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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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könnte ganze Bände damit füllen: Bald in einer
heitern Laune meinen Wohlstand schildern, und mich
und andre in einen solchen Enthustasmus setzen, daß
man glauben sollte, ich wäre der glücklichste Mensch
auf Gottes Erdboden; dann aber hinwieder in einer
trüben Stunde, wo ein halbduzend widrige Begeg-
nisse auf meinem Pfad zusammentreffen, lamentiren
wie eine Eule, und mein Schicksal so jämmerlich
vorstellen, daß ich mich bald selbst könnte glauben ma-
chen, ich sey das elendeste Geschöpf unter der Sonne.
Aber meine Umstände haben sich nun seit ein paar
Jahren merklich geändert; und damit auch meine
Denkart, über diesen Punkt nämlich; sonst bin ich
freylich noch der alte Wilibald. Aber der närrische
Schreibhang hat sich um ein gut Theil bey mir ver-
loren. Ursache. Erstlich geben mir meine Geschäft,
je länger je mehr zu denken und zu thun. Die Haus-
haltung verwirrt mir oft beynahe den Kopf, und
zertrümmert das ganze schöne Spinngeweb meiner
Authorsconcepte. Denn sind mir meine Jungens
ohnehin schon beynahe über die Hand gewachsen, und
es braucht nicht wenig Zeit und Kopfbrechens, die-
selben auch nur noch in einem etwelchen Gleise zu
behalten. Drittens macht mir die Gefährtin meines
Lebens, ihrer alten Art gemäß, noch immerfort die
Herrschaft streitig, und dies bisweilen mit einer sol-
chen Kraft, daß ich zum Retiriren meine Zuflucht
nehmen muß, und oft in meinem kleinen Häuschen
kein einziges Winkelgen finde, wo mich auch nur auf
etliche Minute die Muse ungestört besuchen könnte.

koͤnnte ganze Baͤnde damit fuͤllen: Bald in einer
heitern Laune meinen Wohlſtand ſchildern, und mich
und andre in einen ſolchen Enthuſtasmus ſetzen, daß
man glauben ſollte, ich waͤre der gluͤcklichſte Menſch
auf Gottes Erdboden; dann aber hinwieder in einer
truͤben Stunde, wo ein halbduzend widrige Begeg-
niſſe auf meinem Pfad zuſammentreffen, lamentiren
wie eine Eule, und mein Schickſal ſo jaͤmmerlich
vorſtellen, daß ich mich bald ſelbſt koͤnnte glauben ma-
chen, ich ſey das elendeſte Geſchoͤpf unter der Sonne.
Aber meine Umſtaͤnde haben ſich nun ſeit ein paar
Jahren merklich geaͤndert; und damit auch meine
Denkart, uͤber dieſen Punkt naͤmlich; ſonſt bin ich
freylich noch der alte Wilibald. Aber der naͤrriſche
Schreibhang hat ſich um ein gut Theil bey mir ver-
loren. Urſache. Erſtlich geben mir meine Geſchaͤft,
je laͤnger je mehr zu denken und zu thun. Die Haus-
haltung verwirrt mir oft beynahe den Kopf, und
zertruͤmmert das ganze ſchoͤne Spinngeweb meiner
Authorsconcepte. Denn ſind mir meine Jungens
ohnehin ſchon beynahe uͤber die Hand gewachſen, und
es braucht nicht wenig Zeit und Kopfbrechens, die-
ſelben auch nur noch in einem etwelchen Gleiſe zu
behalten. Drittens macht mir die Gefaͤhrtin meines
Lebens, ihrer alten Art gemaͤß, noch immerfort die
Herrſchaft ſtreitig, und dies bisweilen mit einer ſol-
chen Kraft, daß ich zum Retiriren meine Zuflucht
nehmen muß, und oft in meinem kleinen Haͤuschen
kein einziges Winkelgen finde, wo mich auch nur auf
etliche Minute die Muſe ungeſtoͤrt beſuchen koͤnnte.

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[228/0244] koͤnnte ganze Baͤnde damit fuͤllen: Bald in einer heitern Laune meinen Wohlſtand ſchildern, und mich und andre in einen ſolchen Enthuſtasmus ſetzen, daß man glauben ſollte, ich waͤre der gluͤcklichſte Menſch auf Gottes Erdboden; dann aber hinwieder in einer truͤben Stunde, wo ein halbduzend widrige Begeg- niſſe auf meinem Pfad zuſammentreffen, lamentiren wie eine Eule, und mein Schickſal ſo jaͤmmerlich vorſtellen, daß ich mich bald ſelbſt koͤnnte glauben ma- chen, ich ſey das elendeſte Geſchoͤpf unter der Sonne. Aber meine Umſtaͤnde haben ſich nun ſeit ein paar Jahren merklich geaͤndert; und damit auch meine Denkart, uͤber dieſen Punkt naͤmlich; ſonſt bin ich freylich noch der alte Wilibald. Aber der naͤrriſche Schreibhang hat ſich um ein gut Theil bey mir ver- loren. Urſache. Erſtlich geben mir meine Geſchaͤft, je laͤnger je mehr zu denken und zu thun. Die Haus- haltung verwirrt mir oft beynahe den Kopf, und zertruͤmmert das ganze ſchoͤne Spinngeweb meiner Authorsconcepte. Denn ſind mir meine Jungens ohnehin ſchon beynahe uͤber die Hand gewachſen, und es braucht nicht wenig Zeit und Kopfbrechens, die- ſelben auch nur noch in einem etwelchen Gleiſe zu behalten. Drittens macht mir die Gefaͤhrtin meines Lebens, ihrer alten Art gemaͤß, noch immerfort die Herrſchaft ſtreitig, und dies bisweilen mit einer ſol- chen Kraft, daß ich zum Retiriren meine Zuflucht nehmen muß, und oft in meinem kleinen Haͤuschen kein einziges Winkelgen finde, wo mich auch nur auf etliche Minute die Muſe ungeſtoͤrt beſuchen koͤnnte.

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/244>, abgerufen am 22.11.2024.