beide, gleich geneigt gegen die Verticallinie, annehmen koͤnnen, gleich, und bei den nach und nach erlangten Stellungen in der Mitte oder auf dem Viertel der Wege DB, db ſind die Einwirkungen der Schwere immer wieder gleich; aber es iſt der Weg BD viermal ſo groß als bd, und bei gleicher Einwirkung der Schwere wird der vierfache Weg in der zweifachen Zeit durchlaufen, alſo iſt, da dieſe Vervier- fachung des Raumes und daher die Verdoppelung der Zeit waͤhrend der ganzen Bewegung ſtatt findet, ab ein Pendel fuͤr halbe Se- cunden, wenn AB ein Pendel fuͤr ganze Secunden iſt. Die Schwingungszeiten ſind allgemein den Quadratwurzeln aus den Laͤngen proportional, das heißt, man muß des Secundenpendels

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/125>, abgerufen am 25.11.2024.