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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
viel nehmen als sie selbst wollen/ und ihr Vermögen
es zulässet; gleichwol haben sie selten mehr als zwantzig/
sondern vergnügen sich mit 4. oder 5. zum höchsten
zehen/ jedoch sind einige die was sonderlichs vor andern
seyn wollen/ welche zwantzig brauchen. Die meisten
nun von diesen müssen vor ihre Männer Milhio Jam-
mes,
oder andre Sachen pflantzen/ imgleichen wenn
sie nach Hause kommen den Tisch bereit halten/ damit
sie alsobald an das Essen gehen können/ wiewol diese
gute Frauens-Leute sehr glücklich sind/ daß jene nem-
lich die Männer mit sehr wenigem sich abspeisen las-
sen. Die Männer hergegen verderben ihre Zeit mit
Palmenwein zu sauffen/ so die Frauens zum öfftern
sauer genung verdienen müssen. Geringere aber als
Fischer und Bauersleute welche den Wein bearbei-
ten/ und mit ihren Weibern gleiche Haus und Nah-
rungs-Sorge tragen/ der eine mit Fisch-fangen/ der
andre mit Arbeits-Lohn/ vor daß er sich zum rudern
verdungen/ der dritte mit Palmenwein verkauffen/
sind die geruhigste und glückseligste Leute/ so mit ihren
Sachen am besten zurecht kommen.

Andre hergegen etwas vermögende und vor andern
sich hervor thuende halten zwey Frauen welche keine
Arbeit thun dörffen/ deren erstere/ als älteste und vor-
nehmste heisset die grosse Frau/ welcher sowol die Haus-
Sorge oblieget/ als die Herrschafft über alle andre
zustehet. Die zweyte ist dem Götzen gewidmet/ und
von diesen Bossum genennet/ dahero sie auch sehr an-
gesehen/ auch erschrecklich geeyfert wird/ dafern die-
selbige ein fremder in Unzucht erkennen solte/ derge-
stalt/ daß wenn es in ihrer Macht stünde/ sich an dem
Verbrecher so empfindlich rächen würden/ daß er es

das
Q

des Landes Gvinea.
viel nehmen als ſie ſelbſt wollen/ und ihr Vermoͤgen
es zulaͤſſet; gleichwol haben ſie ſelten mehr als zwantzig/
ſondern vergnuͤgen ſich mit 4. oder 5. zum hoͤchſten
zehen/ jedoch ſind einige die was ſonderlichs vor andern
ſeyn wollen/ welche zwantzig brauchen. Die meiſten
nun von dieſen muͤſſen vor ihre Maͤnner Milhio Jam-
mes,
oder andre Sachen pflantzen/ imgleichen wenn
ſie nach Hauſe kommen den Tiſch bereit halten/ damit
ſie alſobald an das Eſſen gehen koͤnnen/ wiewol dieſe
gute Frauens-Leute ſehr gluͤcklich ſind/ daß jene nem-
lich die Maͤnner mit ſehr wenigem ſich abſpeiſen laſ-
ſen. Die Maͤnner hergegen verderben ihre Zeit mit
Palmenwein zu ſauffen/ ſo die Frauens zum oͤfftern
ſauer genung verdienen muͤſſen. Geringere aber als
Fiſcher und Bauersleute welche den Wein bearbei-
ten/ und mit ihren Weibern gleiche Haus und Nah-
rungs-Sorge tragen/ der eine mit Fiſch-fangen/ der
andre mit Arbeits-Lohn/ vor daß er ſich zum rudern
verdungen/ der dritte mit Palmenwein verkauffen/
ſind die geruhigſte und gluͤckſeligſte Leute/ ſo mit ihren
Sachen am beſten zurecht kommen.

Andre hergegen etwas vermoͤgende und vor andern
ſich hervor thuende halten zwey Frauen welche keine
Arbeit thun doͤrffen/ deren erſtere/ als aͤlteſte und vor-
nehmſte heiſſet die groſſe Frau/ welcher ſowol die Haus-
Sorge oblieget/ als die Herrſchafft uͤber alle andre
zuſtehet. Die zweyte iſt dem Goͤtzen gewidmet/ und
von dieſen Boſſum genennet/ dahero ſie auch ſehr an-
geſehen/ auch erſchrecklich geeyfert wird/ dafern die-
ſelbige ein fremder in Unzucht erkennen ſolte/ derge-
ſtalt/ daß wenn es in ihrer Macht ſtuͤnde/ ſich an dem
Verbrecher ſo empfindlich raͤchen wuͤrden/ daß er es

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[241/0285] des Landes Gvinea. viel nehmen als ſie ſelbſt wollen/ und ihr Vermoͤgen es zulaͤſſet; gleichwol haben ſie ſelten mehr als zwantzig/ ſondern vergnuͤgen ſich mit 4. oder 5. zum hoͤchſten zehen/ jedoch ſind einige die was ſonderlichs vor andern ſeyn wollen/ welche zwantzig brauchen. Die meiſten nun von dieſen muͤſſen vor ihre Maͤnner Milhio Jam- mes, oder andre Sachen pflantzen/ imgleichen wenn ſie nach Hauſe kommen den Tiſch bereit halten/ damit ſie alſobald an das Eſſen gehen koͤnnen/ wiewol dieſe gute Frauens-Leute ſehr gluͤcklich ſind/ daß jene nem- lich die Maͤnner mit ſehr wenigem ſich abſpeiſen laſ- ſen. Die Maͤnner hergegen verderben ihre Zeit mit Palmenwein zu ſauffen/ ſo die Frauens zum oͤfftern ſauer genung verdienen muͤſſen. Geringere aber als Fiſcher und Bauersleute welche den Wein bearbei- ten/ und mit ihren Weibern gleiche Haus und Nah- rungs-Sorge tragen/ der eine mit Fiſch-fangen/ der andre mit Arbeits-Lohn/ vor daß er ſich zum rudern verdungen/ der dritte mit Palmenwein verkauffen/ ſind die geruhigſte und gluͤckſeligſte Leute/ ſo mit ihren Sachen am beſten zurecht kommen. Andre hergegen etwas vermoͤgende und vor andern ſich hervor thuende halten zwey Frauen welche keine Arbeit thun doͤrffen/ deren erſtere/ als aͤlteſte und vor- nehmſte heiſſet die groſſe Frau/ welcher ſowol die Haus- Sorge oblieget/ als die Herrſchafft uͤber alle andre zuſtehet. Die zweyte iſt dem Goͤtzen gewidmet/ und von dieſen Boſſum genennet/ dahero ſie auch ſehr an- geſehen/ auch erſchrecklich geeyfert wird/ dafern die- ſelbige ein fremder in Unzucht erkennen ſolte/ derge- ſtalt/ daß wenn es in ihrer Macht ſtuͤnde/ ſich an dem Verbrecher ſo empfindlich raͤchen wuͤrden/ daß er es das Q

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/285>, abgerufen am 26.11.2024.