"tet oder erzwungen -- sonst ist's mit einmal aus"! Dergleichen, und noch viel anderes Aehnliches sagte er öfters zu mir. Aller Welt Priester und Leviten hätten mir nicht so gut predigen, und mich zugleich so gut trösten können wie er.
Indessen murmelte es immer stärker vom Kriege. In Berlin kamen von Zeit zu Zeit neue Regimenter an; wir Rekrutten wurden auch unter eins gesteckt. Da gieng's nun alle Tag vor die Thore zum Manövri- ren; links und rechts avanziren, attaquiren, reti- riren, ploutons und divisionsweise schargieren, und was der Gott Mars sonst alles lehrte. Endlich ge- dieh es zur Generalrevüe; und da gieng's zu und her, daß dieß ganze Büchelgen nicht klecken würde, das Ding zu beschreiben; und wenn ich's wollte, so könnt ich's nicht. Erstlich wegen der schweren Menge aller Arten Kriegsgrümpel, die ich hier grossentheils zum erstenmal sah. Zweytens hatt' ich immer Kopf und Ohren so voll von dem entsetzlichen Lerm der knallenden Büchsen, der Trommeln und Feldmusick, des Rufens der Commandeuxs u. s. f. daß ich oft hätte bersten mögen. Drittens war mir das Exercitz seit einiger Zeit so widerlich geworden, daß ich nur nicht mehr bemerken mochte, was all die Corps zu Fuß und zu Pferde für Millionszeug machten. Frey- lich kam mich hernach manchmal grosser Reuen an, daß ich diese Dinge nicht besser in Obacht genom- men: Denn allen meinen Freunden, und allen Leu- then hier zu Lande wünscht' ich, daß sie solches nur einen Tag sehen möchten; es würde ihnen zu hun-
„tet oder erzwungen — ſonſt iſt’s mit einmal aus„! Dergleichen, und noch viel anderes Aehnliches ſagte er oͤfters zu mir. Aller Welt Prieſter und Leviten haͤtten mir nicht ſo gut predigen, und mich zugleich ſo gut troͤſten koͤnnen wie er.
Indeſſen murmelte es immer ſtaͤrker vom Kriege. In Berlin kamen von Zeit zu Zeit neue Regimenter an; wir Rekrutten wurden auch unter eins geſteckt. Da gieng’s nun alle Tag vor die Thore zum Manoͤvri- ren; links und rechts avanziren, attaquiren, reti- riren, ploutons und diviſionsweiſe ſchargieren, und was der Gott Mars ſonſt alles lehrte. Endlich ge- dieh es zur Generalrevuͤe; und da gieng’s zu und her, daß dieß ganze Buͤchelgen nicht klecken wuͤrde, das Ding zu beſchreiben; und wenn ich’s wollte, ſo koͤnnt ich’s nicht. Erſtlich wegen der ſchweren Menge aller Arten Kriegsgruͤmpel, die ich hier groſſentheils zum erſtenmal ſah. Zweytens hatt’ ich immer Kopf und Ohren ſo voll von dem entſetzlichen Lerm der knallenden Buͤchſen, der Trommeln und Feldmuſick, des Rufens der Commandeuxs u. ſ. f. daß ich oft haͤtte berſten moͤgen. Drittens war mir das Exercitz ſeit einiger Zeit ſo widerlich geworden, daß ich nur nicht mehr bemerken mochte, was all die Corps zu Fuß und zu Pferde fuͤr Millionszeug machten. Frey- lich kam mich hernach manchmal groſſer Reuen an, daß ich dieſe Dinge nicht beſſer in Obacht genom- men: Denn allen meinen Freunden, und allen Leu- then hier zu Lande wuͤnſcht’ ich, daß ſie ſolches nur einen Tag ſehen moͤchten; es wuͤrde ihnen zu hun-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0154"n="138"/>„tet oder erzwungen —ſonſt iſt’s mit einmal aus„!<lb/>
Dergleichen, und noch viel anderes Aehnliches ſagte<lb/>
er oͤfters zu mir. Aller Welt Prieſter und Leviten<lb/>
