Nun, das war schön und gut; aber es muß einer denn doch durch wo's ihm geschaufelt ist. Gleichwohl dacht' ich etwas zu erhaschen, und glaubte mich ei- gentlich zum Ehestand bestimmt, sonst wär' ich um diese Zeit sicher in die weite Welt gegangen. In- zwischen war, aller meiner obenbelobten Bedächtlich- keit ungeachtet, der Geitz wirklich nicht meine Sache. Ein Mädchen, ganz nach meinem Herzen, hätt' ich nackend genommen. Aber da leuchtete mir eben keine vollkommen recht ein, wie weiland mein Aennchen. Mit einem gewissen Lisgen von R. war ich ein Paar- mal auf dem Sprung. Erst machte das Ding Be- denklichkeiten; nachwerts bot es sich selber an. Aber meine Neigung zu ihr war zu schwach; und doch glaub' ich nicht, daß ich unglücklich mit ihr gefahren wäre. Aber zu stockig, ist zu stockig. Bald darauf kam ich fast ohne mein Wissen und Willen mit der Tochter einer catholischen Wittwe in einen Handel, welcher ziemliches Aufsehen machte, obschon ich nur ein Paarmal mit ihr spaziren gegangen, ein Glas Wein mit ihr getrunken, u. d. gl. alles ohne son- derliche Absicht, und vornehmlich ohne sonderliche Liebe. Aber da blies man meinem Vater ein, ich wolle catholisch, und Marianchens Mutter, sie wolle reformirt werden; und doch hatte keins von uns nur nicht an den Glauben, geschweige an eine Aenderung desselben gedacht. Das arme Ding kam wirklich darüber in eine Art geheimer Inquisition von Geist- und Weltlichen; erzählte mir dann alles haarklein, und ihr ward himmelangst. Ich hingegen
Nun, das war ſchoͤn und gut; aber es muß einer denn doch durch wo’s ihm geſchaufelt iſt. Gleichwohl dacht’ ich etwas zu erhaſchen, und glaubte mich ei- gentlich zum Eheſtand beſtimmt, ſonſt waͤr’ ich um dieſe Zeit ſicher in die weite Welt gegangen. In- zwiſchen war, aller meiner obenbelobten Bedaͤchtlich- keit ungeachtet, der Geitz wirklich nicht meine Sache. Ein Maͤdchen, ganz nach meinem Herzen, haͤtt’ ich nackend genommen. Aber da leuchtete mir eben keine vollkommen recht ein, wie weiland mein Aennchen. Mit einem gewiſſen Liſgen von R. war ich ein Paar- mal auf dem Sprung. Erſt machte das Ding Be- denklichkeiten; nachwerts bot es ſich ſelber an. Aber meine Neigung zu ihr war zu ſchwach; und doch glaub’ ich nicht, daß ich ungluͤcklich mit ihr gefahren waͤre. Aber zu ſtockig, iſt zu ſtockig. Bald darauf kam ich faſt ohne mein Wiſſen und Willen mit der Tochter einer catholiſchen Wittwe in einen Handel, welcher ziemliches Aufſehen machte, obſchon ich nur ein Paarmal mit ihr ſpaziren gegangen, ein Glas Wein mit ihr getrunken, u. d. gl. alles ohne ſon- derliche Abſicht, und vornehmlich ohne ſonderliche Liebe. Aber da blies man meinem Vater ein, ich wolle catholiſch, und Marianchens Mutter, ſie wolle reformirt werden; und doch hatte keins von uns nur nicht an den Glauben, geſchweige an eine Aenderung deſſelben gedacht. Das arme Ding kam wirklich daruͤber in eine Art geheimer Inquiſition von Geiſt- und Weltlichen; erzaͤhlte mir dann alles haarklein, und ihr ward himmelangſt. Ich hingegen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0186"n="170"/>
Nun, das war ſchoͤn und gut; aber es muß einer<lb/>
denn doch durch wo’s ihm geſchaufelt iſt. Gleichwohl<lb/>
dacht’ ich etwas zu erhaſchen, und glaubte mich ei-<lb/>
