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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
reit erwehnet daß sie bey dem König und dreyen Hom-
mes grandes
bestehe/ wiewol ich glaube der König
führe den blossen Titul/ die andren hingegen die
Macht und Gewalt. Ein jedes Land hat seinen beson-
deren Herrn/ welche alle unter diesen dreyen stehen/
und ohne deren Vorbewust sich nichts unternehmen
dörff[e]n.

Nun mercket auch wie man die Missethäter inson-
derheit Diebe straffe/ deren es doch wenig giebet; ange-
sehen die hiesige Mohren bey weitem nicht so stehlen
als anderswo: jedoch trifft es sich dann und wann daß
ein Dieb ertappet wird/ da er nicht nur alles wieder-
geben muß/ sonden auch eine gewisse Geld-Busse be-
zahlen; dafern es aber ein armseliger Teufel ist/ läs-
set man es bey dem Wiedergeben bewenden/ wenn
man an statt der Geld-Straffe ihn tapfer mit Schlä-
gen zugedecket. Wenn ein Regierungs-Herr bestoh-
len worden/ muß der Dieb hängen. Wiewol dieses
wie gesaget so selten geschiehet/ daß ich mich keines
Exempels besinnen könte.

Wie nun wenig Diebstähle in hiesigem Lande vor-
gehen/ so und noch vielweniger Mordthaten höret
man. Wenn irgend einer den andern es sey mit was
Gewehr es wolle/ umbringet/ muß er ohnfehlbar ster-
ben/ es wäre denn daß er des Königs oder sonst vor-
nehmen Herrn Sohn wäre: denn so wird er nur Lan-
des verwiesen und bis auf die Gräntze begleitet. Weil
man aber von dergleichen verwiesenen Leuten niemals
einen wieder zu sehen bekommen/ glauben die Moh-
ren daß selbige unter Weges nach der Gräntze nieder-
gemachet werden. Schläget auch einer den andern
mit der Faust oder sonsten ohne Blut vergiessen todt/

so

Beſchreibung
reit erwehnet daß ſie bey dem Koͤnig und dreyen Hom-
mes grandes
beſtehe/ wiewol ich glaube der Koͤnig
fuͤhre den bloſſen Titul/ die andren hingegen die
Macht und Gewalt. Ein jedes Land hat ſeinen beſon-
deren Herrn/ welche alle unter dieſen dreyen ſtehen/
und ohne deren Vorbewuſt ſich nichts unternehmen
doͤrff[e]n.

Nun mercket auch wie man die Miſſethaͤter inſon-
derheit Diebe ſtraffe/ deren es doch wenig giebet; ange-
ſehen die hieſige Mohren bey weitem nicht ſo ſtehlen
als anderswo: jedoch trifft es ſich dann und wann daß
ein Dieb ertappet wird/ da er nicht nur alles wieder-
geben muß/ ſonden auch eine gewiſſe Geld-Buſſe be-
zahlen; dafern es aber ein armſeliger Teufel iſt/ laͤſ-
ſet man es bey dem Wiedergeben bewenden/ wenn
man an ſtatt der Geld-Straffe ihn tapfer mit Schlaͤ-
gen zugedecket. Wenn ein Regierungs-Herr beſtoh-
len worden/ muß der Dieb haͤngen. Wiewol dieſes
wie geſaget ſo ſelten geſchiehet/ daß ich mich keines
Exempels beſinnen koͤnte.

Wie nun wenig Diebſtaͤhle in hieſigem Lande vor-
gehen/ ſo und noch vielweniger Mordthaten hoͤret
man. Wenn irgend einer den andern es ſey mit was
Gewehr es wolle/ umbringet/ muß er ohnfehlbar ſter-
ben/ es waͤre denn daß er des Koͤnigs oder ſonſt vor-
nehmen Herrn Sohn waͤre: denn ſo wird er nur Lan-
des verwieſen und bis auf die Graͤntze begleitet. Weil
man aber von dergleichen verwieſenen Leuten niemals
einen wieder zu ſehen bekommen/ glauben die Moh-
ren daß ſelbige unter Weges nach der Graͤntze nieder-
gemachet werden. Schlaͤget auch einer den andern
mit der Fauſt oder ſonſten ohne Blut vergieſſen todt/

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[540/0600] Beſchreibung reit erwehnet daß ſie bey dem Koͤnig und dreyen Hom- mes grandes beſtehe/ wiewol ich glaube der Koͤnig fuͤhre den bloſſen Titul/ die andren hingegen die Macht und Gewalt. Ein jedes Land hat ſeinen beſon- deren Herrn/ welche alle unter dieſen dreyen ſtehen/ und ohne deren Vorbewuſt ſich nichts unternehmen doͤrffen. Nun mercket auch wie man die Miſſethaͤter inſon- derheit Diebe ſtraffe/ deren es doch wenig giebet; ange- ſehen die hieſige Mohren bey weitem nicht ſo ſtehlen als anderswo: jedoch trifft es ſich dann und wann daß ein Dieb ertappet wird/ da er nicht nur alles wieder- geben muß/ ſonden auch eine gewiſſe Geld-Buſſe be- zahlen; dafern es aber ein armſeliger Teufel iſt/ laͤſ- ſet man es bey dem Wiedergeben bewenden/ wenn man an ſtatt der Geld-Straffe ihn tapfer mit Schlaͤ- gen zugedecket. Wenn ein Regierungs-Herr beſtoh- len worden/ muß der Dieb haͤngen. Wiewol dieſes wie geſaget ſo ſelten geſchiehet/ daß ich mich keines Exempels beſinnen koͤnte. Wie nun wenig Diebſtaͤhle in hieſigem Lande vor- gehen/ ſo und noch vielweniger Mordthaten hoͤret man. Wenn irgend einer den andern es ſey mit was Gewehr es wolle/ umbringet/ muß er ohnfehlbar ſter- ben/ es waͤre denn daß er des Koͤnigs oder ſonſt vor- nehmen Herrn Sohn waͤre: denn ſo wird er nur Lan- des verwieſen und bis auf die Graͤntze begleitet. Weil man aber von dergleichen verwieſenen Leuten niemals einen wieder zu ſehen bekommen/ glauben die Moh- ren daß ſelbige unter Weges nach der Graͤntze nieder- gemachet werden. Schlaͤget auch einer den andern mit der Fauſt oder ſonſten ohne Blut vergieſſen todt/ ſo

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/600>, abgerufen am 22.11.2024.