haͤtten mir nicht ſo gut predigen, und mich zugleich<lb/>ſo gut troͤſten koͤnnen wie er.</p><lb/><p>Indeſſen murmelte es immer ſtaͤrker vom Kriege.<lb/>
In <hirendition="#fr">Berlin</hi> kamen von Zeit zu Zeit neue Regimenter an;<lb/>
wir Rekrutten wurden auch unter eins geſteckt. Da<lb/>
gieng’s nun alle Tag vor die Thore zum Manoͤvri-<lb/>
ren; links und rechts avanziren, attaquiren, reti-<lb/>
riren, ploutons und diviſionsweiſe ſchargieren, und<lb/>
was der Gott Mars ſonſt alles lehrte. Endlich ge-<lb/>
dieh es zur Generalrevuͤe; und da gieng’s zu und her,<lb/>
daß dieß ganze Buͤchelgen nicht klecken wuͤrde, das<lb/>
Ding zu beſchreiben; und wenn ich’s wollte, ſo koͤnnt<lb/>
ich’s nicht. Erſtlich wegen der ſchweren Menge aller<lb/>
Arten Kriegsgruͤmpel, die ich hier groſſentheils zum<lb/>
erſtenmal ſah. Zweytens hatt’ ich immer Kopf und<lb/>
Ohren ſo voll von dem entſetzlichen Lerm der<lb/>
knallenden Buͤchſen, der Trommeln und Feldmuſick,<lb/>
des Rufens der Commandeuxs u. ſ. f. daß ich oft<lb/>
haͤtte berſten moͤgen. Drittens war mir das Exercitz<lb/>ſeit einiger Zeit ſo widerlich geworden, daß ich nur<lb/>
nicht mehr bemerken mochte, was all die Corps zu<lb/>
Fuß und zu Pferde fuͤr Millionszeug machten. Frey-<lb/>
lich kam mich hernach manchmal groſſer Reuen an,<lb/>
daß ich dieſe Dinge nicht beſſer in Obacht genom-<lb/>
men: Denn allen meinen Freunden, und allen Leu-<lb/>
then hier zu Lande wuͤnſcht’ ich, daß ſie ſolches nur<lb/>
einen Tag ſehen moͤchten; es wuͤrde ihnen zu hun-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[138/0154]
„tet oder erzwungen — ſonſt iſt’s mit einmal aus„!
Dergleichen, und noch viel anderes Aehnliches ſagte
er oͤfters zu mir. Aller Welt Prieſter und Leviten
haͤtten mir nicht ſo gut predigen, und mich zugleich
ſo gut troͤſten koͤnnen wie er.
Indeſſen murmelte es immer ſtaͤrker vom Kriege.
In Berlin kamen von Zeit zu Zeit neue Regimenter an;
wir Rekrutten wurden auch unter eins geſteckt. Da
gieng’s nun alle Tag vor die Thore zum Manoͤvri-
ren; links und rechts avanziren, attaquiren, reti-
riren, ploutons und diviſionsweiſe ſchargieren, und
was der Gott Mars ſonſt alles lehrte. Endlich ge-
dieh es zur Generalrevuͤe; und da gieng’s zu und her,
daß dieß ganze Buͤchelgen nicht klecken wuͤrde, das
Ding zu beſchreiben; und wenn ich’s wollte, ſo koͤnnt
ich’s nicht. Erſtlich wegen der ſchweren Menge aller
Arten Kriegsgruͤmpel, die ich hier groſſentheils zum
erſtenmal ſah. Zweytens hatt’ ich immer Kopf und
Ohren ſo voll von dem entſetzlichen Lerm der
knallenden Buͤchſen, der Trommeln und Feldmuſick,
des Rufens der Commandeuxs u. ſ. f. daß ich oft
haͤtte berſten moͤgen. Drittens war mir das Exercitz
ſeit einiger Zeit ſo widerlich geworden, daß ich nur
nicht mehr bemerken mochte, was all die Corps zu
Fuß und zu Pferde fuͤr Millionszeug machten. Frey-
lich kam mich hernach manchmal groſſer Reuen an,
daß ich dieſe Dinge nicht beſſer in Obacht genom-
men: Denn allen meinen Freunden, und allen Leu-
then hier zu Lande wuͤnſcht’ ich, daß ſie ſolches nur
einen Tag ſehen moͤchten; es wuͤrde ihnen zu hun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/154>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.