gentlich zum Eheſtand beſtimmt, ſonſt waͤr’ ich um<lb/>
dieſe Zeit ſicher in die weite Welt gegangen. In-<lb/>
zwiſchen war, aller meiner obenbelobten Bedaͤchtlich-<lb/>
keit ungeachtet, der Geitz wirklich nicht meine Sache.<lb/>
Ein Maͤdchen, ganz nach meinem Herzen, haͤtt’ ich<lb/>
nackend genommen. Aber da leuchtete mir eben keine<lb/>
vollkommen recht ein, wie weiland mein <hirendition="#fr">Aennchen</hi>.<lb/>
Mit einem gewiſſen <hirendition="#fr">Liſgen</hi> von <hirendition="#fr">R.</hi> war ich ein Paar-<lb/>
mal auf dem Sprung. Erſt machte das Ding Be-<lb/>
denklichkeiten; nachwerts bot es ſich ſelber an. Aber<lb/>
meine Neigung zu ihr war zu ſchwach; und doch<lb/>
glaub’ ich nicht, daß ich ungluͤcklich mit ihr gefahren<lb/>
waͤre. Aber zu ſtockig, iſt zu ſtockig. Bald darauf<lb/>
kam ich faſt ohne mein Wiſſen und Willen mit der<lb/>
Tochter einer catholiſchen Wittwe in einen Handel,<lb/>
welcher ziemliches Aufſehen machte, obſchon ich nur<lb/>
ein Paarmal mit ihr ſpaziren gegangen, ein Glas<lb/>
Wein mit ihr getrunken, u. d. gl. alles ohne ſon-<lb/>
derliche Abſicht, und vornehmlich ohne ſonderliche<lb/>
Liebe. Aber da blies man meinem Vater ein, ich<lb/>
wolle catholiſch, und <hirendition="#fr">Marianchens</hi> Mutter, ſie<lb/>
wolle reformirt werden; und doch hatte keins von<lb/>
uns nur nicht an den Glauben, geſchweige an eine<lb/>
Aenderung deſſelben gedacht. Das arme Ding kam<lb/>
wirklich daruͤber in eine Art geheimer Inquiſition<lb/>
von Geiſt- und Weltlichen; erzaͤhlte mir dann alles<lb/>
haarklein, und ihr ward himmelangſt. Ich hingegen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[170/0186]
Nun, das war ſchoͤn und gut; aber es muß einer
denn doch durch wo’s ihm geſchaufelt iſt. Gleichwohl
dacht’ ich etwas zu erhaſchen, und glaubte mich ei-
gentlich zum Eheſtand beſtimmt, ſonſt waͤr’ ich um
dieſe Zeit ſicher in die weite Welt gegangen. In-
zwiſchen war, aller meiner obenbelobten Bedaͤchtlich-
keit ungeachtet, der Geitz wirklich nicht meine Sache.
Ein Maͤdchen, ganz nach meinem Herzen, haͤtt’ ich
nackend genommen. Aber da leuchtete mir eben keine
vollkommen recht ein, wie weiland mein Aennchen.
Mit einem gewiſſen Liſgen von R. war ich ein Paar-
mal auf dem Sprung. Erſt machte das Ding Be-
denklichkeiten; nachwerts bot es ſich ſelber an. Aber
meine Neigung zu ihr war zu ſchwach; und doch
glaub’ ich nicht, daß ich ungluͤcklich mit ihr gefahren
waͤre. Aber zu ſtockig, iſt zu ſtockig. Bald darauf
kam ich faſt ohne mein Wiſſen und Willen mit der
Tochter einer catholiſchen Wittwe in einen Handel,
welcher ziemliches Aufſehen machte, obſchon ich nur
ein Paarmal mit ihr ſpaziren gegangen, ein Glas
Wein mit ihr getrunken, u. d. gl. alles ohne ſon-
derliche Abſicht, und vornehmlich ohne ſonderliche
Liebe. Aber da blies man meinem Vater ein, ich
wolle catholiſch, und Marianchens Mutter, ſie
wolle reformirt werden; und doch hatte keins von
uns nur nicht an den Glauben, geſchweige an eine
Aenderung deſſelben gedacht. Das arme Ding kam
wirklich daruͤber in eine Art geheimer Inquiſition
von Geiſt- und Weltlichen; erzaͤhlte mir dann alles
haarklein, und ihr ward himmelangſt. Ich hingegen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/186>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.