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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
Mohren/ und sind mit Öhle/ Brodt und stinckendem
Fisch/ nebst einen Trunck Wasser gleich jenen zufrie-
den. Des Morgends trincken sie etwas Brandtwein
sofern sie ihn haben/ des Nachmittags Palmenwein/
und leben mit einem Wort nicht ein Haar besser als der
geringste unter ihren Unterthanen.

Wenn des Nachmittags der Palmenwein herbey
gebracht/ gehen sie allesamt nebst ihren Sclaven als
Brüder und Mitgesellen auf den Marckt zu trincken/
setzen sich einjeder auf seinen Stuhl und machen eine
Sauff-Compagnie, da sie wichtig herumtrincken.
So bald sie nun beginnen truncken zu werden/ und der
erste Durst gelöschet ist/ trincken sie auf Caboceers
Art/ welches so viel heisset: Die Calabassen oder ihre
Trinck geschirr halten ein Pintchen, ein Maaß oder
auch bisweilen zwey Maaß/ diese lassen sie entweder
gantz oder halb voll schencken/ setzen dieselbe an/ und
lassen mehr als zwey Drittheil längst den Bart vor-
bey lauffen/ so daß der Wein auf der Erde schwimmet/
welches vor ein Zeichen einer grossen Pracht bey ih-
nen gehalten wird. Zwar wissen die Europäer die-
ses Künstgen auch wol/ wenn sie wollen; alleine man
würde bald zu kurtz kommen/ wenn man lauter Rhein-
oder Frantzwein darzu brauchen wolte/ an statt daß
man vor zwey oder drey Gülden viel Palmenwein
vergiessen kan. Bey dieser ihrer Versammlung
schwätzen sie wie die Elstern/ und höret man nichts als
ungeheuers Geschrey unter ihnen. Doch müsset ihr
ja nicht dencken/ als wenn hierunter auch ernstliche
Sachen mit unterlieffen/ nein im geringsten nicht/ son-
dern lauter garstige und unzüchtige Reden die sie
führen/ auch ohngeachtet das Weibesvolck hiezu-

kommt
P 4

des Landes Gvinea.
Mohren/ und ſind mit Oͤhle/ Brodt und ſtinckendem
Fiſch/ nebſt einen Trunck Waſſer gleich jenen zufrie-
den. Des Morgends trincken ſie etwas Brandtwein
ſofern ſie ihn haben/ des Nachmittags Palmenwein/
und leben mit einem Wort nicht ein Haar beſſer als der
geringſte unter ihren Unterthanen.

Wenn des Nachmittags der Palmenwein herbey
gebracht/ gehen ſie alleſamt nebſt ihren Sclaven als
Bruͤder und Mitgeſellen auf den Marckt zu trincken/
ſetzen ſich einjeder auf ſeinen Stuhl und machen eine
Sauff-Compagnie, da ſie wichtig herumtrincken.
So bald ſie nun beginnen truncken zu werden/ und der
erſte Durſt geloͤſchet iſt/ trincken ſie auf Caboceers
Art/ welches ſo viel heiſſet: Die Calabaſſen oder ihre
Trinck geſchirr halten ein Pintchen, ein Maaß oder
auch bisweilen zwey Maaß/ dieſe laſſen ſie entweder
gantz oder halb voll ſchencken/ ſetzen dieſelbe an/ und
laſſen mehr als zwey Drittheil laͤngſt den Bart vor-
bey lauffen/ ſo daß der Wein auf der Erde ſchwimmet/
welches vor ein Zeichen einer groſſen Pracht bey ih-
nen gehalten wird. Zwar wiſſen die Europaͤer die-
ſes Kuͤnſtgen auch wol/ wenn ſie wollen; alleine man
wuͤrde bald zu kurtz kommen/ wenn man lauter Rhein-
oder Frantzwein darzu brauchen wolte/ an ſtatt daß
man vor zwey oder drey Guͤlden viel Palmenwein
vergieſſen kan. Bey dieſer ihrer Verſammlung
ſchwaͤtzen ſie wie die Elſtern/ und hoͤret man nichts als
ungeheuers Geſchrey unter ihnen. Doch muͤſſet ihr
ja nicht dencken/ als wenn hierunter auch ernſtliche
Sachen mit unterlieffen/ nein im geringſten nicht/ ſon-
dern lauter garſtige und unzuͤchtige Reden die ſie
fuͤhren/ auch ohngeachtet das Weibesvolck hiezu-

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[231/0275] des Landes Gvinea. Mohren/ und ſind mit Oͤhle/ Brodt und ſtinckendem Fiſch/ nebſt einen Trunck Waſſer gleich jenen zufrie- den. Des Morgends trincken ſie etwas Brandtwein ſofern ſie ihn haben/ des Nachmittags Palmenwein/ und leben mit einem Wort nicht ein Haar beſſer als der geringſte unter ihren Unterthanen. Wenn des Nachmittags der Palmenwein herbey gebracht/ gehen ſie alleſamt nebſt ihren Sclaven als Bruͤder und Mitgeſellen auf den Marckt zu trincken/ ſetzen ſich einjeder auf ſeinen Stuhl und machen eine Sauff-Compagnie, da ſie wichtig herumtrincken. So bald ſie nun beginnen truncken zu werden/ und der erſte Durſt geloͤſchet iſt/ trincken ſie auf Caboceers Art/ welches ſo viel heiſſet: Die Calabaſſen oder ihre Trinck geſchirr halten ein Pintchen, ein Maaß oder auch bisweilen zwey Maaß/ dieſe laſſen ſie entweder gantz oder halb voll ſchencken/ ſetzen dieſelbe an/ und laſſen mehr als zwey Drittheil laͤngſt den Bart vor- bey lauffen/ ſo daß der Wein auf der Erde ſchwimmet/ welches vor ein Zeichen einer groſſen Pracht bey ih- nen gehalten wird. Zwar wiſſen die Europaͤer die- ſes Kuͤnſtgen auch wol/ wenn ſie wollen; alleine man wuͤrde bald zu kurtz kommen/ wenn man lauter Rhein- oder Frantzwein darzu brauchen wolte/ an ſtatt daß man vor zwey oder drey Guͤlden viel Palmenwein vergieſſen kan. Bey dieſer ihrer Verſammlung ſchwaͤtzen ſie wie die Elſtern/ und hoͤret man nichts als ungeheuers Geſchrey unter ihnen. Doch muͤſſet ihr ja nicht dencken/ als wenn hierunter auch ernſtliche Sachen mit unterlieffen/ nein im geringſten nicht/ ſon- dern lauter garſtige und unzuͤchtige Reden die ſie fuͤhren/ auch ohngeachtet das Weibesvolck hiezu- kommt P 4

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/275>, abgerufen am 25.11.2024.