Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung
gen Reden die sie in ihren Zusammenkünfften wie-
wol verblümter Weise hervorzubringen wissen/ und
in solchem Absehen vor verständige Leute gehalten
werden.

Geschiehet es daß eine Frau schwanger ist/ muß sie
niemanden die Hand geben bevor sie in Kindbette ge-
legen/ und so bald solches geschehen fals sie einen jun-
gen Sohn zur Welt gebracht/ dem Könige selbigen
darbieten lassen/ als welchem er eigenthümlich zuge-
höret/ daher auch alle Menschen Königliche Sclaven
heissen; fals aber das Gegentheil und eine junge Toch-
ter sich findet/ behält sie der Vater/ und kan mit ihr
machen/ und sie bey gehörigen Alter verheyrathen wo
und wem er will.

Wenn nun das Kind ein 8. oder 15. Tage alt wor-
den/ beschneidet man selbiges/ es sey Knäblein oder
Mägdlein; denen ersten schneidet man ein wenig von
der Vorhaut abe/ denen letzteren aber von dem/ was
bey den Anatomisten oder Zergliederungs-Kunst
Verständigen die Venus-Burg genennet wird.
Uberdem schneidet man auch unterschiedliche mahl den
Knäblein über den Leib/ wiewol denen Mägdlein noch
mehr als jenen/ doch so daß hiebey ein jeder seinen frey-
en Willen hat; denn ob es zwar leicht zu gedencken/
daß dergleichen Zerfleischungen diesen unschuldigen
Geschöpfen grosse Schmertzen verursachen/ findet
sich dennoch keiner der es darum nachliesse/ weil es vor
eine grosse Zierde gehalten wird.

So bald nun das Kind 7. Tage alt ist/ stellen dessen
Eltern ein grosses Mahl an/ um ihren Anverwandten
die grosse Freude zu bezeugen/ weil sie davor halten daß
alsdenn das grosse Unglück schon überstanden/ lassen

auch/

Beſchreibung
gen Reden die ſie in ihren Zuſammenkuͤnfften wie-
wol verbluͤmter Weiſe hervorzubringen wiſſen/ und
in ſolchem Abſehen vor verſtaͤndige Leute gehalten
werden.

Geſchiehet es daß eine Frau ſchwanger iſt/ muß ſie
niemanden die Hand geben bevor ſie in Kindbette ge-
legen/ und ſo bald ſolches geſchehen fals ſie einen jun-
gen Sohn zur Welt gebracht/ dem Koͤnige ſelbigen
darbieten laſſen/ als welchem er eigenthuͤmlich zuge-
hoͤret/ daher auch alle Menſchen Koͤnigliche Sclaven
heiſſen; fals aber das Gegentheil und eine junge Toch-
ter ſich findet/ behaͤlt ſie der Vater/ und kan mit ihr
machen/ und ſie bey gehoͤrigen Alter verheyrathen wo
und wem er will.

Wenn nun das Kind ein 8. oder 15. Tage alt wor-
den/ beſchneidet man ſelbiges/ es ſey Knaͤblein oder
Maͤgdlein; denen erſten ſchneidet man ein wenig von
der Vorhaut abe/ denen letzteren aber von dem/ was
bey den Anatomiſten oder Zergliederungs-Kunſt
Verſtaͤndigen die Venus-Burg genennet wird.
Uberdem ſchneidet man auch unterſchiedliche mahl den
Knaͤblein uͤber den Leib/ wiewol denen Maͤgdlein noch
mehr als jenen/ doch ſo daß hiebey ein jeder ſeinen frey-
en Willen hat; denn ob es zwar leicht zu gedencken/
daß dergleichen Zerfleiſchungen dieſen unſchuldigen
Geſchoͤpfen groſſe Schmertzen verurſachen/ findet
ſich dennoch keiner der es darum nachlieſſe/ weil es vor
eine groſſe Zierde gehalten wird.

So bald nun das Kind 7. Tage alt iſt/ ſtellen deſſen
Eltern ein groſſes Mahl an/ um ihren Anverwandten
die groſſe Freude zu bezeugen/ weil ſie davor halten daß
alsdenn das groſſe Ungluͤck ſchon uͤberſtanden/ laſſen

