Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

Bild:
<< vorherige Seite
Das XIV. Capitel.
Säugen-
de Frauen
wie sich
solche mit
ihrem
Kindlein
zu verhal-
ten.

So ist auch nothwendig zu erörtern/ wie
sich eine säugende Frau/ so an der Pest lie-
get mit ihrem Kindlein zu verhalten hat/ denn
solches ist in Wahrheit keine geringe Sorge/
wenn sie noch Kinder säugen/ und mit der
Pest überfallen werden/ dieweil sie ihre mei-
sten Gedancken dahin richten/ ob sie solche
fort trincken/ oder abstossen sollen? dero-
wegen sie auch alsobald bey dem Medico,
Heb-Ammen etc. Raths erholen wollen.
Welches gewißlich eine schwere Frage: denn
rathet man ihnen/ daß sie das Kindlein nicht
ferner saugen lassen sollen/ so bekümmern sie
sich erstlich um das Kind/ und erbarmet sie
es/ bevorab/ wenn es noch gar jung ist/
und von seiner Mutter nicht mehr trincken
soll: so machet die verhaltene Milch in
Brüsten auch nicht wenig Ungelegenheit/
dann die Hitz dadurch im Leib vermehret/
durch den Schmertzen aber/ welchen solche
verhaltene Milcherreget/ das Hertz und für-
nehmste Glieder sehr krafftloß werden: Rä-
thet man ihnen aber das Kind fort saugen zu
lassen/ so trincket es nichts anderst/ als ei-
ne böse/ hitzige/ gifftige Milch/ daher es
nothwendig auch kranck werden muß/ und
weilen seine zarte Natur dem Pest-Gifft
nicht zu wiederstehen vermag/ es wäre denn
besagtes Gifft über die masse gering/ oder
wolte GOtt der HErr das Kind sonderlich
erhalten/ in augenscheinliche Todes-Gefahr

gestürtzt
Das XIV. Capitel.
Saͤugen-
de Frauen
wie ſich
ſolche mit
ihrem
Kindlein
zu verhal-
ten.

So iſt auch nothwendig zu eroͤrtern/ wie
ſich eine ſaͤugende Frau/ ſo an der Peſt lie-
get mit ihrem Kindlein zu verhalten hat/ denn
ſolches iſt in Wahrheit keine geringe Sorge/
wenn ſie noch Kinder ſaͤugen/ und mit der
Peſt uͤberfallen werden/ dieweil ſie ihre mei-
ſten Gedancken dahin richten/ ob ſie ſolche
fort trincken/ oder abſtoſſen ſollen? dero-
wegen ſie auch alſobald bey dem Medico,
Heb-Ammen ꝛc. Raths erholen wollen.
Welches gewißlich eine ſchwere Frage: denn
rathet man ihnen/ daß ſie das Kindlein nicht
ferner ſaugen laſſen ſollen/ ſo bekuͤmmern ſie
ſich erſtlich um das Kind/ und erbarmet ſie
es/ bevorab/ wenn es noch gar jung iſt/
und von ſeiner Mutter nicht mehr trincken
ſoll: ſo machet die verhaltene Milch in
Bruͤſten auch nicht wenig Ungelegenheit/
dann die Hitz dadurch im Leib vermehret/
durch den Schmertzen aber/ welchen ſolche
verhaltene Milcherreget/ das Hertz und fuͤr-
nehmſte Glieder ſehr krafftloß werden: Raͤ-
thet man ihnen aber das Kind fort ſaugen zu
laſſen/ ſo trincket es nichts anderſt/ als ei-
ne boͤſe/ hitzige/ gifftige Milch/ daher es
nothwendig auch kranck werden muß/ und
weilen ſeine zarte Natur dem Peſt-Gifft
nicht zu wiederſtehen vermag/ es waͤre denn
beſagtes Gifft uͤber die maſſe gering/ oder
wolte GOtt der HErr das Kind ſonderlich
erhalten/ in augenſcheinliche Todes-Gefahr

