Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.daß ich ihr nicht entwischen konnte. Ich stuhnd da *) Branntwein.
daß ich ihr nicht entwiſchen konnte. Ich ſtuhnd da *) Branntwein.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0083" n="67"/> daß ich ihr nicht entwiſchen konnte. Ich ſtuhnd da<lb/> wie verſteinert. „Uli„! ſagte ſie, „komm heut<lb/> „z’Nacht ein Bißli zu mir, ich hab’ mit dir z’reden.<lb/> „Willſt kommen, ſag„? — „Ich weiß nicht„, ſtot-<lb/> terte ich. — „Eh, komm! Ich muß nothwendig<lb/> „mit dir reden; ſag, verſprich mir’s„! „Ja, ja<lb/> „gwiß wenn ich kann„! Mir mußten ſcheiden. Ich<lb/> rannte eilends nach Haus. Himmel! dacht’ ich,<lb/> was mag das ſeyn? Kann das liebe <hi rendition="#fr">Aennchen</hi> mir noch<lb/> ſo freundlich begegnen? Soll ich, darf ich — Ja, ich<lb/> muß, ich will gehn. — Nun gerieth ich — ob aus Ehr-<lb/> lichkeit oder Liſt weiß ich ſelbſt nicht — auf den gu-<lb/> ten Einfall, das Ding der Mutter zu ſagen. „Ja<lb/> „ja, geh’ nur„, ſprach dieſe; „ich will dir nach<lb/> „dem Eſſen ſchon forthelfen, daß kein Hahn darnach<lb/> „kraͤhen ſoll„. Das war mir recht gekocht. Alles<lb/> geſagt, gethan. Ich gieng hin, und traf <hi rendition="#fr">Aennchen,</hi><lb/> ihre Mutter und ihren Stiefaͤti (ſie hielten ſonſt<lb/> eine Schenke) ganz allein an. Ich ließ ein Glas<lb/> Brennz <note place="foot" n="*)">Branntwein.</note> holen, um doch etwas zu thun, bis die<lb/> Alten im Bett’ waͤren, weil ich nichts zu reden wußte.<lb/> Aus lauter Furcht ſaß ich weit von <hi rendition="#fr">Aennchen</hi> weg —<lb/> Aber darum mocht’ ich’s doch kaum erwarten, bis<lb/> die Eltern zur Ruh giengen. Endlich gerieth’s. Da<lb/> fieng denn mein Liebchen an, in Einem fort zu<lb/> ſchnaͤttern, daß es lieblich und doch betruͤbt zu hoͤren<lb/> war — als ſie mir jetzt uͤber mein kaltes Bezeigen<lb/> Vorwuͤrf’ uͤber Vorwuͤrf’ machte, und alles, was ſie<lb/> die Zeit her uͤber mich ſchwatzen gehoͤrt, mir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [67/0083]
daß ich ihr nicht entwiſchen konnte. Ich ſtuhnd da
wie verſteinert. „Uli„! ſagte ſie, „komm heut
„z’Nacht ein Bißli zu mir, ich hab’ mit dir z’reden.
„Willſt kommen, ſag„? — „Ich weiß nicht„, ſtot-
terte ich. — „Eh, komm! Ich muß nothwendig
„mit dir reden; ſag, verſprich mir’s„! „Ja, ja
„gwiß wenn ich kann„! Mir mußten ſcheiden. Ich
rannte eilends nach Haus. Himmel! dacht’ ich,
was mag das ſeyn? Kann das liebe Aennchen mir noch
ſo freundlich begegnen? Soll ich, darf ich — Ja, ich
muß, ich will gehn. — Nun gerieth ich — ob aus Ehr-
lichkeit oder Liſt weiß ich ſelbſt nicht — auf den gu-
ten Einfall, das Ding der Mutter zu ſagen. „Ja
„ja, geh’ nur„, ſprach dieſe; „ich will dir nach
„dem Eſſen ſchon forthelfen, daß kein Hahn darnach
„kraͤhen ſoll„. Das war mir recht gekocht. Alles
geſagt, gethan. Ich gieng hin, und traf Aennchen,
ihre Mutter und ihren Stiefaͤti (ſie hielten ſonſt
eine Schenke) ganz allein an. Ich ließ ein Glas
Brennz *) holen, um doch etwas zu thun, bis die
Alten im Bett’ waͤren, weil ich nichts zu reden wußte.
Aus lauter Furcht ſaß ich weit von Aennchen weg —
Aber darum mocht’ ich’s doch kaum erwarten, bis
die Eltern zur Ruh giengen. Endlich gerieth’s. Da
fieng denn mein Liebchen an, in Einem fort zu
ſchnaͤttern, daß es lieblich und doch betruͤbt zu hoͤren
war — als ſie mir jetzt uͤber mein kaltes Bezeigen
Vorwuͤrf’ uͤber Vorwuͤrf’ machte, und alles, was ſie
die Zeit her uͤber mich ſchwatzen gehoͤrt, mir
*) Branntwein.
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