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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
kommen/ auch nicht anders als Capitains oder Ge-
nerals
genennet worden/ mit dem Unterscheid/ daß der
eine über ein gantzes Land/ der andre über ein blosses
Dorff herrschen muste. Nachdem wir aber mit ihnen
eine Zeitlang umgegangen/ haben sie/ oder vielmehr
wir einen König und Capitain daraus gemacht/ doch
aber den Nahmen von Ahin oder Ohin beybehalten/
welches in unser Sprach einen Capitain bezeichnet;
wiewohl die Mohren hiemit einen solchen verstehen/
welcher über ein Land/ Dorff/ oder Volck gesetzet ist;
indem sie diesen Nahmen auch unseren Schiffs-Ca-
pitains
zueignen/ ja selbst unsern General-Dire-
ctor,
und Commendanten unserer Vestungen hie-
mit belegen würden/ im Fall sie nicht den Unterscheid
von uns erlerneten.

Es muß aber ihr König durch seine eigene Macht sich
bey seinem Ansehen suchen zu erhalten/ dannenhero er
auch so viel mehr geehret und gefürchtet wird/ je mehr
Geld und Sclaven er hat; denn ohne diese würde er
bey seinen Unterthanen wenig oder nichts gelten/ son-
dern dieselbige bitten und bezahlen müssen alles was er
von ihnen verlanget. Jm Gegentheil aber wenn er
mit Glücks-Gütern reichlich versehen/ kan er auch
grausam und tyrannisch mit seinen Unterthanen um-
gehen/ indem er sie mit harten und schweren Geld-
Straffen vor ihr geringstes Verbrechen züchtiget/ wie-
wol nicht ohne Schein einiger Gerechtigkeit; denn
wenn er jemanden schuldig findet/ liefert er denselbi-
gen denen Caboceers über/ damit diese ihn verhören/
und erkennen was Rechtens/ da denn diese wol wis-
sende wie sie mit dem Könige stehen/ die That noch
viel grösser machen/ und den Beschuldigten zu har-

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des Landes Gvinea.
kommen/ auch nicht anders als Capitains oder Ge-
nerals
genennet worden/ mit dem Unterſcheid/ daß der
eine uͤber ein gantzes Land/ der andre uͤber ein bloſſes
Dorff herrſchen muſte. Nachdem wir aber mit ihnen
eine Zeitlang umgegangen/ haben ſie/ oder vielmehr
wir einen Koͤnig und Capitain daraus gemacht/ doch
aber den Nahmen von Ahin oder Ohin beybehalten/
welches in unſer Sprach einen Capitain bezeichnet;
wiewohl die Mohren hiemit einen ſolchen verſtehen/
welcher uͤber ein Land/ Dorff/ oder Volck geſetzet iſt;
indem ſie dieſen Nahmen auch unſeren Schiffs-Ca-
pitains
zueignen/ ja ſelbſt unſern General-Dire-
ctor,
und Commendanten unſerer Veſtungen hie-
mit belegen wuͤrden/ im Fall ſie nicht den Unterſcheid
von uns erlerneten.

Es muß aber ihr Koͤnig durch ſeine eigene Macht ſich
bey ſeinem Anſehen ſuchen zu erhalten/ dannenhero er
auch ſo viel mehr geehret und gefuͤrchtet wird/ je mehr
Geld und Sclaven er hat; denn ohne dieſe wuͤrde er
bey ſeinen Unterthanen wenig oder nichts gelten/ ſon-
dern dieſelbige bitten und bezahlen muͤſſen alles was er
von ihnen verlanget. Jm Gegentheil aber wenn er
mit Gluͤcks-Guͤtern reichlich verſehen/ kan er auch
grauſam und tyranniſch mit ſeinen Unterthanen um-
gehen/ indem er ſie mit harten und ſchweren Geld-
Straffen vor ihr geringſtes Verbrechen zuͤchtiget/ wie-
wol nicht ohne Schein einiger Gerechtigkeit; denn
wenn er jemanden ſchuldig findet/ liefert er denſelbi-
gen denen Caboceers uͤber/ damit dieſe ihn verhoͤren/
und erkennen was Rechtens/ da denn dieſe wol wiſ-
ſende wie ſie mit dem Koͤnige ſtehen/ die That noch
viel groͤſſer machen/ und den Beſchuldigten zu har-

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[229/0273] des Landes Gvinea. kommen/ auch nicht anders als Capitains oder Ge- nerals genennet worden/ mit dem Unterſcheid/ daß der eine uͤber ein gantzes Land/ der andre uͤber ein bloſſes Dorff herrſchen muſte. Nachdem wir aber mit ihnen eine Zeitlang umgegangen/ haben ſie/ oder vielmehr wir einen Koͤnig und Capitain daraus gemacht/ doch aber den Nahmen von Ahin oder Ohin beybehalten/ welches in unſer Sprach einen Capitain bezeichnet; wiewohl die Mohren hiemit einen ſolchen verſtehen/ welcher uͤber ein Land/ Dorff/ oder Volck geſetzet iſt; indem ſie dieſen Nahmen auch unſeren Schiffs-Ca- pitains zueignen/ ja ſelbſt unſern General-Dire- ctor, und Commendanten unſerer Veſtungen hie- mit belegen wuͤrden/ im Fall ſie nicht den Unterſcheid von uns erlerneten. Es muß aber ihr Koͤnig durch ſeine eigene Macht ſich bey ſeinem Anſehen ſuchen zu erhalten/ dannenhero er auch ſo viel mehr geehret und gefuͤrchtet wird/ je mehr Geld und Sclaven er hat; denn ohne dieſe wuͤrde er bey ſeinen Unterthanen wenig oder nichts gelten/ ſon- dern dieſelbige bitten und bezahlen muͤſſen alles was er von ihnen verlanget. Jm Gegentheil aber wenn er mit Gluͤcks-Guͤtern reichlich verſehen/ kan er auch grauſam und tyranniſch mit ſeinen Unterthanen um- gehen/ indem er ſie mit harten und ſchweren Geld- Straffen vor ihr geringſtes Verbrechen zuͤchtiget/ wie- wol nicht ohne Schein einiger Gerechtigkeit; denn wenn er jemanden ſchuldig findet/ liefert er denſelbi- gen denen Caboceers uͤber/ damit dieſe ihn verhoͤren/ und erkennen was Rechtens/ da denn dieſe wol wiſ- ſende wie ſie mit dem Koͤnige ſtehen/ die That noch viel groͤſſer machen/ und den Beſchuldigten zu har- ter P 3

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/273>, abgerufen am 25.11.2024.