am allerwenigsten, und kümmerten uns auch nicht viel darum. Mein und so vieler andrer ganzer Sinn war vollends allein auf: Fort, fort! Heim, ins Va- terland! gerichtet.
Von 11-22. Sept. sassen wir in unserm Lager ganz stille; und wer gern Soldat war, dem mußt' es damals recht wohl seyn. Denn da gieng's voll- kommen wie in einer Stadt zu. Da gab's Mar- quetenter und Feldschlächter zu Haufen. Den ganzen Tag, ganze lange Gassen durch, nichts als Sieden und Braten. Da konnte jeder haben was er wollte, oder vielmehr was er zu bezahlen vermochte: Fleisch, Butter, Käs, Brodt, aller Gattung Baum- und Erd- früchte, u. s. f. Die Wachten ausgenommen, mochte je- der machen was ihm beliebte: Kegeln, Spielen, in und ausser dem Lager spatzieren gehn, u. s. f. Nur we- nige hockten müssig in ihren Zelten: Der eine be- schäftigte sich mit Gewehrputzen, der andre mit Wa- schen; der dritte kochte, der vierte flickte Hosen, der fünfte Schuhe, der sechste schnifelte was von Holz und vexlauft' es den Bauern. Jedes Zelt hatte sei- ne 6. Mann und einen Uebercompleten. Unter die- sen sieben war immer einer gefreyt; dieser mußte gute Mannszucht halten. Von den sechs übrigen gieng einer auf die Wache, einer mußte kochen, ei- ner Proviant herbeyholen, einer gieng nach Holz, einer nach Stroh, und einer machte den Seckelmei- ster, alle zusammen aber Eine Haushaltung, Ein Tisch und Ein Beth aus. Auf den Märschen stopfte jeder in seinen Habersack, was er -- versteht sich in Fein-
am allerwenigſten, und kuͤmmerten uns auch nicht viel darum. Mein und ſo vieler andrer ganzer Sinn war vollends allein auf: Fort, fort! Heim, ins Va- terland! gerichtet.
Von 11-22. Sept. ſaſſen wir in unſerm Lager ganz ſtille; und wer gern Soldat war, dem mußt’ es damals recht wohl ſeyn. Denn da gieng’s voll- kommen wie in einer Stadt zu. Da gab’s Mar- quetenter und Feldſchlaͤchter zu Haufen. Den ganzen Tag, ganze lange Gaſſen durch, nichts als Sieden und Braten. Da konnte jeder haben was er wollte, oder vielmehr was er zu bezahlen vermochte: Fleiſch, Butter, Kaͤs, Brodt, aller Gattung Baum- und Erd- fruͤchte, u. ſ. f. Die Wachten ausgenommen, mochte je- der machen was ihm beliebte: Kegeln, Spielen, in und auſſer dem Lager ſpatzieren gehn, u. ſ. f. Nur we- nige hockten muͤſſig in ihren Zelten: Der eine be- ſchaͤftigte ſich mit Gewehrputzen, der andre mit Wa- ſchen; der dritte kochte, der vierte flickte Hoſen, der fuͤnfte Schuhe, der ſechste ſchnifelte was von Holz und vexlauft’ es den Bauern. Jedes Zelt hatte ſei- ne 6. Mann und einen Uebercompleten. Unter die- ſen ſieben war immer einer gefreyt; dieſer mußte gute Mannszucht halten. Von den ſechs uͤbrigen gieng einer auf die Wache, einer mußte kochen, ei- ner Proviant herbeyholen, einer gieng nach Holz, einer nach Stroh, und einer machte den Seckelmei- ſter, alle zuſammen aber Eine Haushaltung, Ein Tiſch und Ein Beth aus. Auf den Maͤrſchen ſtopfte jeder in ſeinen Haberſack, was er — verſteht ſich in Fein-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0163"n="147"/>
am allerwenigſten, und kuͤmmerten uns auch nicht<lb/>
viel darum. Mein und ſo vieler andrer ganzer Sinn<lb/>
