Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

des Landes Gvinea.
der ihm insonderheit zuwider war/ gebunden vor sich
legen/ und nachdem er ihm den Leib durch ein glüen-
des Eysen hin und wieder öffnen lassen/ finge er das
hervorquellende Blut in einem Gefässe auf/ davon er
die Helffte einsoffe/ das Ubrige seinem Abgott opfferte-
Also ginge dieser Blut-dürstige mit seinem Uberwun-
denen grausahmlich um/ und ist selbiges so viel weni-
ger zu bewundern/ weil in Ermangelung solcher Fein-
de/ seine eigene Leute ihm an Statt solcher Schlacht-
Opffer dienen müsten/ daß er seine Blut-Dürstigkeit
stillen könnte. Als selbiger im Jahr 1692. zum zwey-
ten mahl mit denen von Ante angebunden/ besuchte
ich ihn in seinem Lager hinter Chama, da er mich sehr
höfflich nach Landes Art aufnahm; währender Zeit
aber meines Daseyns bekam er neue Gelegenheit sei-
ne Grausamkeit sehen zu lassen/ denn als ein Mohr an
dem Halse einer von seinen Frauen eine neue Art Co-
rallen erblickte/ nahme er sie in die Hand/ doch ohne vom
Halse abzulösen/ welches auch die Frau/ nichts Böses
daraus urtheilende/ gerne gestattete/ in Ansehung die
Mohren ihren Frauen grosse Freyheit zu lassen mit
andern sich gemein zu machen/ ja selbst mit ihren eige-
nen Sclaven/ sofern selbige nicht ausser der Ehrbar-
keit weichen. Der Anqva aber nahm es sehr übel auf/
und kaum hatte ich meinen Abschied genommen/ so
musten diese unschuldige zwey Menschen sterben/ und
sich auf vor geschriebene Art ihr Blut aussaugen las-
sen. Kurtz zuvor hat er einer von seinen Frauen die
Hände abhauen lassen/ geringer Ursach halber/ und
um ihr so viel mehr Verdruß zu machen/ brauchte er sie
die Flöhe zufangen/ worüber er die gute Frau wenn
sie mit den gestümmelten Händen solches nicht verrich-

ten
C

des Landes Gvinea.
der ihm inſonderheit zuwider war/ gebunden vor ſich
legen/ und nachdem er ihm den Leib durch ein gluͤen-
des Eyſen hin und wieder oͤffnen laſſen/ finge er das
hervorquellende Blut in einem Gefaͤſſe auf/ davon er
die Helffte einſoffe/ das Ubrige ſeinem Abgott opfferte-
Alſo ginge dieſer Blut-duͤrſtige mit ſeinem Uberwun-
denen grauſahmlich um/ und iſt ſelbiges ſo viel weni-
ger zu bewundern/ weil in Ermangelung ſolcher Fein-
de/ ſeine eigene Leute ihm an Statt ſolcher Schlacht-
Opffer dienen muͤſten/ daß er ſeine Blut-Duͤrſtigkeit
ſtillen koͤnnte. Als ſelbiger im Jahr 1692. zum zwey-
ten mahl mit denen von Ante angebunden/ beſuchte
ich ihn in ſeinem Lager hinter Chama, da er mich ſehr
hoͤfflich nach Landes Art aufnahm; waͤhrender Zeit
aber meines Daſeyns bekam er neue Gelegenheit ſei-
ne Grauſamkeit ſehen zu laſſen/ denn als ein Mohr an
dem Halſe einer von ſeinen Frauen eine neue Art Co-
rallen erblickte/ nahme er ſie in die Hand/ doch ohne vom
Halſe abzuloͤſen/ welches auch die Frau/ nichts Boͤſes
daraus urtheilende/ gerne geſtattete/ in Anſehung die
Mohren ihren Frauen groſſe Freyheit zu laſſen mit
andern ſich gemein zu machen/ ja ſelbſt mit ihren eige-
nen Sclaven/ ſofern ſelbige nicht auſſer der Ehrbar-
keit weichen. Der Anqva aber nahm es ſehr uͤbel auf/
und kaum hatte ich meinen Abſchied genommen/ ſo
muſten dieſe unſchuldige zwey Menſchen ſterben/ und
ſich auf vor geſchriebene Art ihr Blut ausſaugen laſ-
ſen. Kurtz zuvor hat er einer von ſeinen Frauen die
Haͤnde abhauen laſſen/ geringer Urſach halber/ und
um ihr ſo viel mehr Verdruß zu machen/ brauchte er ſie
die Floͤhe zufangen/ woruͤber er die gute Frau wenn
ſie mit den geſtuͤmmelten Haͤnden ſolches nicht verrich-

