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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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ich nach meinem Geschmack wählen, und Mariane
ließ mir's per se an guten Bissen nie fehlen. Tanz
und Jagd beföderten die Dauung; denn ohne das
hätt's mir frehlich an Bewegung gefehlt. Markoni
besuchte, bald hie bald da, alle Edelleuth' in der
Runde. Ich mußte überall mit; und es that mir
freylich in der Seele wohl, wenn ich sah, wie er
ordentlich Hoffarth mit mir trieb. Sonst waren sol-
che Ausritte zu diesen meist armen Schmalzgrafen
seinem Geldbeutel eben wenig nutz. Dann kostete
ihn das Tarocspiel mit Pfaffen und Layen auch
schöne Batzen. Einst mußt' ich darum die Karten
vor seinen Augen in kleine Stück zerreissen, und
dem Vulkan zum Opfer bringen -- aber Mor-
gens drauf ihm schon wieder neue hohlen. Ein an-
dermal hatt' er auch eine ziemliche Summ' verloren,
und kam Abends um neun Uhr, mit einem tüchti-
gen Räuschgen ganz verdrüßlich nach Haus. "Oll-
"rich
"! sagte er, "geh, schaff mir Spielleuth',
"es koste was es will". "Ja Ihr Gnaden"!
antwortet' ich, "wenn ich dergleichen wüßte;
"und dann ist's schon so späth, und stockfinsrer".
"Fort Racker"! fuhr er fort, "oder" -- und machte
ein fürchterlich wildes Gesicht. Ich mußte mich pa-
cken, stolperte nun im Dunkeln durch alle Strassen,
und spitzte die Ohren, ob ich nirgends keine Geige
höre? Als ich endlich zu oberst im Städtgen an die
Mühler- und Beckenherberg kam, merkt' ich, daß
es da etwas Herumsptingens absetzen wollte; schliech
mich hinauf, und ließ einen Spielmann hinausrufen.

ich nach meinem Geſchmack waͤhlen, und Mariane
ließ mir’s per ſe an guten Biſſen nie fehlen. Tanz
und Jagd befoͤderten die Dauung; denn ohne das
haͤtt’s mir frehlich an Bewegung gefehlt. Markoni
beſuchte, bald hie bald da, alle Edelleuth’ in der
Runde. Ich mußte uͤberall mit; und es that mir
freylich in der Seele wohl, wenn ich ſah, wie er
ordentlich Hoffarth mit mir trieb. Sonſt waren ſol-
che Ausritte zu dieſen meiſt armen Schmalzgrafen
ſeinem Geldbeutel eben wenig nutz. Dann koſtete
ihn das Tarocſpiel mit Pfaffen und Layen auch
ſchoͤne Batzen. Einſt mußt’ ich darum die Karten
vor ſeinen Augen in kleine Stuͤck zerreiſſen, und
dem Vulkan zum Opfer bringen — aber Mor-
gens drauf ihm ſchon wieder neue hohlen. Ein an-
dermal hatt’ er auch eine ziemliche Summ’ verloren,
und kam Abends um neun Uhr, mit einem tuͤchti-
gen Raͤuſchgen ganz verdruͤßlich nach Haus. „Oll-
„rich
„! ſagte er, „geh, ſchaff mir Spielleuth’,
„es koſte was es will„. „Ja Ihr Gnaden„!
antwortet’ ich, „wenn ich dergleichen wuͤßte;
„und dann iſt’s ſchon ſo ſpaͤth, und ſtockfinſrer„.
„Fort Racker„! fuhr er fort, „oder„ — und machte
ein fuͤrchterlich wildes Geſicht. Ich mußte mich pa-
cken, ſtolperte nun im Dunkeln durch alle Straſſen,
und ſpitzte die Ohren, ob ich nirgends keine Geige
hoͤre? Als ich endlich zu oberſt im Staͤdtgen an die
Muͤhler- und Beckenherberg kam, merkt’ ich, daß
es da etwas Herumſptingens abſetzen wollte; ſchliech
mich hinauf, und ließ einen Spielmann hinausrufen.

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[108/0124] ich nach meinem Geſchmack waͤhlen, und Mariane ließ mir’s per ſe an guten Biſſen nie fehlen. Tanz und Jagd befoͤderten die Dauung; denn ohne das haͤtt’s mir frehlich an Bewegung gefehlt. Markoni beſuchte, bald hie bald da, alle Edelleuth’ in der Runde. Ich mußte uͤberall mit; und es that mir freylich in der Seele wohl, wenn ich ſah, wie er ordentlich Hoffarth mit mir trieb. Sonſt waren ſol- che Ausritte zu dieſen meiſt armen Schmalzgrafen ſeinem Geldbeutel eben wenig nutz. Dann koſtete ihn das Tarocſpiel mit Pfaffen und Layen auch ſchoͤne Batzen. Einſt mußt’ ich darum die Karten vor ſeinen Augen in kleine Stuͤck zerreiſſen, und dem Vulkan zum Opfer bringen — aber Mor- gens drauf ihm ſchon wieder neue hohlen. Ein an- dermal hatt’ er auch eine ziemliche Summ’ verloren, und kam Abends um neun Uhr, mit einem tuͤchti- gen Raͤuſchgen ganz verdruͤßlich nach Haus. „Oll- „rich„! ſagte er, „geh, ſchaff mir Spielleuth’, „es koſte was es will„. „Ja Ihr Gnaden„! antwortet’ ich, „wenn ich dergleichen wuͤßte; „und dann iſt’s ſchon ſo ſpaͤth, und ſtockfinſrer„. „Fort Racker„! fuhr er fort, „oder„ — und machte ein fuͤrchterlich wildes Geſicht. Ich mußte mich pa- cken, ſtolperte nun im Dunkeln durch alle Straſſen, und ſpitzte die Ohren, ob ich nirgends keine Geige hoͤre? Als ich endlich zu oberſt im Staͤdtgen an die Muͤhler- und Beckenherberg kam, merkt’ ich, daß es da etwas Herumſptingens abſetzen wollte; ſchliech mich hinauf, und ließ einen Spielmann hinausrufen.

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/124>, abgerufen am 23.11.2024.