Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

tet, der, zu euerm grossen Herzenleid, heutigen Tags
noch so frisch und gesund ist, als einer, und wohl
auch alsdann noch aufrecht wie ein Bolz stehen wird,
wenn -- Ihr wenigstens ihm die Todtenglocke nicht
mehr zieht. Freylich müßte vielleicht mancher noch
so haushältersche Ehrenmann Hof und Heimath mit
dem Rücken ansehn, wenn alle Menschen so dächten
wie ihr, ihr unerbittliche Treiber -- der schuldlosen
wie der schuldigen Armuth! Ihr schwarzgallichte Un-
glückskocher -- Ihr -- --

Peter. Wie? -- Was? -- Bin ich nicht ein Narr,
einer solchen Schandgosche, wie deine, so lang zuzu-
hören -- und dich nicht lieber krumm und lahm zu
schlagen, du S ***! -- Aber, nur Geduld! es soll
dir nicht geschenkt seyn.

Paul. Hätt'st Courage, ich weiß wohl, würdst
du gewiß nichts sparen. Aber es ist eben ein Glück,
daß du und fast alle deines Gelichters nur dapfer mit
dem Maul sind. Ich vor mich hab' dir gerad' von
der Leber weggeredt; und zwar nicht meines Vor-
theils wegen, sondern um die gekränkte Ehre vieler
guten Menschen überhaupt, und des armen Mannes
seine insbesonders, gegen dich und deinesgleichen in
Schutz zu nehmen. Itzt bin ich fertig; mein Herz
ist geräumt, los und ledig von allem weitern Grimm
und Groll; und füg' ich nur noch den einzigen wohl-
meynenden Wunsch bey: Daß ihr könftig liebreicher
und behutsamer von euern Nebenmenschen -- --

Peter. Und Ich wünsch' dir alle Schwernoth auf
den Buckel, du vertrackter Erzschurke, du! Man hört's
nun, wie gut du von ehrlichen Leuthen denkst, die in
ihrer Einfalt an ihrem Nächsten, ohne ihn darum zu
hassen, freylich nicht nur seine Tugenden, sondern
auch seine Mackel sehn.

tet, der, zu euerm groſſen Herzenleid, heutigen Tags
noch ſo friſch und geſund iſt, als einer, und wohl
auch alsdann noch aufrecht wie ein Bolz ſtehen wird,
wenn — Ihr wenigſtens ihm die Todtenglocke nicht
mehr zieht. Freylich muͤßte vielleicht mancher noch
ſo haushaͤlterſche Ehrenmann Hof und Heimath mit
dem Ruͤcken anſehn, wenn alle Menſchen ſo daͤchten
wie ihr, ihr unerbittliche Treiber — der ſchuldloſen
wie der ſchuldigen Armuth! Ihr ſchwarzgallichte Un-
gluͤckskocher — Ihr — —

Peter. Wie? — Was? — Bin ich nicht ein Narr,
einer ſolchen Schandgoſche, wie deine, ſo lang zuzu-
hoͤren — und dich nicht lieber krumm und lahm zu
ſchlagen, du S ***! — Aber, nur Geduld! es ſoll
dir nicht geſchenkt ſeyn.

Paul. Haͤtt’ſt Courage, ich weiß wohl, wuͤrdſt
du gewiß nichts ſparen. Aber es iſt eben ein Gluͤck,
daß du und faſt alle deines Gelichters nur dapfer mit
dem Maul ſind. Ich vor mich hab’ dir gerad’ von
der Leber weggeredt; und zwar nicht meines Vor-
theils wegen, ſondern um die gekraͤnkte Ehre vieler
guten Menſchen uͤberhaupt, und des armen Mannes
ſeine insbeſonders, gegen dich und deinesgleichen in
Schutz zu nehmen. Itzt bin ich fertig; mein Herz
iſt geraͤumt, los und ledig von allem weitern Grimm
und Groll; und fuͤg’ ich nur noch den einzigen wohl-
meynenden Wunſch bey: Daß ihr koͤnftig liebreicher
und behutſamer von euern Nebenmenſchen — —

