diese Länge der einmaligen Umdrehungsperiode sich völlig genau jetzt so findet, wie Hipparch sie vor 2000 Jahren gefunden hat, so hat sich das Volumen der Erde nicht geändert, die Massentheile sind nicht der Axe näher gerückt, die Wärme der ganzen Erde hat sich nicht oder hat sich höchstens ganz unbedeutend geändert, da selbst ein Grad Wärme-Aenderung, bei einer Erscheinung, die immer gleichmäßig wiederkehrend die statt findenden Differenzen in einem Jahre 365fach zeigt, schon mehr Einfluß haben würde, als die vorhandenen Beobachtungen anzunehmen erlauben.
Diese Betrachtung, welche zugleich zeigt, wie die am weite- sten von einander stehenden Erscheinungen dennoch durch ein enges Band verbunden sind, wie die eine zur Erklärung der andern dient, wie die eine unsre Kenntniß der andern berichtiget, scheint mir so wichtig, scheint mir so sehr die Würde der Naturforschung in einem schönen Glanze zu zeigen, und den Scharfsinn des Urhebers dieser Betrachtung zu bezeugen, daß ich Bedenken trage, von ihr noch zu andern Gegenständen heute überzugehen, obgleich auch der Gegen- stand, von welchem ich das nächste Mal zu reden gedenke, den Scharfsinn und die Genauigkeit der Beobachter und Künstler auf eine andre Weise in einem sehr vortheilhaften Lichte zeigt.
Achte Vorlesung.
Bewegung des Pendels.
Die neulich betrachteten Phänomene schlossen sich so natürlich an einander, daß ich sie nicht von einander trennen konnte und da- her jetzt erst zu einem weniger schwierigen und in seinen Anwendun- gen gleichwohl höchst wichtigen Gegenstande, zur Betrachtung des Pendels, übergehe.
Das Pendel besteht aus einem schweren Körper, der, an ei- nem Faden oder an einer dünnen Stange aufgehängt, durch die Schwerkraft zu einer lange dauernden oscillirenden Bewegung ange- trieben wird, sobald man das Pendel einmal von der Lage, welche das Gleichgewicht fordert, entfernt hatte. Bringt man nämlich das
dieſe Laͤnge der einmaligen Umdrehungsperiode ſich voͤllig genau jetzt ſo findet, wie Hipparch ſie vor 2000 Jahren gefunden hat, ſo hat ſich das Volumen der Erde nicht geaͤndert, die Maſſentheile ſind nicht der Axe naͤher geruͤckt, die Waͤrme der ganzen Erde hat ſich nicht oder hat ſich hoͤchſtens ganz unbedeutend geaͤndert, da ſelbſt ein Grad Waͤrme-Aenderung, bei einer Erſcheinung, die immer gleichmaͤßig wiederkehrend die ſtatt findenden Differenzen in einem Jahre 365fach zeigt, ſchon mehr Einfluß haben wuͤrde, als die vorhandenen Beobachtungen anzunehmen erlauben.
Dieſe Betrachtung, welche zugleich zeigt, wie die am weite- ſten von einander ſtehenden Erſcheinungen dennoch durch ein enges Band verbunden ſind, wie die eine zur Erklaͤrung der andern dient, wie die eine unſre Kenntniß der andern berichtiget, ſcheint mir ſo wichtig, ſcheint mir ſo ſehr die Wuͤrde der Naturforſchung in einem ſchoͤnen Glanze zu zeigen, und den Scharfſinn des Urhebers dieſer Betrachtung zu bezeugen, daß ich Bedenken trage, von ihr noch zu andern Gegenſtaͤnden heute uͤberzugehen, obgleich auch der Gegen- ſtand, von welchem ich das naͤchſte Mal zu reden gedenke, den Scharfſinn und die Genauigkeit der Beobachter und Kuͤnſtler auf eine andre Weiſe in einem ſehr vortheilhaften Lichte zeigt.
Achte Vorleſung.
Bewegung des Pendels.
Die neulich betrachteten Phaͤnomene ſchloſſen ſich ſo natuͤrlich an einander, daß ich ſie nicht von einander trennen konnte und da- her jetzt erſt zu einem weniger ſchwierigen und in ſeinen Anwendun- gen gleichwohl hoͤchſt wichtigen Gegenſtande, zur Betrachtung des Pendels, uͤbergehe.
Das Pendel beſteht aus einem ſchweren Koͤrper, der, an ei- nem Faden oder an einer duͤnnen Stange aufgehaͤngt, durch die Schwerkraft zu einer lange dauernden oſcillirenden Bewegung ange- trieben wird, ſobald man das Pendel einmal von der Lage, welche das Gleichgewicht fordert, entfernt hatte. Bringt man naͤmlich das
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dieſe Laͤnge der einmaligen Umdrehungsperiode ſich voͤllig genau jetzt
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hat ſich das Volumen der Erde nicht geaͤndert, die Maſſentheile
ſind nicht der Axe naͤher geruͤckt, die Waͤrme der ganzen Erde hat
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ſelbſt ein Grad Waͤrme-Aenderung, bei einer Erſcheinung, die
immer gleichmaͤßig wiederkehrend die ſtatt findenden Differenzen in
einem Jahre 365fach zeigt, ſchon mehr Einfluß haben wuͤrde, als
die vorhandenen Beobachtungen anzunehmen erlauben.
Dieſe Betrachtung, welche zugleich zeigt, wie die am weite-
ſten von einander ſtehenden Erſcheinungen dennoch durch ein enges
Band verbunden ſind, wie die eine zur Erklaͤrung der andern dient,
wie die eine unſre Kenntniß der andern berichtiget, ſcheint mir ſo
wichtig, ſcheint mir ſo ſehr die Wuͤrde der Naturforſchung in einem
ſchoͤnen Glanze zu zeigen, und den Scharfſinn des Urhebers dieſer
Betrachtung zu bezeugen, daß ich Bedenken trage, von ihr noch zu
andern Gegenſtaͤnden heute uͤberzugehen, obgleich auch der Gegen-
ſtand, von welchem ich das naͤchſte Mal zu reden gedenke, den
Scharfſinn und die Genauigkeit der Beobachter und Kuͤnſtler auf
eine andre Weiſe in einem ſehr vortheilhaften Lichte zeigt.
Achte Vorleſung.
Bewegung des Pendels.
Die neulich betrachteten Phaͤnomene ſchloſſen ſich ſo natuͤrlich
an einander, daß ich ſie nicht von einander trennen konnte und da-
her jetzt erſt zu einem weniger ſchwierigen und in ſeinen Anwendun-
gen gleichwohl hoͤchſt wichtigen Gegenſtande, zur Betrachtung des
Pendels, uͤbergehe.
Das Pendel beſteht aus einem ſchweren Koͤrper, der, an ei-
nem Faden oder an einer duͤnnen Stange aufgehaͤngt, durch die
Schwerkraft zu einer lange dauernden oſcillirenden Bewegung ange-
trieben wird, ſobald man das Pendel einmal von der Lage, welche das
Gleichgewicht fordert, entfernt hatte. Bringt man naͤmlich das
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/122>, abgerufen am 23.02.2025.
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