war vollends allein auf: Fort, fort! Heim, ins Va-<lb/>
terland! gerichtet.</p><lb/><p>Von 11-22. Sept. ſaſſen wir in unſerm Lager<lb/>
ganz ſtille; und wer gern Soldat war, dem mußt’<lb/>
es damals recht wohl ſeyn. Denn da gieng’s voll-<lb/>
kommen wie in einer Stadt zu. Da gab’s Mar-<lb/>
quetenter und Feldſchlaͤchter zu Haufen. Den ganzen<lb/>
Tag, ganze lange Gaſſen durch, nichts als Sieden<lb/>
und Braten. Da konnte jeder haben was er wollte,<lb/>
oder vielmehr was er zu bezahlen vermochte: Fleiſch,<lb/>
Butter, Kaͤs, Brodt, aller Gattung Baum- und Erd-<lb/>
fruͤchte, u. ſ. f. Die Wachten ausgenommen, mochte je-<lb/>
der machen was ihm beliebte: Kegeln, Spielen, in und<lb/>
auſſer dem Lager ſpatzieren gehn, u. ſ. f. Nur we-<lb/>
nige hockten muͤſſig in ihren Zelten: Der eine be-<lb/>ſchaͤftigte ſich mit Gewehrputzen, der andre mit Wa-<lb/>ſchen; der dritte kochte, der vierte flickte Hoſen, der<lb/>
fuͤnfte Schuhe, der ſechste ſchnifelte was von Holz<lb/>
und vexlauft’ es den Bauern. Jedes Zelt hatte ſei-<lb/>
ne 6. Mann und einen Uebercompleten. Unter die-<lb/>ſen ſieben war immer einer gefreyt; dieſer mußte<lb/>
gute Mannszucht halten. Von den ſechs uͤbrigen<lb/>
gieng einer auf die Wache, einer mußte kochen, ei-<lb/>
ner Proviant herbeyholen, einer gieng nach Holz,<lb/>
einer nach Stroh, und einer machte den Seckelmei-<lb/>ſter, alle zuſammen aber Eine Haushaltung, Ein<lb/>
Tiſch und Ein Beth aus. Auf den Maͤrſchen ſtopfte<lb/>
jeder in ſeinen Haberſack, was er — verſteht ſich in Fein-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[147/0163]
am allerwenigſten, und kuͤmmerten uns auch nicht
viel darum. Mein und ſo vieler andrer ganzer Sinn
war vollends allein auf: Fort, fort! Heim, ins Va-
terland! gerichtet.
Von 11-22. Sept. ſaſſen wir in unſerm Lager
ganz ſtille; und wer gern Soldat war, dem mußt’
es damals recht wohl ſeyn. Denn da gieng’s voll-
kommen wie in einer Stadt zu. Da gab’s Mar-
quetenter und Feldſchlaͤchter zu Haufen. Den ganzen
Tag, ganze lange Gaſſen durch, nichts als Sieden
und Braten. Da konnte jeder haben was er wollte,
oder vielmehr was er zu bezahlen vermochte: Fleiſch,
Butter, Kaͤs, Brodt, aller Gattung Baum- und Erd-
fruͤchte, u. ſ. f. Die Wachten ausgenommen, mochte je-
der machen was ihm beliebte: Kegeln, Spielen, in und
auſſer dem Lager ſpatzieren gehn, u. ſ. f. Nur we-
nige hockten muͤſſig in ihren Zelten: Der eine be-
ſchaͤftigte ſich mit Gewehrputzen, der andre mit Wa-
ſchen; der dritte kochte, der vierte flickte Hoſen, der
fuͤnfte Schuhe, der ſechste ſchnifelte was von Holz
und vexlauft’ es den Bauern. Jedes Zelt hatte ſei-
ne 6. Mann und einen Uebercompleten. Unter die-
ſen ſieben war immer einer gefreyt; dieſer mußte
gute Mannszucht halten. Von den ſechs uͤbrigen
gieng einer auf die Wache, einer mußte kochen, ei-
ner Proviant herbeyholen, einer gieng nach Holz,
einer nach Stroh, und einer machte den Seckelmei-
ſter, alle zuſammen aber Eine Haushaltung, Ein
Tiſch und Ein Beth aus. Auf den Maͤrſchen ſtopfte
jeder in ſeinen Haberſack, was er — verſteht ſich in Fein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/163>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.