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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
sehung dieses Landes; denn in Gegenhaltung derer
Orientalischen oder andrer Könige er doch nur vor
einen Bettler zu halten. Allein es gehet hier wie über-
all/ einjeder nimmet was er kriegen kan/ so daß es schei-
net/ es ziehen diejenige das beste Fett von ihren Ehren-
ämtern die sie besitzen/ ohne daß dieser der sie vergiebet
vielen Nutzen davon hat.

Ohngeachtet dieser mercklichen Einkünffte/ hat der
König nimmer genung/ in Ansehung er nicht nur täg-
lich grosse Ausgaben thun muß/ um Popo herunter
zu bringen/ oder auch das Land Offra ihm unterthänig
zu machen/ sondern auch seine Hoffhaltung führen/
täglich denen Götzen reichlich opfern/ und mehr als
4000. Personen mit allen Nothwendigkeiten verse-
hen muß/ überdem auch seine Unterthanen ohngeach-
tet er sie vor seine Sclaven hält/ reichlich belohnen muß
wenn er ihrer nöthig hat.

Die vornehmsten Bedienten des Hofes kommen
täglich bey ihm zum Essen/ wenigstens in seiner Ge-
genwart/ denn ihn selbst hat kein Mensch die Freyheit
speisen zu sehen/ als seine Weiber. Jch glaube sol-
ches daher zu rühren/ daß man dem gemeinen Mann
einbilden wollen/ Könige seyn etwas mehrers als Men-
schen/ folglich als Götter zu ehren und zu fürchten/ wel-
che keines Essens noch Trinckens nöthig hätten; wiewol
der König öffentlich trincket in Beyseyn aller Men-
schen. Eben darum muß auch kein Mensch wissen
wo der König schläfft/ denn als ich einsten seinen Lieb-
ling den Hn. Karter fragte wo der König diese Nacht
schlaffen würde? hörte ich an statt der Antwort eine an-
dre Frage/ wo denn Gott schlieffe? mit dem Zusatz/ daß
man eben so wenig wissen könte wo der König schlaffen
würde.

Hie-
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des Landes Gvinea.
ſehung dieſes Landes; denn in Gegenhaltung derer
Orientaliſchen oder andrer Koͤnige er doch nur vor
einen Bettler zu halten. Allein es gehet hier wie uͤber-
all/ einjeder nimmet was er kriegen kan/ ſo daß es ſchei-
net/ es ziehen diejenige das beſte Fett von ihren Ehren-
aͤmtern die ſie beſitzen/ ohne daß dieſer der ſie vergiebet
vielen Nutzen davon hat.

Ohngeachtet dieſer mercklichen Einkuͤnffte/ hat der
Koͤnig nimmer genung/ in Anſehung er nicht nur taͤg-
lich groſſe Ausgaben thun muß/ um Popo herunter
zu bringen/ oder auch das Land Offra ihm unterthaͤnig
zu machen/ ſondern auch ſeine Hoffhaltung fuͤhren/
taͤglich denen Goͤtzen reichlich opfern/ und mehr als
4000. Perſonen mit allen Nothwendigkeiten verſe-
hen muß/ uͤberdem auch ſeine Unterthanen ohngeach-
tet er ſie vor ſeine Sclaven haͤlt/ reichlich belohnen muß
wenn er ihrer noͤthig hat.

Die vornehmſten Bedienten des Hofes kommen
taͤglich bey ihm zum Eſſen/ wenigſtens in ſeiner Ge-
genwart/ denn ihn ſelbſt hat kein Menſch die Freyheit
ſpeiſen zu ſehen/ als ſeine Weiber. Jch glaube ſol-
ches daher zu ruͤhren/ daß man dem gemeinen Mann
einbilden wollen/ Koͤnige ſeyn etwas mehrers als Men-
ſchen/ folglich als Goͤtter zu ehren und zu fuͤrchten/ wel-
che keines Eſſens noch Trinckens noͤthig haͤtten; wiewol
der Koͤnig oͤffentlich trincket in Beyſeyn aller Men-
ſchen. Eben darum muß auch kein Menſch wiſſen
wo der Koͤnig ſchlaͤfft/ denn als ich einſten ſeinen Lieb-
ling den Hn. Karter fragte wo der Koͤnig dieſe Nacht
ſchlaffen wuͤrde? hoͤrte ich an ſtatt der Antwort eine an-
dre Frage/ wo denn Gott ſchlieffe? mit dem Zuſatz/ daß
man eben ſo wenig wiſſen koͤnte wo der Koͤnig ſchlaffen
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[433/0489] des Landes Gvinea. ſehung dieſes Landes; denn in Gegenhaltung derer Orientaliſchen oder andrer Koͤnige er doch nur vor einen Bettler zu halten. Allein es gehet hier wie uͤber- all/ einjeder nimmet was er kriegen kan/ ſo daß es ſchei- net/ es ziehen diejenige das beſte Fett von ihren Ehren- aͤmtern die ſie beſitzen/ ohne daß dieſer der ſie vergiebet vielen Nutzen davon hat. Ohngeachtet dieſer mercklichen Einkuͤnffte/ hat der Koͤnig nimmer genung/ in Anſehung er nicht nur taͤg- lich groſſe Ausgaben thun muß/ um Popo herunter zu bringen/ oder auch das Land Offra ihm unterthaͤnig zu machen/ ſondern auch ſeine Hoffhaltung fuͤhren/ taͤglich denen Goͤtzen reichlich opfern/ und mehr als 4000. Perſonen mit allen Nothwendigkeiten verſe- hen muß/ uͤberdem auch ſeine Unterthanen ohngeach- tet er ſie vor ſeine Sclaven haͤlt/ reichlich belohnen muß wenn er ihrer noͤthig hat. Die vornehmſten Bedienten des Hofes kommen taͤglich bey ihm zum Eſſen/ wenigſtens in ſeiner Ge- genwart/ denn ihn ſelbſt hat kein Menſch die Freyheit ſpeiſen zu ſehen/ als ſeine Weiber. Jch glaube ſol- ches daher zu ruͤhren/ daß man dem gemeinen Mann einbilden wollen/ Koͤnige ſeyn etwas mehrers als Men- ſchen/ folglich als Goͤtter zu ehren und zu fuͤrchten/ wel- che keines Eſſens noch Trinckens noͤthig haͤtten; wiewol der Koͤnig oͤffentlich trincket in Beyſeyn aller Men- ſchen. Eben darum muß auch kein Menſch wiſſen wo der Koͤnig ſchlaͤfft/ denn als ich einſten ſeinen Lieb- ling den Hn. Karter fragte wo der Koͤnig dieſe Nacht ſchlaffen wuͤrde? hoͤrte ich an ſtatt der Antwort eine an- dre Frage/ wo denn Gott ſchlieffe? mit dem Zuſatz/ daß man eben ſo wenig wiſſen koͤnte wo der Koͤnig ſchlaffen wuͤrde. Hie- E e

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/489>, abgerufen am 25.11.2024.