ten
C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Landes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gvinea.</hi></hi></hi></fw><lb/>
der ihm in&#x017F;onderheit zuwider war/ gebunden vor &#x017F;ich<lb/>
legen/ und nachdem er ihm den Leib durch ein glu&#x0364;en-<lb/>
des Ey&#x017F;en hin und wieder o&#x0364;ffnen la&#x017F;&#x017F;en/ finge er das<lb/>
hervorquellende Blut in einem Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e auf/ davon er<lb/>
die Helffte ein&#x017F;offe/ das Ubrige &#x017F;einem Abgott opfferte-<lb/>
Al&#x017F;o ginge die&#x017F;er Blut-du&#x0364;r&#x017F;tige mit &#x017F;einem Uberwun-<lb/>
denen grau&#x017F;ahmlich um/ und i&#x017F;t &#x017F;elbiges &#x017F;o viel weni-<lb/>
ger zu bewundern/ weil in Ermangelung &#x017F;olcher Fein-<lb/>
de/ &#x017F;eine eigene Leute ihm an Statt &#x017F;olcher Schlacht-<lb/>
Opffer dienen mu&#x0364;&#x017F;ten/ daß er &#x017F;eine Blut-Du&#x0364;r&#x017F;tigkeit<lb/>
&#x017F;tillen ko&#x0364;nnte. Als &#x017F;elbiger im Jahr 1692. zum zwey-<lb/>
ten mahl mit denen von <hi rendition="#aq">Ante</hi> angebunden/ be&#x017F;uchte<lb/>
ich ihn in &#x017F;einem Lager hinter <hi rendition="#aq">Chama,</hi> da er mich &#x017F;ehr<lb/>
ho&#x0364;fflich nach Landes Art aufnahm; wa&#x0364;hrender Zeit<lb/>
aber meines Da&#x017F;eyns bekam er neue Gelegenheit &#x017F;ei-<lb/>
ne Grau&#x017F;amkeit &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en/ denn als ein Mohr an<lb/>
dem Hal&#x017F;e einer von &#x017F;einen Frauen eine neue Art Co-<lb/>
rallen erblickte/ nahme er &#x017F;ie in die Hand/ doch ohne vom<lb/>
Hal&#x017F;e abzulo&#x0364;&#x017F;en/ welches auch die Frau/ nichts Bo&#x0364;&#x017F;es<lb/>
daraus urtheilende/ gerne ge&#x017F;tattete/ in An&#x017F;ehung die<lb/>
Mohren ihren Frauen gro&#x017F;&#x017F;e Freyheit zu la&#x017F;&#x017F;en mit<lb/>
andern &#x017F;ich gemein zu machen/ ja &#x017F;elb&#x017F;t mit ihren eige-<lb/>
nen Sclaven/ &#x017F;ofern &#x017F;elbige nicht au&#x017F;&#x017F;er der Ehrbar-<lb/>
keit weichen. Der <hi rendition="#aq">Anqva</hi> aber nahm es &#x017F;ehr u&#x0364;bel auf/<lb/>
und kaum hatte ich meinen Ab&#x017F;chied genommen/ &#x017F;o<lb/>
mu&#x017F;ten die&#x017F;e un&#x017F;chuldige zwey Men&#x017F;chen &#x017F;terben/ und<lb/>
&#x017F;ich auf vor ge&#x017F;chriebene Art ihr Blut aus&#x017F;augen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Kurtz zuvor hat er einer von &#x017F;einen Frauen die<lb/>
Ha&#x0364;nde abhauen la&#x017F;&#x017F;en/ geringer Ur&#x017F;ach halber/ und<lb/>
um ihr &#x017F;o viel mehr Verdruß zu machen/ brauchte er &#x017F;ie<lb/>
die Flo&#x0364;he zufangen/ woru&#x0364;ber er die gute Frau wenn<lb/>
&#x017F;ie mit den ge&#x017F;tu&#x0364;mmelten Ha&#x0364;nden &#x017F;olches nicht verrich-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C</fw><fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0053] des Landes Gvinea. der ihm inſonderheit zuwider war/ gebunden vor ſich legen/ und nachdem er ihm den Leib durch ein gluͤen- des Eyſen hin und wieder oͤffnen laſſen/ finge er das hervorquellende Blut in einem Gefaͤſſe auf/ davon er die Helffte einſoffe/ das Ubrige ſeinem Abgott opfferte- Alſo ginge dieſer Blut-duͤrſtige mit ſeinem Uberwun- denen grauſahmlich um/ und iſt ſelbiges ſo viel weni- ger zu bewundern/ weil in Ermangelung ſolcher Fein- de/ ſeine eigene Leute ihm an Statt ſolcher Schlacht- Opffer dienen muͤſten/ daß er ſeine Blut-Duͤrſtigkeit ſtillen koͤnnte. Als ſelbiger im Jahr 1692. zum zwey- ten mahl mit denen von Ante angebunden/ beſuchte ich ihn in ſeinem Lager hinter Chama, da er mich ſehr hoͤfflich nach Landes Art aufnahm; waͤhrender Zeit aber meines Daſeyns bekam er neue Gelegenheit ſei- ne Grauſamkeit ſehen zu laſſen/ denn als ein Mohr an dem Halſe einer von ſeinen Frauen eine neue Art Co- rallen erblickte/ nahme er ſie in die Hand/ doch ohne vom Halſe abzuloͤſen/ welches auch die Frau/ nichts Boͤſes daraus urtheilende/ gerne geſtattete/ in Anſehung die Mohren ihren Frauen groſſe Freyheit zu laſſen mit andern ſich gemein zu machen/ ja ſelbſt mit ihren eige- nen Sclaven/ ſofern ſelbige nicht auſſer der Ehrbar- keit weichen. Der Anqva aber nahm es ſehr uͤbel auf/ und kaum hatte ich meinen Abſchied genommen/ ſo muſten dieſe unſchuldige zwey Menſchen ſterben/ und ſich auf vor geſchriebene Art ihr Blut ausſaugen laſ- ſen. Kurtz zuvor hat er einer von ſeinen Frauen die Haͤnde abhauen laſſen/ geringer Urſach halber/ und um ihr ſo viel mehr Verdruß zu machen/ brauchte er ſie die Floͤhe zufangen/ woruͤber er die gute Frau wenn ſie mit den geſtuͤmmelten Haͤnden ſolches nicht verrich- ten C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/53
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/53>, abgerufen am 28.11.2024.