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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Das IX. Capitel.
Wie sich
in Speisen
zu verhal-
ten/

So ist es auch ein böser und heutiges Ta-
ges gemeiner Gebrauch/ daß viele/ sonderlich
wohlhabende Leut/ zu schleckhafften Dingen
allzusehr geneiget seyn/ und offt nicht wissen/
was sie ihnen für seltsame Speisen aufftra-
gen und bereiten lassen sollen/ da doch man-
ches weder zur Sättigung noch zu der Ge-
sundheit dienen kan/ sondern dem Leib viel-
mehr Schaden zufüget. Ist derowegen nicht
allein in Pestilentz-Zeiten sondern allzeit nutz-
lich und heylsam/ den Leib nicht mit so viel
seltzamen Speisen zu beladen/ sondern bloß
allein mit 2. oder 3. Speisen vergnüget seyn.

auch im
schlaffen/

Es ist auch in Pestilentz-Zeiten sicherer und
besser/ daß man mehr wache als schlaffe/ son-
derlich denen/ welche schon mit der Seuch
behafftet sind; denn bey vielem schlaffen seynd
die Kräffte müssig/ ruhig und träg/ und nicht
bereit oder geschickt dem Gifft zu begegnen.
Also sollen die/ die schon mit der Pest beladen/
den ersten Tag und Nacht/ ja so lang das
Gift nicht vom Hertzen abgewendet/ (welches
aus der Ungedult abzunehmen ist) von allem
Schlaff abgehalten werden; denn es ist tödt-
lich/ weil der Schlaff dem Gifft statt gibt/
daß es mit der natürlichen Wärm zum Her-
tzen zuschläget/ und selbiges also einnimmt
und besitzet/ daß es schwerlich davon wieder
abgetrieben werden kan. Da man sich aber
keiner gifftigen Materi, die zum Hertzen wei-
ter schlagen möchte/ zu besorgen hätte/ soll

man
Das IX. Capitel.
Wie ſich
in Speiſen
zu verhal-
ten/

So iſt es auch ein boͤſer und heutiges Ta-
ges gemeiner Gebrauch/ daß viele/ ſonderlich
wohlhabende Leut/ zu ſchleckhafften Dingen
allzuſehr geneiget ſeyn/ und offt nicht wiſſen/
was ſie ihnen fuͤr ſeltſame Speiſen aufftra-
gen und bereiten laſſen ſollen/ da doch man-
ches weder zur Saͤttigung noch zu der Ge-
ſundheit dienen kan/ ſondern dem Leib viel-
mehr Schaden zufuͤget. Iſt derowegen nicht
allein in Peſtilentz-Zeiten ſondern allzeit nutz-
lich und heylſam/ den Leib nicht mit ſo viel
ſeltzamen Speiſen zu beladen/ ſondern bloß
allein mit 2. oder 3. Speiſen vergnuͤget ſeyn.

auch im
ſchlaffen/

Es iſt auch in Peſtilentz-Zeiten ſicherer und
beſſer/ daß man mehr wache als ſchlaffe/ ſon-
derlich denen/ welche ſchon mit der Seuch
behafftet ſind; denn bey vielem ſchlaffen ſeynd
die Kraͤffte muͤſſig/ ruhig und traͤg/ und nicht
bereit oder geſchickt dem Gifft zu begegnen.
Alſo ſollen die/ die ſchon mit der Peſt beladen/
den erſten Tag und Nacht/ ja ſo lang das
Gift nicht vom Hertzen abgewendet/ (welches
aus der Ungedult abzunehmen iſt) von allem
Schlaff abgehalten werden; denn es iſt toͤdt-
lich/ weil der Schlaff dem Gifft ſtatt gibt/
daß es mit der natuͤrlichen Waͤrm zum Her-
tzen zuſchlaͤget/ und ſelbiges alſo einnimmt
und beſitzet/ daß es ſchwerlich davon wieder
abgetrieben werden kan. Da man ſich aber
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ter ſchlagen moͤchte/ zu beſorgen haͤtte/ ſoll

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[80/0102] Das IX. Capitel. So iſt es auch ein boͤſer und heutiges Ta- ges gemeiner Gebrauch/ daß viele/ ſonderlich wohlhabende Leut/ zu ſchleckhafften Dingen allzuſehr geneiget ſeyn/ und offt nicht wiſſen/ was ſie ihnen fuͤr ſeltſame Speiſen aufftra- gen und bereiten laſſen ſollen/ da doch man- ches weder zur Saͤttigung noch zu der Ge- ſundheit dienen kan/ ſondern dem Leib viel- mehr Schaden zufuͤget. Iſt derowegen nicht allein in Peſtilentz-Zeiten ſondern allzeit nutz- lich und heylſam/ den Leib nicht mit ſo viel ſeltzamen Speiſen zu beladen/ ſondern bloß allein mit 2. oder 3. Speiſen vergnuͤget ſeyn. Es iſt auch in Peſtilentz-Zeiten ſicherer und beſſer/ daß man mehr wache als ſchlaffe/ ſon- derlich denen/ welche ſchon mit der Seuch behafftet ſind; denn bey vielem ſchlaffen ſeynd die Kraͤffte muͤſſig/ ruhig und traͤg/ und nicht bereit oder geſchickt dem Gifft zu begegnen. Alſo ſollen die/ die ſchon mit der Peſt beladen/ den erſten Tag und Nacht/ ja ſo lang das Gift nicht vom Hertzen abgewendet/ (welches aus der Ungedult abzunehmen iſt) von allem Schlaff abgehalten werden; denn es iſt toͤdt- lich/ weil der Schlaff dem Gifft ſtatt gibt/ daß es mit der natuͤrlichen Waͤrm zum Her- tzen zuſchlaͤget/ und ſelbiges alſo einnimmt und beſitzet/ daß es ſchwerlich davon wieder abgetrieben werden kan. Da man ſich aber keiner gifftigen Materi, die zum Hertzen wei- ter ſchlagen moͤchte/ zu beſorgen haͤtte/ ſoll man

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/102>, abgerufen am 22.11.2024.