weiten Welt anfangen wollte? u. s. f. u. f. Allein mein Vater unterbrach sie in diesen liebreichen Aeus- serungen ihres Mitleids alle Augenblick': "Nein, "um Gottes Willen, Nein! -- Nehmt mir doch die "entsetzliche Burde ab -- Das Leben ist mir so ganz "erleidet! -- Auf's Besserwerden hoft' ich nun schon "dreyzehn Jahr vergebens. -- Und kurz, bey unserm "Gut hab' ich nun einmal weder Glück noch Stern. -- "Mit sauerm Schweiß, und so vielen schlaflosen Näch- "ten, grub' ich mich nur immer tiefer in die Schul- "den hinein. -- Geb wie ich's machte, da half "Hausen und Sparen, Hunger und Mangel leiden, "bis aufs Blut arbeiten, kurz Alles und Alles nichts. -- "Besonders mit dem Vieh wollt's mir durchaus nie "gelingen. Verkauft' ich die Küh' um das Futter "versilbern zu können, und daraus meine Zinse zu "bestreiten, so hatt' ich dann mit meiner Haushal- "tung, die ausser dem Güterarbeiten keinen Kreu- "zer verdienen konnte, nichts zu essen, wenn ich "gleich die halbe Losung wieder in andre Speisen "steckte. -- Schon von Anfang an mußt' ich immer "Taglöhner halten, Geld entlehnen, und aus einem "Sack in den andern schleuffen, bis ich endlich mich "nicht mehr zu kehren wußte. -- Noch einmal, um "Gottes Willen! Da ist all mein Vermögen. Nehmt, "was Ihr findet, und laßt mich nur ruhig meine "Strasse ziehn. Mit meinen ältern Kindern wird's "mir wohl möglich werden, uns allen ein schmales "Stücklein Brod zu erwerben. Und wer weiß, was "der l. Gott uns noch für die Zukunft bescheert
weiten Welt anfangen wollte? u. ſ. f. u. f. Allein mein Vater unterbrach ſie in dieſen liebreichen Aeuſ- ſerungen ihres Mitleids alle Augenblick’: „Nein, „um Gottes Willen, Nein! — Nehmt mir doch die „entſetzliche Burde ab — Das Leben iſt mir ſo ganz „erleidet! — Auf’s Beſſerwerden hoft’ ich nun ſchon „dreyzehn Jahr vergebens. — Und kurz, bey unſerm „Gut hab’ ich nun einmal weder Gluͤck noch Stern. — „Mit ſauerm Schweiß, und ſo vielen ſchlafloſen Naͤch- „ten, grub’ ich mich nur immer tiefer in die Schul- „den hinein. — Geb wie ich’s machte, da half „Hauſen und Sparen, Hunger und Mangel leiden, „bis aufs Blut arbeiten, kurz Alles und Alles nichts. — „Beſonders mit dem Vieh wollt’s mir durchaus nie „gelingen. Verkauft’ ich die Kuͤh’ um das Futter „verſilbern zu koͤnnen, und daraus meine Zinſe zu „beſtreiten, ſo hatt’ ich dann mit meiner Haushal- „tung, die auſſer dem Guͤterarbeiten keinen Kreu- „zer verdienen konnte, nichts zu eſſen, wenn ich „gleich die halbe Loſung wieder in andre Speiſen „ſteckte. — Schon von Anfang an mußt’ ich immer „Tagloͤhner halten, Geld entlehnen, und aus einem „Sack in den andern ſchleuffen, bis ich endlich mich „nicht mehr zu kehren wußte. — Noch einmal, um „Gottes Willen! Da iſt all mein Vermoͤgen. Nehmt, „was Ihr findet, und laßt mich nur ruhig meine „Straſſe ziehn. Mit meinen aͤltern Kindern wird’s „mir wohl moͤglich werden, uns allen ein ſchmales „Stuͤcklein Brod zu erwerben. Und wer weiß, was „der l. Gott uns noch fuͤr die Zukunft beſcheert
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weiten Welt anfangen wollte? u. ſ. f. u. f. Allein
mein Vater unterbrach ſie in dieſen liebreichen Aeuſ-
ſerungen ihres Mitleids alle Augenblick’: „Nein,
„um Gottes Willen, Nein! — Nehmt mir doch die
„entſetzliche Burde ab — Das Leben iſt mir ſo ganz
„erleidet! — Auf’s Beſſerwerden hoft’ ich nun ſchon
„dreyzehn Jahr vergebens. — Und kurz, bey unſerm
„Gut hab’ ich nun einmal weder Gluͤck noch Stern. —
„Mit ſauerm Schweiß, und ſo vielen ſchlafloſen Naͤch-
„ten, grub’ ich mich nur immer tiefer in die Schul-
„den hinein. — Geb wie ich’s machte, da half
„Hauſen und Sparen, Hunger und Mangel leiden,
„bis aufs Blut arbeiten, kurz Alles und Alles nichts. —
„Beſonders mit dem Vieh wollt’s mir durchaus nie
„gelingen. Verkauft’ ich die Kuͤh’ um das Futter
„verſilbern zu koͤnnen, und daraus meine Zinſe zu
„beſtreiten, ſo hatt’ ich dann mit meiner Haushal-
„tung, die auſſer dem Guͤterarbeiten keinen Kreu-
„zer verdienen konnte, nichts zu eſſen, wenn ich
„gleich die halbe Loſung wieder in andre Speiſen
„ſteckte. — Schon von Anfang an mußt’ ich immer
„Tagloͤhner halten, Geld entlehnen, und aus einem
„Sack in den andern ſchleuffen, bis ich endlich mich
„nicht mehr zu kehren wußte. — Noch einmal, um
„Gottes Willen! Da iſt all mein Vermoͤgen. Nehmt,
„was Ihr findet, und laßt mich nur ruhig meine
„Straſſe ziehn. Mit meinen aͤltern Kindern wird’s
„mir wohl moͤglich werden, uns allen ein ſchmales
„Stuͤcklein Brod zu erwerben. Und wer weiß, was
„der l. Gott uns noch fuͤr die Zukunft beſcheert
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/68>, abgerufen am 24.11.2024.
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