Peter. Und Ich wuͤnſch’ dir alle Schwernoth auf
den Buckel, du vertrackter Erzſchurke, du! Man hoͤrt’s
nun, wie gut du von ehrlichen Leuthen denkſt, die in
ihrer Einfalt an ihrem Naͤchſten, ohne ihn darum zu
haſſen, freylich nicht nur ſeine Tugenden, ſondern
auch ſeine Mackel ſehn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="299"/>
tet, der, zu euerm gro&#x017F;&#x017F;en Herzenleid, heutigen Tags<lb/>
noch &#x017F;o fri&#x017F;ch und ge&#x017F;und i&#x017F;t, als einer, und wohl<lb/>
auch alsdann noch aufrecht wie ein Bolz &#x017F;tehen wird,<lb/>
wenn &#x2014; Ihr wenig&#x017F;tens ihm die Todtenglocke nicht<lb/>
mehr zieht. Freylich mu&#x0364;ßte vielleicht mancher noch<lb/>
&#x017F;o hausha&#x0364;lter&#x017F;che Ehrenmann Hof und Heimath mit<lb/>
dem Ru&#x0364;cken an&#x017F;ehn, wenn alle Men&#x017F;chen &#x017F;o da&#x0364;chten<lb/>
wie ihr, ihr unerbittliche Treiber &#x2014; der &#x017F;chuldlo&#x017F;en<lb/>
wie der &#x017F;chuldigen Armuth! Ihr &#x017F;chwarzgallichte Un-<lb/>
glu&#x0364;ckskocher &#x2014; Ihr &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Peter</hi>. Wie? &#x2014; Was? &#x2014; Bin ich nicht ein Narr,<lb/>
einer &#x017F;olchen Schandgo&#x017F;che, wie deine, &#x017F;o lang zuzu-<lb/>
ho&#x0364;ren &#x2014; und dich nicht lieber krumm und lahm zu<lb/>
&#x017F;chlagen, du S ***! &#x2014; Aber, nur Geduld! es &#x017F;oll<lb/>
dir nicht ge&#x017F;chenkt &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Paul</hi>. Ha&#x0364;tt&#x2019;&#x017F;t Courage, ich weiß wohl, wu&#x0364;rd&#x017F;t<lb/>
du gewiß nichts &#x017F;paren. Aber es i&#x017F;t eben ein Glu&#x0364;ck,<lb/>
daß du und fa&#x017F;t alle deines Gelichters nur dapfer mit<lb/>
dem Maul &#x017F;ind. <hi rendition="#fr">Ich</hi> vor mich hab&#x2019; dir gerad&#x2019; von<lb/>
der Leber weggeredt; und zwar nicht meines Vor-<lb/>
theils wegen, &#x017F;ondern um die gekra&#x0364;nkte Ehre vieler<lb/>
guten Men&#x017F;chen u&#x0364;berhaupt, und des armen Mannes<lb/>
&#x017F;eine insbe&#x017F;onders, gegen dich und deinesgleichen in<lb/>
Schutz zu nehmen. Itzt bin ich fertig; mein Herz<lb/>
i&#x017F;t gera&#x0364;umt, los und ledig von allem weitern Grimm<lb/>
und Groll; und fu&#x0364;g&#x2019; ich nur noch den einzigen wohl-<lb/>
meynenden Wun&#x017F;ch bey: Daß ihr ko&#x0364;nftig liebreicher<lb/>
und behut&#x017F;amer von euern Nebenmen&#x017F;chen &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Peter</hi>. Und Ich wu&#x0364;n&#x017F;ch&#x2019; dir alle Schwernoth auf<lb/>
den Buckel, du vertrackter Erz&#x017F;churke, du! Man ho&#x0364;rt&#x2019;s<lb/>
nun, wie gut du von ehrlichen Leuthen denk&#x017F;t, die in<lb/>
ihrer Einfalt an ihrem Na&#x0364;ch&#x017F;ten, ohne ihn darum zu<lb/>
ha&#x017F;&#x017F;en, freylich nicht nur &#x017F;eine Tugenden, &#x017F;ondern<lb/>
auch &#x017F;eine Mackel &#x017F;ehn.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0315] tet, der, zu euerm groſſen Herzenleid, heutigen Tags noch ſo friſch und geſund iſt, als einer, und wohl auch alsdann noch aufrecht wie ein Bolz ſtehen wird, wenn — Ihr wenigſtens ihm die Todtenglocke nicht mehr zieht. Freylich muͤßte vielleicht mancher noch ſo haushaͤlterſche Ehrenmann Hof und Heimath mit dem Ruͤcken anſehn, wenn alle Menſchen ſo daͤchten wie ihr, ihr unerbittliche Treiber — der ſchuldloſen wie der ſchuldigen Armuth! Ihr ſchwarzgallichte Un- gluͤckskocher — Ihr — — Peter. Wie? — Was? — Bin ich nicht ein Narr, einer ſolchen Schandgoſche, wie deine, ſo lang zuzu- hoͤren — und dich nicht lieber krumm und lahm zu ſchlagen, du S ***! — Aber, nur Geduld! es ſoll dir nicht geſchenkt ſeyn. Paul. Haͤtt’ſt Courage, ich weiß wohl, wuͤrdſt du gewiß nichts ſparen. Aber es iſt eben ein Gluͤck, daß du und faſt alle deines Gelichters nur dapfer mit dem Maul ſind. Ich vor mich hab’ dir gerad’ von der Leber weggeredt; und zwar nicht meines Vor- theils wegen, ſondern um die gekraͤnkte Ehre vieler guten Menſchen uͤberhaupt, und des armen Mannes ſeine insbeſonders, gegen dich und deinesgleichen in Schutz zu nehmen. Itzt bin ich fertig; mein Herz iſt geraͤumt, los und ledig von allem weitern Grimm und Groll; und fuͤg’ ich nur noch den einzigen wohl- meynenden Wunſch bey: Daß ihr koͤnftig liebreicher und behutſamer von euern Nebenmenſchen — — Peter. Und Ich wuͤnſch’ dir alle Schwernoth auf den Buckel, du vertrackter Erzſchurke, du! Man hoͤrt’s nun, wie gut du von ehrlichen Leuthen denkſt, die in ihrer Einfalt an ihrem Naͤchſten, ohne ihn darum zu haſſen, freylich nicht nur ſeine Tugenden, ſondern auch ſeine Mackel ſehn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/315
Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/315>, abgerufen am 24.11.2024.