auch/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0594" n="534"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung</hi></fw><lb/>
gen Reden die &#x017F;ie in ihren Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nfften wie-<lb/>
wol verblu&#x0364;mter Wei&#x017F;e hervorzubringen wi&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
in &#x017F;olchem Ab&#x017F;ehen vor ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Leute gehalten<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>Ge&#x017F;chiehet es daß eine Frau &#x017F;chwanger i&#x017F;t/ muß &#x017F;ie<lb/>
niemanden die Hand geben bevor &#x017F;ie in Kindbette ge-<lb/>
legen/ und &#x017F;o bald &#x017F;olches ge&#x017F;chehen fals &#x017F;ie einen jun-<lb/>
gen Sohn zur Welt gebracht/ dem Ko&#x0364;nige &#x017F;elbigen<lb/>
darbieten la&#x017F;&#x017F;en/ als welchem er eigenthu&#x0364;mlich zuge-<lb/>
ho&#x0364;ret/ daher auch alle Men&#x017F;chen Ko&#x0364;nigliche Sclaven<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en; fals aber das Gegentheil und eine junge Toch-<lb/>
ter &#x017F;ich findet/ beha&#x0364;lt &#x017F;ie der Vater/ und kan mit ihr<lb/>
machen/ und &#x017F;ie bey geho&#x0364;rigen Alter verheyrathen wo<lb/>
und wem er will.</p><lb/>
        <p>Wenn nun das Kind ein 8. oder 15. Tage alt wor-<lb/>
den/ be&#x017F;chneidet man &#x017F;elbiges/ es &#x017F;ey Kna&#x0364;blein oder<lb/>
Ma&#x0364;gdlein; denen er&#x017F;ten &#x017F;chneidet man ein wenig von<lb/>
der Vorhaut abe/ denen letzteren aber von dem/ was<lb/>
bey den <hi rendition="#aq">Anatomi</hi>&#x017F;ten oder Zergliederungs-Kun&#x017F;t<lb/>
Ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen die <hi rendition="#aq">Venus-</hi>Burg genennet wird.<lb/>
Uberdem &#x017F;chneidet man auch unter&#x017F;chiedliche mahl den<lb/>
Kna&#x0364;blein u&#x0364;ber den Leib/ wiewol denen Ma&#x0364;gdlein noch<lb/>
mehr als jenen/ doch &#x017F;o daß hiebey ein jeder &#x017F;einen frey-<lb/>
en Willen hat; denn ob es zwar leicht zu gedencken/<lb/>
daß dergleichen Zerflei&#x017F;chungen die&#x017F;en un&#x017F;chuldigen<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen gro&#x017F;&#x017F;e Schmertzen verur&#x017F;achen/ findet<lb/>
&#x017F;ich dennoch keiner der es darum nachlie&#x017F;&#x017F;e/ weil es vor<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Zierde gehalten wird.</p><lb/>
        <p>So bald nun das Kind 7. Tage alt i&#x017F;t/ &#x017F;tellen de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Eltern ein gro&#x017F;&#x017F;es Mahl an/ um ihren Anverwandten<lb/>
die gro&#x017F;&#x017F;e Freude zu bezeugen/ weil &#x017F;ie davor halten daß<lb/>
alsdenn das gro&#x017F;&#x017F;e Unglu&#x0364;ck &#x017F;chon u&#x0364;ber&#x017F;tanden/ la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0594] Beſchreibung gen Reden die ſie in ihren Zuſammenkuͤnfften wie- wol verbluͤmter Weiſe hervorzubringen wiſſen/ und in ſolchem Abſehen vor verſtaͤndige Leute gehalten werden. Geſchiehet es daß eine Frau ſchwanger iſt/ muß ſie niemanden die Hand geben bevor ſie in Kindbette ge- legen/ und ſo bald ſolches geſchehen fals ſie einen jun- gen Sohn zur Welt gebracht/ dem Koͤnige ſelbigen darbieten laſſen/ als welchem er eigenthuͤmlich zuge- hoͤret/ daher auch alle Menſchen Koͤnigliche Sclaven heiſſen; fals aber das Gegentheil und eine junge Toch- ter ſich findet/ behaͤlt ſie der Vater/ und kan mit ihr machen/ und ſie bey gehoͤrigen Alter verheyrathen wo und wem er will. Wenn nun das Kind ein 8. oder 15. Tage alt wor- den/ beſchneidet man ſelbiges/ es ſey Knaͤblein oder Maͤgdlein; denen erſten ſchneidet man ein wenig von der Vorhaut abe/ denen letzteren aber von dem/ was bey den Anatomiſten oder Zergliederungs-Kunſt Verſtaͤndigen die Venus-Burg genennet wird. Uberdem ſchneidet man auch unterſchiedliche mahl den Knaͤblein uͤber den Leib/ wiewol denen Maͤgdlein noch mehr als jenen/ doch ſo daß hiebey ein jeder ſeinen frey- en Willen hat; denn ob es zwar leicht zu gedencken/ daß dergleichen Zerfleiſchungen dieſen unſchuldigen Geſchoͤpfen groſſe Schmertzen verurſachen/ findet ſich dennoch keiner der es darum nachlieſſe/ weil es vor eine groſſe Zierde gehalten wird. So bald nun das Kind 7. Tage alt iſt/ ſtellen deſſen Eltern ein groſſes Mahl an/ um ihren Anverwandten die groſſe Freude zu bezeugen/ weil ſie davor halten daß alsdenn das groſſe Ungluͤck ſchon uͤberſtanden/ laſſen auch/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/594
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/594>, abgerufen am 25.11.2024.