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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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daß sie fein bey Haus bleiben, und sich nicht in die
böse Welt wagen sollten. Zwar glaubte mein Vater
kein Wort hievon; weil aber die Mutter so grämlich
that, ihm Vorwürf' über Vorwürfe machte, und
Tag und Nacht keine Ruhe ließ, entschloß er sich
endlich, auf Schaffhausen zu kehren, und sich selbst
nach dem Grund oder Ungrund dieser Mähre zu er-
kundigen. Also, an einem Abend, welche Freude
für uns beyde, als mein innigstgeliebter Vater so
ganz unerwartet, daß ich meinen Augen kaum trauen
durfte, in meine Kammer trat; Er mir erzählte,
was ihn hergeführt, und Ich ihm, wie glücklich ich
sey; ihm meinen Kasten zeigte, die scharmanten Klei-
der darin, alles Stück vor Stück bis auf die Hem-
derknöpflin; dann ihn meinem guten Herrn vorstellte,
der ihn freundlich bewillkommte, und beßtens zu
traktiren befahl, u. s. f. u. f. -- Nun aber traf's
sich, daß man gerade den Abend nach dem Nacht-
essen in unserm Gasthof tanzte, und mein Herr, als
ein Liebhaber von allen Lustbarkeiten, sich solches
auch schmecken ließ -- so wie mein Vater und ich,
am Tischgen in einem Winkel der grossen Gaststube,
unsern Braten. Ganz unversehns kam er auf mich
zu: "Ollrich! komm, mußt auch Eins mit den
"jungen Leuthen da tanzen". Vergebens entschul-
digt' ich mich, und bezeugte auch mein Vater, daß
ich mein Lebtag nie getanzt hätte. Da half alles
nichts. Er riß mich hinterm Tisch hervor, und gab
mir die Köchin im Haus, ein artiges Schwaben-
meitlin, an die Hand. Der Schweiß tropfte mir

daß ſie fein bey Haus bleiben, und ſich nicht in die
boͤſe Welt wagen ſollten. Zwar glaubte mein Vater
kein Wort hievon; weil aber die Mutter ſo graͤmlich
that, ihm Vorwuͤrf’ uͤber Vorwuͤrfe machte, und
Tag und Nacht keine Ruhe ließ, entſchloß er ſich
endlich, auf Schaffhauſen zu kehren, und ſich ſelbſt
nach dem Grund oder Ungrund dieſer Maͤhre zu er-
kundigen. Alſo, an einem Abend, welche Freude
fuͤr uns beyde, als mein innigſtgeliebter Vater ſo
ganz unerwartet, daß ich meinen Augen kaum trauen
durfte, in meine Kammer trat; Er mir erzaͤhlte,
was ihn hergefuͤhrt, und Ich ihm, wie gluͤcklich ich
ſey; ihm meinen Kaſten zeigte, die ſcharmanten Klei-
der darin, alles Stuͤck vor Stuͤck bis auf die Hem-
derknoͤpflin; dann ihn meinem guten Herrn vorſtellte,
der ihn freundlich bewillkommte, und beßtens zu
traktiren befahl, u. ſ. f. u. f. — Nun aber traf’s
ſich, daß man gerade den Abend nach dem Nacht-
eſſen in unſerm Gaſthof tanzte, und mein Herr, als
ein Liebhaber von allen Luſtbarkeiten, ſich ſolches
auch ſchmecken ließ — ſo wie mein Vater und ich,
am Tiſchgen in einem Winkel der groſſen Gaſtſtube,
unſern Braten. Ganz unverſehns kam er auf mich
zu: „Ollrich! komm, mußt auch Eins mit den
„jungen Leuthen da tanzen„. Vergebens entſchul-
digt’ ich mich, und bezeugte auch mein Vater, daß
ich mein Lebtag nie getanzt haͤtte. Da half alles
nichts. Er riß mich hinterm Tiſch hervor, und gab
mir die Koͤchin im Haus, ein artiges Schwaben-
meitlin, an die Hand. Der Schweiß tropfte mir

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[95/0111] daß ſie fein bey Haus bleiben, und ſich nicht in die boͤſe Welt wagen ſollten. Zwar glaubte mein Vater kein Wort hievon; weil aber die Mutter ſo graͤmlich that, ihm Vorwuͤrf’ uͤber Vorwuͤrfe machte, und Tag und Nacht keine Ruhe ließ, entſchloß er ſich endlich, auf Schaffhauſen zu kehren, und ſich ſelbſt nach dem Grund oder Ungrund dieſer Maͤhre zu er- kundigen. Alſo, an einem Abend, welche Freude fuͤr uns beyde, als mein innigſtgeliebter Vater ſo ganz unerwartet, daß ich meinen Augen kaum trauen durfte, in meine Kammer trat; Er mir erzaͤhlte, was ihn hergefuͤhrt, und Ich ihm, wie gluͤcklich ich ſey; ihm meinen Kaſten zeigte, die ſcharmanten Klei- der darin, alles Stuͤck vor Stuͤck bis auf die Hem- derknoͤpflin; dann ihn meinem guten Herrn vorſtellte, der ihn freundlich bewillkommte, und beßtens zu traktiren befahl, u. ſ. f. u. f. — Nun aber traf’s ſich, daß man gerade den Abend nach dem Nacht- eſſen in unſerm Gaſthof tanzte, und mein Herr, als ein Liebhaber von allen Luſtbarkeiten, ſich ſolches auch ſchmecken ließ — ſo wie mein Vater und ich, am Tiſchgen in einem Winkel der groſſen Gaſtſtube, unſern Braten. Ganz unverſehns kam er auf mich zu: „Ollrich! komm, mußt auch Eins mit den „jungen Leuthen da tanzen„. Vergebens entſchul- digt’ ich mich, und bezeugte auch mein Vater, daß ich mein Lebtag nie getanzt haͤtte. Da half alles nichts. Er riß mich hinterm Tiſch hervor, und gab mir die Koͤchin im Haus, ein artiges Schwaben- meitlin, an die Hand. Der Schweiß tropfte mir

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/111>, abgerufen am 23.11.2024.