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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
welchen einem nach ausgestandener vielfältigen Mar-
ter der Kopff von einem 6. jährigen Kinde abgeschla-
gen wurde/ da schier eine Stunde zu Ende lieff/ ehe
da das Kind zu Führung des Säbels viel zu unver-
mögend solche Execution vollbringen konte.

Doch sind dergleichen unmenschliche Opffer nur
unter den Mohren gebräuchlich/ welche ziemlich weit
von unsern Vestungen entlegen/ und unter unsern
Gehorsam keines Weges stehen/ nicht aber unter diesen
über welche wir zu befehlen haben/ und denen wir es ver
bieten können/ wiewol an andern Örtern sie solches
heimlich thun können.

Auff ihre Grabstätte stellen sie ein kleines Häus-
lein oder Hütte/ oder auch besser ein kleines Gärtlein
mit Rosenstrauch umzäunet/ da sie einige schlechte Sa-
chen dem Verstorbenen vormahls zugehörig/ hinein-
werffen/ nicht aber wie einige Autores behaupten wol-
len/ dessen köstliche Juwelen oder andre schätzbahre
Sachen; zumahlen dieses gantz nicht mehr gebräuch-
lich ist/ ja auch selbst so viel ich erfahren können/ nicht
glauben kan daß sie es jemahls im Gebrauch gehabt
haben/ zu Axim und anderswo setzet man über das
Grab unterschiedliche trrdene Bilder/ welche das Jahr
darauf nach Absterben des Beerdigten gereiniget
werden: alsdenn sie von neuem die Leichen Ceremo-
nien eben so prächtig und köstlich wiederholen/ wie zu
Zeit der Beerdigung geschehen.

Dannenhero mögen die Mohren so gerne begraben
seyn in ihrem Vaterlande/ oder ihrer Geburts-Stadt/
so daß wenn jemand in der Fremde zum sterben kommt/
nichts ungewöhnliches ist/ wenn der Cörper von dan-
nen abgeholet und nach seiner Geburts-Stadt zur

Be-
S

des Landes Gvinea.
welchen einem nach ausgeſtandener vielfaͤltigen Mar-
ter der Kopff von einem 6. jaͤhrigen Kinde abgeſchla-
gen wurde/ da ſchier eine Stunde zu Ende lieff/ ehe
da das Kind zu Fuͤhrung des Saͤbels viel zu unver-
moͤgend ſolche Execution vollbringen konte.

Doch ſind dergleichen unmenſchliche Opffer nur
unter den Mohren gebraͤuchlich/ welche ziemlich weit
von unſern Veſtungen entlegen/ und unter unſern
Gehorſam keines Weges ſtehen/ nicht aber unter dieſen
uͤber welche wir zu befehlen haben/ uñ denen wir es ver
bieten koͤnnen/ wiewol an andern Oͤrtern ſie ſolches
heimlich thun koͤnnen.

Auff ihre Grabſtaͤtte ſtellen ſie ein kleines Haͤus-
lein oder Huͤtte/ oder auch beſſer ein kleines Gaͤrtlein
mit Roſenſtrauch umzaͤunet/ da ſie einige ſchlechte Sa-
chen dem Verſtorbenen vormahls zugehoͤrig/ hinein-
werffen/ nicht aber wie einige Autores behaupten wol-
len/ deſſen koͤſtliche Juwelen oder andre ſchaͤtzbahre
Sachen; zumahlen dieſes gantz nicht mehr gebraͤuch-
lich iſt/ ja auch ſelbſt ſo viel ich erfahren koͤnnen/ nicht
glauben kan daß ſie es jemahls im Gebrauch gehabt
haben/ zu Axim und anderswo ſetzet man uͤber das
Grab unterſchiedliche trrdene Bilder/ welche das Jahr
darauf nach Abſterben des Beerdigten gereiniget
werden: alsdenn ſie von neuem die Leichen Ceremo-
nien eben ſo praͤchtig und koͤſtlich wiederholen/ wie zu
Zeit der Beerdigung geſchehen.

Dannenhero moͤgen die Mohren ſo gerne begraben
ſeyn in ihrem Vaterlande/ oder ihrer Geburts-Stadt/
ſo daß wenn jemand in der Fremde zum ſterben kommt/
nichts ungewoͤhnliches iſt/ wenn der Coͤrper von dan-
nen abgeholet und nach ſeiner Geburts-Stadt zur

Be-
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[273/0317] des Landes Gvinea. welchen einem nach ausgeſtandener vielfaͤltigen Mar- ter der Kopff von einem 6. jaͤhrigen Kinde abgeſchla- gen wurde/ da ſchier eine Stunde zu Ende lieff/ ehe da das Kind zu Fuͤhrung des Saͤbels viel zu unver- moͤgend ſolche Execution vollbringen konte. Doch ſind dergleichen unmenſchliche Opffer nur unter den Mohren gebraͤuchlich/ welche ziemlich weit von unſern Veſtungen entlegen/ und unter unſern Gehorſam keines Weges ſtehen/ nicht aber unter dieſen uͤber welche wir zu befehlen haben/ uñ denen wir es ver bieten koͤnnen/ wiewol an andern Oͤrtern ſie ſolches heimlich thun koͤnnen. Auff ihre Grabſtaͤtte ſtellen ſie ein kleines Haͤus- lein oder Huͤtte/ oder auch beſſer ein kleines Gaͤrtlein mit Roſenſtrauch umzaͤunet/ da ſie einige ſchlechte Sa- chen dem Verſtorbenen vormahls zugehoͤrig/ hinein- werffen/ nicht aber wie einige Autores behaupten wol- len/ deſſen koͤſtliche Juwelen oder andre ſchaͤtzbahre Sachen; zumahlen dieſes gantz nicht mehr gebraͤuch- lich iſt/ ja auch ſelbſt ſo viel ich erfahren koͤnnen/ nicht glauben kan daß ſie es jemahls im Gebrauch gehabt haben/ zu Axim und anderswo ſetzet man uͤber das Grab unterſchiedliche trrdene Bilder/ welche das Jahr darauf nach Abſterben des Beerdigten gereiniget werden: alsdenn ſie von neuem die Leichen Ceremo- nien eben ſo praͤchtig und koͤſtlich wiederholen/ wie zu Zeit der Beerdigung geſchehen. Dannenhero moͤgen die Mohren ſo gerne begraben ſeyn in ihrem Vaterlande/ oder ihrer Geburts-Stadt/ ſo daß wenn jemand in der Fremde zum ſterben kommt/ nichts ungewoͤhnliches iſt/ wenn der Coͤrper von dan- nen abgeholet und nach ſeiner Geburts-Stadt zur Be- S

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/317>, abgerufen am 24.11.2024.