geſtuͤrtzt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0200" n="178"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq">XIV.</hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </fw><lb/>
        <note place="left">Sa&#x0364;ugen-<lb/>
de Frauen<lb/>
wie &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;olche mit<lb/>
ihrem<lb/>
Kindlein<lb/>
zu verhal-<lb/>
ten.</note>
        <p>So i&#x017F;t auch nothwendig zu ero&#x0364;rtern/ wie<lb/>
&#x017F;ich eine &#x017F;a&#x0364;ugende Frau/ &#x017F;o an der Pe&#x017F;t lie-<lb/>
get mit ihrem Kindlein zu verhalten hat/ denn<lb/>
&#x017F;olches i&#x017F;t in Wahrheit keine geringe Sorge/<lb/>
wenn &#x017F;ie noch Kinder &#x017F;a&#x0364;ugen/ und mit der<lb/>
Pe&#x017F;t u&#x0364;berfallen werden/ dieweil &#x017F;ie ihre mei-<lb/>
&#x017F;ten Gedancken dahin richten/ ob &#x017F;ie &#x017F;olche<lb/>
fort trincken/ oder ab&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen? dero-<lb/>
wegen &#x017F;ie auch al&#x017F;obald bey dem <hi rendition="#aq">Medico,</hi><lb/>
Heb-Ammen &#xA75B;c. Raths erholen wollen.<lb/>
Welches gewißlich eine &#x017F;chwere Frage: denn<lb/>
rathet man ihnen/ daß &#x017F;ie das Kindlein nicht<lb/>
ferner &#x017F;augen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen/ &#x017F;o beku&#x0364;mmern &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich er&#x017F;tlich um das Kind/ und erbarmet &#x017F;ie<lb/>
es/ bevorab/ wenn es noch gar jung i&#x017F;t/<lb/>
und von &#x017F;einer Mutter nicht mehr trincken<lb/>
&#x017F;oll: &#x017F;o machet die verhaltene Milch in<lb/>
Bru&#x0364;&#x017F;ten auch nicht wenig Ungelegenheit/<lb/>
dann die Hitz dadurch im Leib vermehret/<lb/>
durch den Schmertzen aber/ welchen &#x017F;olche<lb/>
verhaltene Milcherreget/ das Hertz und fu&#x0364;r-<lb/>
nehm&#x017F;te Glieder &#x017F;ehr krafftloß werden: Ra&#x0364;-<lb/>
thet man ihnen aber das Kind fort &#x017F;augen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o trincket es nichts ander&#x017F;t/ als ei-<lb/>
ne bo&#x0364;&#x017F;e/ hitzige/ gifftige Milch/ daher es<lb/>
nothwendig auch kranck werden muß/ und<lb/>
weilen &#x017F;eine zarte Natur dem Pe&#x017F;t-Gifft<lb/>
nicht zu wieder&#x017F;tehen vermag/ es wa&#x0364;re denn<lb/>
be&#x017F;agtes Gifft u&#x0364;ber die ma&#x017F;&#x017F;e gering/ oder<lb/>
wolte GOtt der HErr das Kind &#x017F;onderlich<lb/>
erhalten/ in augen&#x017F;cheinliche Todes-Gefahr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;tu&#x0364;rtzt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0200] Das XIV. Capitel. So iſt auch nothwendig zu eroͤrtern/ wie ſich eine ſaͤugende Frau/ ſo an der Peſt lie- get mit ihrem Kindlein zu verhalten hat/ denn ſolches iſt in Wahrheit keine geringe Sorge/ wenn ſie noch Kinder ſaͤugen/ und mit der Peſt uͤberfallen werden/ dieweil ſie ihre mei- ſten Gedancken dahin richten/ ob ſie ſolche fort trincken/ oder abſtoſſen ſollen? dero- wegen ſie auch alſobald bey dem Medico, Heb-Ammen ꝛc. Raths erholen wollen. Welches gewißlich eine ſchwere Frage: denn rathet man ihnen/ daß ſie das Kindlein nicht ferner ſaugen laſſen ſollen/ ſo bekuͤmmern ſie ſich erſtlich um das Kind/ und erbarmet ſie es/ bevorab/ wenn es noch gar jung iſt/ und von ſeiner Mutter nicht mehr trincken ſoll: ſo machet die verhaltene Milch in Bruͤſten auch nicht wenig Ungelegenheit/ dann die Hitz dadurch im Leib vermehret/ durch den Schmertzen aber/ welchen ſolche verhaltene Milcherreget/ das Hertz und fuͤr- nehmſte Glieder ſehr krafftloß werden: Raͤ- thet man ihnen aber das Kind fort ſaugen zu laſſen/ ſo trincket es nichts anderſt/ als ei- ne boͤſe/ hitzige/ gifftige Milch/ daher es nothwendig auch kranck werden muß/ und weilen ſeine zarte Natur dem Peſt-Gifft nicht zu wiederſtehen vermag/ es waͤre denn beſagtes Gifft uͤber die maſſe gering/ oder wolte GOtt der HErr das Kind ſonderlich erhalten/ in augenſcheinliche Todes-Gefahr geſtuͤrtzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/200
Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/200>, abgerufen am 24.11.2024.