itzt wohl ein, daß auch mein dießfälliges Elend mehr in meiner Einbildung als in der Wirklichkeit bestuhnd, und mein Falliment, da ich am tiefsten stack, doch nie beträchtlich gewesen, und nicht über 700. höch- stens 800. fl. an mir wären eingebüßt worden. Und doch hab' ich vor- und nachher Banqueroute von so viel Tausenden mit kaltem Blut spielen gesehn. Zu- dem waren meine Gläubiger gewiß nicht von den strengsten, sondern noch vielmehr von den allerbeßten und nachsichtigsten, wenn mich gleich der eint- und andre ein Paarmal ziemlich roh anfuhr. Eben so sicher ist's freylich, daß, wenn ich meiner Frauen Grundsätze be- folgt, ich nie in dieß Labyrinth gerathen wäre. Ob aber unter andern Umständen, und wenn ich eine an- ders organisirte Haushälfte gehabt, oder dieselbe mich anders geleitet -- mir entweder freye Hände gelassen, oder doch meinen Willen und Zuneigung auf eine zärt- lichere Art zu fesseln gewußt, es je so weit mit mir gekommen wäre, ist dann wieder eine andre -- Frage? Einmal ganz und gar in ihre Maximen einzutreten, war mir unmöglich. Bey mehrerer Freyheit hinge- gen (denn mit Gewalt mocht' auch Ich meine Au- thorität lange nicht zeigen) hätt' ich wenigstens mei- ner Geschäfte mich mehr angenommen, mehr Eifer und Fleiß, und kurz alle meine Leibs- und Seelen- kräfte besser auf meinen Gewerb gewandt. Da mir aber Zanken und Streit in Tod zuwider, und etwas mit dem Meisterstecken durchzusetzen, auch nicht mei- ne Sache war -- wenn's zumal den zeitlichen Plun- der betraf, der mir so vieler Mühe nie werth schien-
itzt wohl ein, daß auch mein dießfaͤlliges Elend mehr in meiner Einbildung als in der Wirklichkeit beſtuhnd, und mein Falliment, da ich am tiefſten ſtack, doch nie betraͤchtlich geweſen, und nicht uͤber 700. hoͤch- ſtens 800. fl. an mir waͤren eingebuͤßt worden. Und doch hab’ ich vor- und nachher Banqueroute von ſo viel Tauſenden mit kaltem Blut ſpielen geſehn. Zu- dem waren meine Glaͤubiger gewiß nicht von den ſtrengſten, ſondern noch vielmehr von den allerbeßten und nachſichtigſten, wenn mich gleich der eint- und andre ein Paarmal ziemlich roh anfuhr. Eben ſo ſicher iſt’s freylich, daß, wenn ich meiner Frauen Grundſaͤtze be- folgt, ich nie in dieß Labyrinth gerathen waͤre. Ob aber unter andern Umſtaͤnden, und wenn ich eine an- ders organiſirte Haushaͤlfte gehabt, oder dieſelbe mich anders geleitet -- mir entweder freye Haͤnde gelaſſen, oder doch meinen Willen und Zuneigung auf eine zaͤrt- lichere Art zu feſſeln gewußt, es je ſo weit mit mir gekommen waͤre, iſt dann wieder eine andre -- Frage? Einmal ganz und gar in ihre Maximen einzutreten, war mir unmoͤglich. Bey mehrerer Freyheit hinge- gen (denn mit Gewalt mocht’ auch Ich meine Au- thoritaͤt lange nicht zeigen) haͤtt’ ich wenigſtens mei- ner Geſchaͤfte mich mehr angenommen, mehr Eifer und Fleiß, und kurz alle meine Leibs- und Seelen- kraͤfte beſſer auf meinen Gewerb gewandt. Da mir aber Zanken und Streit in Tod zuwider, und etwas mit dem Meiſterſtecken durchzuſetzen, auch nicht mei- ne Sache war -- wenn’s zumal den zeitlichen Plun- der betraf, der mir ſo vieler Muͤhe nie werth ſchien-
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itzt wohl ein, daß auch mein dießfaͤlliges Elend mehr
in meiner Einbildung als in der Wirklichkeit beſtuhnd,
und mein Falliment, da ich am tiefſten ſtack, doch
nie betraͤchtlich geweſen, und nicht uͤber 700. hoͤch-
ſtens 800. fl. an mir waͤren eingebuͤßt worden. Und
doch hab’ ich vor- und nachher Banqueroute von ſo
viel Tauſenden mit kaltem Blut ſpielen geſehn. Zu-
dem waren meine Glaͤubiger gewiß nicht von den
ſtrengſten, ſondern noch vielmehr von den allerbeßten
und nachſichtigſten, wenn mich gleich der eint- und andre
ein Paarmal ziemlich roh anfuhr. Eben ſo ſicher iſt’s
freylich, daß, wenn ich meiner Frauen Grundſaͤtze be-
folgt, ich nie in dieß Labyrinth gerathen waͤre. Ob
aber unter andern Umſtaͤnden, und wenn ich eine an-
ders organiſirte Haushaͤlfte gehabt, oder dieſelbe mich
anders geleitet -- mir entweder freye Haͤnde gelaſſen,
oder doch meinen Willen und Zuneigung auf eine zaͤrt-
lichere Art zu feſſeln gewußt, es je ſo weit mit mir
gekommen waͤre, iſt dann wieder eine andre -- Frage?
Einmal ganz und gar in ihre Maximen einzutreten,
war mir unmoͤglich. Bey mehrerer Freyheit hinge-
gen (denn mit Gewalt mocht’ auch Ich meine Au-
thoritaͤt lange nicht zeigen) haͤtt’ ich wenigſtens mei-
ner Geſchaͤfte mich mehr angenommen, mehr Eifer
und Fleiß, und kurz alle meine Leibs- und Seelen-
kraͤfte beſſer auf meinen Gewerb gewandt. Da mir
aber Zanken und Streit in Tod zuwider, und etwas
mit dem Meiſterſtecken durchzuſetzen, auch nicht mei-
ne Sache war -- wenn’s zumal den zeitlichen Plun-
der betraf, der mir ſo vieler Muͤhe nie werth ſchien-
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/266>, abgerufen am 25.11.2024.
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