Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.Vom Ampt eines Medici, &c. der das Gewissen lauffen/ einzureden. Wieunverschämt denn nun die Barbirer und an- dere Untere seyn/ die sich ein solches unter- nehmen/ ist leicht zu ermessen. Wenn es ei- nem Medico gefallen wolte/ die Pflaster selbst zu überlegen und zu verbinden/ welche Obrig- keit würde ein Wort darwider reden/ noch von Rechtswegen darwider reden können? aber weil es seiner Reputation und Doctor- lichen Ehr nicht gemäß/ solche Servitia in der Wund-Artzney zu verrichten/ so sind die Barbierer als Diener darzu bestellt/ wie sol- ches der uralte Arabische Medicus Avenzoar bezeuget/ da er spricht; Non est Medici ho- norati manibus operati, sed suis ministris officio relicto, medicina & cibo aegrotanti- bus auxilio esse, i. e. Es stehet einem repu- tirlichen Medico nicht zu/ Hand-Arbeit zu verrichten/ sondern solche seinen Dienern zu überlassen/ und den Krancken mit der Artz- ney wie auch Speiß und Tranck zu versehen. Darum machet auch Hippocrates einen Unter- scheid zwischen einem Medico und Chirurgo, da er in seinem Jure jurando saget: Neque enim calculo laborantes secabo, sed vires Chirurgiae operariis ejus rei faciendae locum dabo. Das ist: Ich will auch keine so am Blasenstein schneiden/ sondern solches die jenige/ die sich dergleichen Handwürckung ergeben/ verrichten lassen. Wenn aber dem also/ so wird ein Medicus wenig Ehre davon ha- H 3
Vom Ampt eines Medici, &c. der das Gewiſſen lauffen/ einzureden. Wieunverſchaͤmt denn nun die Barbirer und an- dere Untere ſeyn/ die ſich ein ſolches unter- nehmen/ iſt leicht zu ermeſſen. Wenn es ei- nem Medico gefallen wolte/ die Pflaſter ſelbſt zu uͤberlegen und zu verbinden/ welche Obrig- keit wuͤrde ein Wort darwider reden/ noch von Rechtswegen darwider reden koͤnnen? aber weil es ſeiner Reputation und Doctor- lichen Ehr nicht gemaͤß/ ſolche Servitia in der Wund-Artzney zu verrichten/ ſo ſind die Barbierer als Diener darzu beſtellt/ wie ſol- ches der uralte Arabiſche Medicus Avenzoar bezeuget/ da er ſpricht; Non eſt Medici ho- norati manibus operati, ſed ſuis miniſtris officio relicto, medicinâ & cibo ægrotanti- bus auxilio eſſe, i. e. Es ſtehet einem repu- tirlichen Medico nicht zu/ Hand-Arbeit zu verrichten/ ſondern ſolche ſeinen Dienern zu uͤberlaſſen/ und den Krancken mit der Artz- ney wie auch Speiß und Tranck zu verſehen. Darum machet auch Hippocrates einen Unter- ſcheid zwiſchen einem Medico und Chirurgo, da er in ſeinem Jure jurando ſaget: Neque enim calculo laborantes ſecabo, ſed vires Chirurgiæ operariis ejus rei faciendæ locum dabo. Das iſt: Ich will auch keine ſo am Blaſenſtein ſchneiden/ ſondern ſolches die jenige/ die ſich dergleichen Handwuͤrckung ergeben/ verrichten laſſen. Wenn aber dem alſo/ ſo wird ein Medicus wenig Ehre davon ha- H 3
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Vom Ampt eines Medici, &c.
der das Gewiſſen lauffen/ einzureden. Wie
unverſchaͤmt denn nun die Barbirer und an-
dere Untere ſeyn/ die ſich ein ſolches unter-
nehmen/ iſt leicht zu ermeſſen. Wenn es ei-
nem Medico gefallen wolte/ die Pflaſter ſelbſt
zu uͤberlegen und zu verbinden/ welche Obrig-
keit wuͤrde ein Wort darwider reden/ noch
von Rechtswegen darwider reden koͤnnen?
aber weil es ſeiner Reputation und Doctor-
lichen Ehr nicht gemaͤß/ ſolche Servitia in der
Wund-Artzney zu verrichten/ ſo ſind die
Barbierer als Diener darzu beſtellt/ wie ſol-
ches der uralte Arabiſche Medicus Avenzoar
bezeuget/ da er ſpricht; Non eſt Medici ho-
norati manibus operati, ſed ſuis miniſtris
officio relicto, medicinâ & cibo ægrotanti-
bus auxilio eſſe, i. e. Es ſtehet einem repu-
tirlichen Medico nicht zu/ Hand-Arbeit zu
verrichten/ ſondern ſolche ſeinen Dienern zu
uͤberlaſſen/ und den Krancken mit der Artz-
ney wie auch Speiß und Tranck zu verſehen.
Darum machet auch Hippocrates einen Unter-
ſcheid zwiſchen einem Medico und Chirurgo,
da er in ſeinem Jure jurando ſaget: Neque
enim calculo laborantes ſecabo, ſed vires
Chirurgiæ operariis ejus rei faciendæ locum
dabo. Das iſt: Ich will auch keine ſo am
Blaſenſtein ſchneiden/ ſondern ſolches die
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Zitationshilfe: | Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/139>, abgerufen am 22.07.2024. |