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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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einer Dukate zuzukennen: Ob zum Gespötte? Nein,
wahrlich nicht. Oder vielleicht in Betrachtung meiner
dürftigen Umstände? Kurz, ich konnt' es nicht be-
greifen, und noch viel minder, daß man mich itzt
gar von ein paar Orten her einlud, ein förmliches
Mitglied der Gesellschaft zu werden. "O behüte
"Gott"! dacht' und sagt' ich Anfangs: "Das darf ich
"mir nur nicht träumen lassen. Ich würde gewiß
"einen Korb bekommen. Und wenn auch nicht -- ich
"mag so geehrten Herren keine Schande machen.
"Ueber kurz oder lang würden sie mich gewiß wie-
"der ausmustern". Endlich aber, nach vielem hin
und her wanken, und besonders aufgemuntert durch ei-
nen der Vorsteher, Herrn G. bey dem ich sehr wohl
gelitten war, wagt' ich's doch, mich zu melden; und
kann übrigens versichern, daß mich weniger die Eitel-
keit als die Begierde reitzte, an der schönen Lesecom-
mun der Gesellschaft um ein geringes Geldlein An-
theil zu nehmen. Indessen gieng' es wie ich vermu-
thet hatte, und gab's nämlich allerley Schwierigkeiten.
Einige Mitglieder widersetzten sich, und bemerkten mit
allem Recht: Ich sey von armer Familie -- dazu ein
ausgerißner Soldat -- ein Mann von dem man nicht
wisse wie er stehe -- von dem wenig ersprießliches zu
erwarten sey, u. s. f. Gleichwohl ward ich durch
Mehrheit der Stimmen angenommen. Aber erst
itzt reute mich mein unbesonnener Schritt, als ich be-
dachte: Jene Herren sagten ja nichts als die pur
lautere Wahrheit, und könnten noch einst wohl da-

O

einer Dukate zuzukennen: Ob zum Geſpoͤtte? Nein,
wahrlich nicht. Oder vielleicht in Betrachtung meiner
duͤrftigen Umſtaͤnde? Kurz, ich konnt’ es nicht be-
greifen, und noch viel minder, daß man mich itzt
gar von ein paar Orten her einlud, ein foͤrmliches
Mitglied der Geſellſchaft zu werden. „O behuͤte
„Gott„! dacht’ und ſagt’ ich Anfangs: „Das darf ich
„mir nur nicht traͤumen laſſen. Ich wuͤrde gewiß
„einen Korb bekommen. Und wenn auch nicht — ich
„mag ſo geehrten Herren keine Schande machen.
„Ueber kurz oder lang wuͤrden ſie mich gewiß wie-
„der ausmuſtern„. Endlich aber, nach vielem hin
und her wanken, und beſonders aufgemuntert durch ei-
nen der Vorſteher, Herrn G. bey dem ich ſehr wohl
gelitten war, wagt’ ich’s doch, mich zu melden; und
kann uͤbrigens verſichern, daß mich weniger die Eitel-
keit als die Begierde reitzte, an der ſchoͤnen Leſecom-
mun der Geſellſchaft um ein geringes Geldlein An-
theil zu nehmen. Indeſſen gieng’ es wie ich vermu-
thet hatte, und gab’s naͤmlich allerley Schwierigkeiten.
Einige Mitglieder widerſetzten ſich, und bemerkten mit
allem Recht: Ich ſey von armer Familie — dazu ein
ausgerißner Soldat — ein Mann von dem man nicht
wiſſe wie er ſtehe — von dem wenig erſprießliches zu
erwarten ſey, u. ſ. f. Gleichwohl ward ich durch
Mehrheit der Stimmen angenommen. Aber erſt
itzt reute mich mein unbeſonnener Schritt, als ich be-
dachte: Jene Herren ſagten ja nichts als die pur
lautere Wahrheit, und koͤnnten noch einſt wohl da-

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[209/0225] einer Dukate zuzukennen: Ob zum Geſpoͤtte? Nein, wahrlich nicht. Oder vielleicht in Betrachtung meiner duͤrftigen Umſtaͤnde? Kurz, ich konnt’ es nicht be- greifen, und noch viel minder, daß man mich itzt gar von ein paar Orten her einlud, ein foͤrmliches Mitglied der Geſellſchaft zu werden. „O behuͤte „Gott„! dacht’ und ſagt’ ich Anfangs: „Das darf ich „mir nur nicht traͤumen laſſen. Ich wuͤrde gewiß „einen Korb bekommen. Und wenn auch nicht — ich „mag ſo geehrten Herren keine Schande machen. „Ueber kurz oder lang wuͤrden ſie mich gewiß wie- „der ausmuſtern„. Endlich aber, nach vielem hin und her wanken, und beſonders aufgemuntert durch ei- nen der Vorſteher, Herrn G. bey dem ich ſehr wohl gelitten war, wagt’ ich’s doch, mich zu melden; und kann uͤbrigens verſichern, daß mich weniger die Eitel- keit als die Begierde reitzte, an der ſchoͤnen Leſecom- mun der Geſellſchaft um ein geringes Geldlein An- theil zu nehmen. Indeſſen gieng’ es wie ich vermu- thet hatte, und gab’s naͤmlich allerley Schwierigkeiten. Einige Mitglieder widerſetzten ſich, und bemerkten mit allem Recht: Ich ſey von armer Familie — dazu ein ausgerißner Soldat — ein Mann von dem man nicht wiſſe wie er ſtehe — von dem wenig erſprießliches zu erwarten ſey, u. ſ. f. Gleichwohl ward ich durch Mehrheit der Stimmen angenommen. Aber erſt itzt reute mich mein unbeſonnener Schritt, als ich be- dachte: Jene Herren ſagten ja nichts als die pur lautere Wahrheit, und koͤnnten noch einſt wohl da- O

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/225>, abgerufen am 24.11.2024.