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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
dachte Vice-Roy unverrichteter Sachen Abschied
nehmen muste/ zu eigenem sowol als derer Geistlichen
grossem Mißvergnügen/ welche ihn abgesand/ und
allbereit die Rechnung gemacht hatten.

Es ist gedachtes Schlangen-Haus nur zwey Mei-
len von des Königes Dorff entlegen/ und unter einem
Baum auf einer Höhe sehr schön gebauet. Allwo nach
ihrer Meynung der König aller Schlangen/ nicht
anders als der rechte Großvater sich aufhält/ in Grösse
eines Menschen Dicke und Länge.

Und muß die sehr alt seyn/ weil sie selbige vor langen
Jahren gefunden zu haben behaupten/ da sie nemlich
wegen Bosheit derer Menschen aus einem fremden
Lande zu ihnen gekommen/ und mit grossen Freuden
wäre aufgenommen worden/ so daß sie selbige mit der
grösten Ehr-Bezeigung in einer seidenen Decke nach
diesem Hause getragen/ und bis heutigen Tag aufbe-
halten hätten.

Vermuthlich muß diese Schlange eben dergleichen
Einfälle gehabt haben/ als vor diesem die Heydnischen
Gottheiten/ welche zuweilen um der Lufft Verände-
rung zu geniessen/ von einem Land zum andern herum-
reiseten/ so daß man selbige nachgehends anbinden
muste/ fals man sie behalten wolte. Zweiffels ohne
werden die unschuldige Leute/ welche die Schlange ver-
lassen/ nicht hieran gedacht/ sonsten würden sie deren
Flucht wol verhindert haben. Doch was halte ich mich
lange bey Muthmassungen auf/ da ich so viel würckliche
Sachen noch zu melden habe.

Es haben auch die Könige vor diesem die Gewohn-
heit gehabt alle Jahr eine Wallfahrt nach diesem
Schlangen-Hause zu thun/ und zwar mit grosser

Pracht

Beſchreibung
dachte Vice-Roy unverrichteter Sachen Abſchied
nehmen muſte/ zu eigenem ſowol als derer Geiſtlichen
groſſem Mißvergnuͤgen/ welche ihn abgeſand/ und
allbereit die Rechnung gemacht hatten.

Es iſt gedachtes Schlangen-Haus nur zwey Mei-
len von des Koͤniges Dorff entlegen/ und unter einem
Baum auf einer Hoͤhe ſehr ſchoͤn gebauet. Allwo nach
ihrer Meynung der Koͤnig aller Schlangen/ nicht
anders als der rechte Großvater ſich aufhaͤlt/ in Groͤſſe
eines Menſchen Dicke und Laͤnge.

Und muß die ſehr alt ſeyn/ weil ſie ſelbige vor langen
Jahren gefunden zu haben behaupten/ da ſie nemlich
wegen Bosheit derer Menſchen aus einem fremden
Lande zu ihnen gekommen/ und mit groſſen Freuden
waͤre aufgenommen worden/ ſo daß ſie ſelbige mit der
groͤſten Ehr-Bezeigung in einer ſeidenen Decke nach
dieſem Hauſe getragen/ und bis heutigen Tag aufbe-
halten haͤtten.

Vermuthlich muß dieſe Schlange eben dergleichen
Einfaͤlle gehabt haben/ als vor dieſem die Heydniſchen
Gottheiten/ welche zuweilen um der Lufft Veraͤnde-
rung zu genieſſen/ von einem Land zum andern herum-
reiſeten/ ſo daß man ſelbige nachgehends anbinden
muſte/ fals man ſie behalten wolte. Zweiffels ohne
werden die unſchuldige Leute/ welche die Schlange ver-
laſſen/ nicht hieran gedacht/ ſonſten wuͤrden ſie deren
Flucht wol verhindert haben. Doch was halte ich mich
lange bey Muthmaſſungen auf/ da ich ſo viel wuͤrckliche
Sachen noch zu melden habe.

Es haben auch die Koͤnige vor dieſem die Gewohn-
heit gehabt alle Jahr eine Wallfahrt nach dieſem
Schlangen-Hauſe zu thun/ und zwar mit groſſer

Pracht
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[448/0504] Beſchreibung dachte Vice-Roy unverrichteter Sachen Abſchied nehmen muſte/ zu eigenem ſowol als derer Geiſtlichen groſſem Mißvergnuͤgen/ welche ihn abgeſand/ und allbereit die Rechnung gemacht hatten. Es iſt gedachtes Schlangen-Haus nur zwey Mei- len von des Koͤniges Dorff entlegen/ und unter einem Baum auf einer Hoͤhe ſehr ſchoͤn gebauet. Allwo nach ihrer Meynung der Koͤnig aller Schlangen/ nicht anders als der rechte Großvater ſich aufhaͤlt/ in Groͤſſe eines Menſchen Dicke und Laͤnge. Und muß die ſehr alt ſeyn/ weil ſie ſelbige vor langen Jahren gefunden zu haben behaupten/ da ſie nemlich wegen Bosheit derer Menſchen aus einem fremden Lande zu ihnen gekommen/ und mit groſſen Freuden waͤre aufgenommen worden/ ſo daß ſie ſelbige mit der groͤſten Ehr-Bezeigung in einer ſeidenen Decke nach dieſem Hauſe getragen/ und bis heutigen Tag aufbe- halten haͤtten. Vermuthlich muß dieſe Schlange eben dergleichen Einfaͤlle gehabt haben/ als vor dieſem die Heydniſchen Gottheiten/ welche zuweilen um der Lufft Veraͤnde- rung zu genieſſen/ von einem Land zum andern herum- reiſeten/ ſo daß man ſelbige nachgehends anbinden muſte/ fals man ſie behalten wolte. Zweiffels ohne werden die unſchuldige Leute/ welche die Schlange ver- laſſen/ nicht hieran gedacht/ ſonſten wuͤrden ſie deren Flucht wol verhindert haben. Doch was halte ich mich lange bey Muthmaſſungen auf/ da ich ſo viel wuͤrckliche Sachen noch zu melden habe. Es haben auch die Koͤnige vor dieſem die Gewohn- heit gehabt alle Jahr eine Wallfahrt nach dieſem Schlangen-Hauſe zu thun/ und zwar mit groſſer Pracht

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/504>, abgerufen am 24.11.2024.