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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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erstgenannten Station logirten wir beym Rehe; auf der
zweyten weiß ich selbst nicht mehr, was es vor ein
Thier war. An beyden Orten gabs nur kalte Küche,
und ein Gesöff ohne Namen. Den dritten Abend
bis Ulm wieder 9. St. Diesen Tag fieng ich an,
die Beschwerlichkeiten der Reise zu fühlen; schon
hatt' ich Schwielen an den Füssen, und war mir's
sonst sterbensübel. Im Städtgen Egna setzten wir
uns ein Stück Wegs auf einen Bauernwagen, da
denn das gewaltige Schütteln dieses Fuhrwerks, zu-
mal bey mir, seine gewohnte herzbrechende Wirkung
that. Als wir unweit Ulm abstiegen, ward's mir
schwarz und blau vor den Augen. Ich sank zu Bo-
den: "Um Gottes Barmherzigkeit willen"., sagt' ich:
"Weiter kann ich nicht; lieber laßt mich auf der Gasse
"liegen". Ein barmherziger Samariter lud mich
endlich auf seine nackte Mähre, auf der ich mich vollends
bis ins Städtgen so lahm ritt, daß ich weder mehr stehen
noch gehen konnte. Zu Ulm logirten wir beym
Adler, und hatten dort unsern ersten Rasttag. Mei-
ne Cameraden besorgten da ihre alten Herzensange-
legenheiten; Ich legte mich lieber auf die faule Haut.
Nur sah' ich an diesem Ort einen Leichenzug, der
mir sehr wohl gefiel. Das Weibsvolk gieng ganz
weiß bis auf die Füsse. Den fünsten Tag marschier-
ten wir bis auf Gengen 7. St. Den sechsten auf
Nördlingen, wieder 7. St. und hielten da den
zweyten Rasttag. Hevel hatte dort beym Wilden
Mann ein liebs Lisel. Sie spielte artig die Cithar;
Er sang Lieder dazu. Sonst weiß ich von diesem

erſtgenannten Station logirten wir beym Rehe; auf der
zweyten weiß ich ſelbſt nicht mehr, was es vor ein
Thier war. An beyden Orten gabs nur kalte Kuͤche,
und ein Geſoͤff ohne Namen. Den dritten Abend
bis Ulm wieder 9. St. Dieſen Tag fieng ich an,
die Beſchwerlichkeiten der Reiſe zu fuͤhlen; ſchon
hatt’ ich Schwielen an den Fuͤſſen, und war mir’s
ſonſt ſterbensuͤbel. Im Staͤdtgen Egna ſetzten wir
uns ein Stuͤck Wegs auf einen Bauernwagen, da
denn das gewaltige Schuͤtteln dieſes Fuhrwerks, zu-
mal bey mir, ſeine gewohnte herzbrechende Wirkung
that. Als wir unweit Ulm abſtiegen, ward’s mir
ſchwarz und blau vor den Augen. Ich ſank zu Bo-
den: „Um Gottes Barmherzigkeit willen„., ſagt’ ich:
„Weiter kann ich nicht; lieber laßt mich auf der Gaſſe
„liegen„. Ein barmherziger Samariter lud mich
endlich auf ſeine nackte Maͤhre, auf der ich mich vollends
bis ins Staͤdtgen ſo lahm ritt, daß ich weder mehr ſtehen
noch gehen konnte. Zu Ulm logirten wir beym
Adler, und hatten dort unſern erſten Raſttag. Mei-
ne Cameraden beſorgten da ihre alten Herzensange-
legenheiten; Ich legte mich lieber auf die faule Haut.
Nur ſah’ ich an dieſem Ort einen Leichenzug, der
mir ſehr wohl gefiel. Das Weibsvolk gieng ganz
weiß bis auf die Fuͤſſe. Den fuͤnſten Tag marſchier-
ten wir bis auf Gengen 7. St. Den ſechſten auf
Nördlingen, wieder 7. St. und hielten da den
zweyten Raſttag. Hevel hatte dort beym Wilden
Mann ein liebs Liſel. Sie ſpielte artig die Cithar;
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[114/0130] erſtgenannten Station logirten wir beym Rehe; auf der zweyten weiß ich ſelbſt nicht mehr, was es vor ein Thier war. An beyden Orten gabs nur kalte Kuͤche, und ein Geſoͤff ohne Namen. Den dritten Abend bis Ulm wieder 9. St. Dieſen Tag fieng ich an, die Beſchwerlichkeiten der Reiſe zu fuͤhlen; ſchon hatt’ ich Schwielen an den Fuͤſſen, und war mir’s ſonſt ſterbensuͤbel. Im Staͤdtgen Egna ſetzten wir uns ein Stuͤck Wegs auf einen Bauernwagen, da denn das gewaltige Schuͤtteln dieſes Fuhrwerks, zu- mal bey mir, ſeine gewohnte herzbrechende Wirkung that. Als wir unweit Ulm abſtiegen, ward’s mir ſchwarz und blau vor den Augen. Ich ſank zu Bo- den: „Um Gottes Barmherzigkeit willen„., ſagt’ ich: „Weiter kann ich nicht; lieber laßt mich auf der Gaſſe „liegen„. Ein barmherziger Samariter lud mich endlich auf ſeine nackte Maͤhre, auf der ich mich vollends bis ins Staͤdtgen ſo lahm ritt, daß ich weder mehr ſtehen noch gehen konnte. Zu Ulm logirten wir beym Adler, und hatten dort unſern erſten Raſttag. Mei- ne Cameraden beſorgten da ihre alten Herzensange- legenheiten; Ich legte mich lieber auf die faule Haut. Nur ſah’ ich an dieſem Ort einen Leichenzug, der mir ſehr wohl gefiel. Das Weibsvolk gieng ganz weiß bis auf die Fuͤſſe. Den fuͤnſten Tag marſchier- ten wir bis auf Gengen 7. St. Den ſechſten auf Nördlingen, wieder 7. St. und hielten da den zweyten Raſttag. Hevel hatte dort beym Wilden Mann ein liebs Liſel. Sie ſpielte artig die Cithar; Er ſang Lieder dazu. Sonſt weiß ich von dieſem

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/130>, abgerufen am 24.11.2024.