Exerziren vorbey war, flogen wir miteinander in Schott- manns Keller, tranken unsern Krug Ruhiner- oder Gottwitzer-Bier, schmauchten ein Peifgen, und trillerten ein Schweitzerlied. Immer horchten uns da die Brandenburger und Pommeraner mit Lust zu. Etliche Herren sogar ließen uns oft expreß in eine Garküche rufen, ihnen den Kuhreihen zu sin- gen: Meist bestand der Spielerlohn bloß in einer schmu- tzigen Suppe; aber in einer solchen Lage nimmt man mit noch weniger vorlieb.
XLVIII. Nebst anderm meine Beschreibung von Berlin.
Berlin ist der größte Ort in der Welt, den ich gesehen; und doch bin ich bey weitem nie ganz da- rinn herumgekommen. Wir drey Schweitzer mach- ten zwar oft den Anschlag zu einer solchen Reise; aber bald gebrach's uns an Zeit, bald an Geld, oder wir waren von Strapazzen so marode, das wir uns lieber der Länge nach hinlegten.
Die Stadt Berlin -- doch viele sagen, sie beste- he aus sieben Städten -- Aber unser einem hat man nur drey genennt: Berlin, Neustadt und Friedrichsstadt. Alle drey sind in der Bauart ver- schieden. In Berlin -- oder Cöl, sagt man auch -- sind die Häuser hoch, wie in den Reichsstädten, aber die Gassen nicht so breit, wie in Neu- und Frie- drichsstadt, wo hingegen die Häuser niedriger aber
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Exerziren vorbey war, flogen wir miteinander in Schott- manns Keller, tranken unſern Krug Ruhiner- oder Gottwitzer-Bier, ſchmauchten ein Peifgen, und trillerten ein Schweitzerlied. Immer horchten uns da die Brandenburger und Pommeraner mit Luſt zu. Etliche Herren ſogar ließen uns oft expreß in eine Garkuͤche rufen, ihnen den Kuhreihen zu ſin- gen: Meiſt beſtand der Spielerlohn bloß in einer ſchmu- tzigen Suppe; aber in einer ſolchen Lage nimmt man mit noch weniger vorlieb.
XLVIII. Nebſt anderm meine Beſchreibung von Berlin.
Berlin iſt der groͤßte Ort in der Welt, den ich geſehen; und doch bin ich bey weitem nie ganz da- rinn herumgekommen. Wir drey Schweitzer mach- ten zwar oft den Anſchlag zu einer ſolchen Reiſe; aber bald gebrach’s uns an Zeit, bald an Geld, oder wir waren von Strapazzen ſo marode, das wir uns lieber der Laͤnge nach hinlegten.
Die Stadt Berlin — doch viele ſagen, ſie beſte- he aus ſieben Staͤdten — Aber unſer einem hat man nur drey genennt: Berlin, Neuſtadt und Friedrichsſtadt. Alle drey ſind in der Bauart ver- ſchieden. In Berlin — oder Coͤl, ſagt man auch — ſind die Haͤuſer hoch, wie in den Reichsſtaͤdten, aber die Gaſſen nicht ſo breit, wie in Neu- und Frie- drichsſtadt, wo hingegen die Haͤuſer niedriger aber
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Exerziren vorbey war, flogen wir miteinander in Schott-
manns Keller, tranken unſern Krug Ruhiner- oder
Gottwitzer-Bier, ſchmauchten ein Peifgen, und
trillerten ein Schweitzerlied. Immer horchten uns
da die Brandenburger und Pommeraner mit
Luſt zu. Etliche Herren ſogar ließen uns oft expreß
in eine Garkuͤche rufen, ihnen den Kuhreihen zu ſin-
gen: Meiſt beſtand der Spielerlohn bloß in einer ſchmu-
tzigen Suppe; aber in einer ſolchen Lage nimmt man
mit noch weniger vorlieb.
XLVIII.
Nebſt anderm meine Beſchreibung
von Berlin.
Berlin iſt der groͤßte Ort in der Welt, den ich
geſehen; und doch bin ich bey weitem nie ganz da-
rinn herumgekommen. Wir drey Schweitzer mach-
ten zwar oft den Anſchlag zu einer ſolchen Reiſe; aber
bald gebrach’s uns an Zeit, bald an Geld, oder
wir waren von Strapazzen ſo marode, das wir uns
lieber der Laͤnge nach hinlegten.
Die Stadt Berlin — doch viele ſagen, ſie beſte-
he aus ſieben Staͤdten — Aber unſer einem hat
man nur drey genennt: Berlin, Neuſtadt und
Friedrichsſtadt. Alle drey ſind in der Bauart ver-
ſchieden. In Berlin — oder Coͤl, ſagt man auch —
ſind die Haͤuſer hoch, wie in den Reichsſtaͤdten, aber
die Gaſſen nicht ſo breit, wie in Neu- und Frie-
drichsſtadt, wo hingegen die Haͤuſer niedriger aber
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/145>, abgerufen am 01.03.2025.
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