daß sie allen Personen die mit mir zu thun hatten, fleißig ins Ohr zischten -- was sie doch unmöglich mit Sicherheit wissen konnten. Da hieß es dann z. E. "Er steckt verzweifelt im Dreck. -- Lange hält' "er's nicht mehr aus. -- Wenn er nur nicht einpackt, "oder Weib und Kinder im Stich läßt. -- Ich fürcht' "ich fürcht'." -- Will aber nichts gesagt haben; "wenn er's nur nicht inne wird," u. s. f. Zu mir ka- men dann diese Kerls als die beßten Freunde, för- schelten und frägelten mich aus, und thaten so mit- leidig, als wenn sie mir mit Gut und Blut helfen wollten, wenn ich nur auch Zutrauen zu ihnen hätte; jammerten über die bösen Zeiten, über die Stümpler u. d. gl. Wie ich's doch bey meinem kleinen ver- derbten Händelchen mit meiner grossen Haushaltung mache? u. s. f. u. f. Einst (ich weiß nicht mehr recht, ob aus Schalkheit oder Noth?) sprach ich ei- nen dieser Uriane um ein halbdutzend Duplonen nur auf einen Monath an. Mein Heer hatte hundert Ausflüchte, schlug mir's am End' rund ab, und raunt' es dann doch in jedes Ohr das ihn hören wollte: Der B ** hat gestern Geld von mir lehnen wol- len. Der machte dann freylich einige meiner Credi- toren ziemlich mißtrauisch. Andre hingegen sagten: "Ha! Er hat doch noch immer Wort gehalten; und "so lang er das thut, soll er immer offene Thür bey "mir finden. Er ist ein ehrlicher Mann". Also eben jene vielen falschen Freunde waren es, welche mir die meiste Mühe machten, denen ich mich nicht entdecken durfte, wenn ich nicht völlig capput seyn
daß ſie allen Perſonen die mit mir zu thun hatten, fleißig ins Ohr ziſchten — was ſie doch unmoͤglich mit Sicherheit wiſſen konnten. Da hieß es dann z. E. „Er ſteckt verzweifelt im Dreck. — Lange haͤlt’ „er’s nicht mehr aus. — Wenn er nur nicht einpackt, „oder Weib und Kinder im Stich laͤßt. — Ich fuͤrcht’ „ich fuͤrcht’.„ — Will aber nichts geſagt haben; „wenn er’s nur nicht inne wird,„ u. ſ. f. Zu mir ka- men dann dieſe Kerls als die beßten Freunde, foͤr- ſchelten und fraͤgelten mich aus, und thaten ſo mit- leidig, als wenn ſie mir mit Gut und Blut helfen wollten, wenn ich nur auch Zutrauen zu ihnen haͤtte; jammerten uͤber die boͤſen Zeiten, uͤber die Stuͤmpler u. d. gl. Wie ich’s doch bey meinem kleinen ver- derbten Haͤndelchen mit meiner groſſen Haushaltung mache? u. ſ. f. u. f. Einſt (ich weiß nicht mehr recht, ob aus Schalkheit oder Noth?) ſprach ich ei- nen dieſer Uriane um ein halbdutzend Duplonen nur auf einen Monath an. Mein Heer hatte hundert Ausfluͤchte, ſchlug mir’s am End’ rund ab, und raunt’ es dann doch in jedes Ohr das ihn hoͤren wollte: Der B ** hat geſtern Geld von mir lehnen wol- len. Der machte dann freylich einige meiner Credi- toren ziemlich mißtrauiſch. Andre hingegen ſagten: „Ha! Er hat doch noch immer Wort gehalten; und „ſo lang er das thut, ſoll er immer offene Thuͤr bey „mir finden. Er iſt ein ehrlicher Mann„. Alſo eben jene vielen falſchen Freunde waren es, welche mir die meiſte Muͤhe machten, denen ich mich nicht entdecken durfte, wenn ich nicht voͤllig capput ſeyn
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daß ſie allen Perſonen die mit mir zu thun hatten,
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z. E. „Er ſteckt verzweifelt im Dreck. — Lange haͤlt’
„er’s nicht mehr aus. — Wenn er nur nicht einpackt,
„oder Weib und Kinder im Stich laͤßt. — Ich fuͤrcht’
„ich fuͤrcht’.„ — Will aber nichts geſagt haben;
„wenn er’s nur nicht inne wird,„ u. ſ. f. Zu mir ka-
men dann dieſe Kerls als die beßten Freunde, foͤr-
ſchelten und fraͤgelten mich aus, und thaten ſo mit-
leidig, als wenn ſie mir mit Gut und Blut helfen
wollten, wenn ich nur auch Zutrauen zu ihnen haͤtte;
jammerten uͤber die boͤſen Zeiten, uͤber die Stuͤmpler
u. d. gl. Wie ich’s doch bey meinem kleinen ver-
derbten Haͤndelchen mit meiner groſſen Haushaltung
mache? u. ſ. f. u. f. Einſt (ich weiß nicht mehr
recht, ob aus Schalkheit oder Noth?) ſprach ich ei-
nen dieſer Uriane um ein halbdutzend Duplonen nur
auf einen Monath an. Mein Heer hatte hundert
Ausfluͤchte, ſchlug mir’s am End’ rund ab, und raunt’
es dann doch in jedes Ohr das ihn hoͤren wollte:
Der B ** hat geſtern Geld von mir lehnen wol-
len. Der machte dann freylich einige meiner Credi-
toren ziemlich mißtrauiſch. Andre hingegen ſagten:
„Ha! Er hat doch noch immer Wort gehalten; und
„ſo lang er das thut, ſoll er immer offene Thuͤr bey
„mir finden. Er iſt ein ehrlicher Mann„. Alſo
eben jene vielen falſchen Freunde waren es, welche
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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