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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
Unglück zu verhüten/ den Teuffel suchen zum Freunde
zu behalten/ indem sie ihn mit Essen reichlich versor-
gen/ dahero ünterschiedliche Gefässe in grosser Anzahl
mit allerhand Fleisch-Speisen angefüllet/ im gantzen
Lande zu sehen/ eintzig zu dem Ende/ daß der böse Feind
vergnügt seyn möge; in Warheit es müste derselbe un-
gemein fräßig und hungrig seyn/ dafern ihm so viele
Gerichte den Hunger nicht stilleten.

Ebener massen glauben sie auch an die Erscheinun-
gen und Gesichter der Gespenster/ daß nemlich diese
den Menschen zu qvälen/ öffters auf der Erden sich se-
hen liessen. Ja so bald stirbt keiner der etwas in An-
sehen gelebet/ so machen sie sich unter einander furcht-
sam/ sagende/ es liesse sich sein Geist einige Nächte nach
einander bey seinem Hause finden.

So haben die Mohren auch eigentlich nur zwey
Feste/ das erste wenn sie ihre Früchte eingesammlet/
welches wir Carmesse nennen. Das andre wenn sie
den bösen Feind aus ihren Dörffern verbannen.

Von denen Abtheilungen des Jahres in gewisse
Monaten/ und dieser in Wochen/ wissen sie nicht mehr
als was sie von uns gelernet/ sondern rechnen die Zeit
ab bey den Lauff des Monden/ wenn das Land gebauet/
und die Frucht gesäet werden muß. Dennoch aber
bilde ich mir ein/ sie müssen schon vor langer Zeit von
Wochen und Tagen gewust haben/ weil nemlich ein-
jeder Tag in ihrer Sprache seinen besondern Nahmen
führet. Wenn wir unsern Dingstag haben/ so fey-
ren sie ihren Sonntag; in Ante aber halten sie ihn des
Freytags wie die Mahometaner/ es bestehet aber ihr
gantzer Gottesdienst hierinnen/ daß sie verbieten kein
Mensch solle sich auf dem Meer Fische zu fangen/ sehen

lassen;

Beſchreibung
Ungluͤck zu verhuͤten/ den Teuffel ſuchen zum Freunde
zu behalten/ indem ſie ihn mit Eſſen reichlich verſor-
gen/ dahero uͤnterſchiedliche Gefaͤſſe in groſſer Anzahl
mit allerhand Fleiſch-Speiſen angefuͤllet/ im gantzen
Lande zu ſehen/ eintzig zu dem Ende/ daß der boͤſe Feind
vergnuͤgt ſeyn moͤge; in Warheit es muͤſte derſelbe un-
gemein fraͤßig und hungrig ſeyn/ dafern ihm ſo viele
Gerichte den Hunger nicht ſtilleten.

Ebener maſſen glauben ſie auch an die Erſcheinun-
gen und Geſichter der Geſpenſter/ daß nemlich dieſe
den Menſchen zu qvaͤlen/ oͤffters auf der Erden ſich ſe-
hen lieſſen. Ja ſo bald ſtirbt keiner der etwas in An-
ſehen gelebet/ ſo machen ſie ſich unter einander furcht-
ſam/ ſagende/ es lieſſe ſich ſein Geiſt einige Naͤchte nach
einander bey ſeinem Hauſe finden.

So haben die Mohren auch eigentlich nur zwey
Feſte/ das erſte wenn ſie ihre Fruͤchte eingeſammlet/
welches wir Carmeſſe nennen. Das andre wenn ſie
den boͤſen Feind aus ihren Doͤrffern verbannen.

Von denen Abtheilungen des Jahres in gewiſſe
Monaten/ und dieſer in Wochen/ wiſſen ſie nicht mehr
als was ſie von uns gelernet/ ſondern rechnen die Zeit
ab bey den Lauff des Monden/ wenn das Land gebauet/
und die Frucht geſaͤet werden muß. Dennoch aber
bilde ich mir ein/ ſie muͤſſen ſchon vor langer Zeit von
Wochen und Tagen gewuſt haben/ weil nemlich ein-
jeder Tag in ihrer Sprache ſeinen beſondern Nahmen
fuͤhret. Wenn wir unſern Dingſtag haben/ ſo fey-
ren ſie ihren Sonntag; in Ante aber halten ſie ihn des
Freytags wie die Mahometaner/ es beſtehet aber ihr
gantzer Gottesdienſt hierinnen/ daß ſie verbieten kein
Menſch ſolle ſich auf dem Meer Fiſche zu fangen/ ſehen

laſſen;
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[194/0238] Beſchreibung Ungluͤck zu verhuͤten/ den Teuffel ſuchen zum Freunde zu behalten/ indem ſie ihn mit Eſſen reichlich verſor- gen/ dahero uͤnterſchiedliche Gefaͤſſe in groſſer Anzahl mit allerhand Fleiſch-Speiſen angefuͤllet/ im gantzen Lande zu ſehen/ eintzig zu dem Ende/ daß der boͤſe Feind vergnuͤgt ſeyn moͤge; in Warheit es muͤſte derſelbe un- gemein fraͤßig und hungrig ſeyn/ dafern ihm ſo viele Gerichte den Hunger nicht ſtilleten. Ebener maſſen glauben ſie auch an die Erſcheinun- gen und Geſichter der Geſpenſter/ daß nemlich dieſe den Menſchen zu qvaͤlen/ oͤffters auf der Erden ſich ſe- hen lieſſen. Ja ſo bald ſtirbt keiner der etwas in An- ſehen gelebet/ ſo machen ſie ſich unter einander furcht- ſam/ ſagende/ es lieſſe ſich ſein Geiſt einige Naͤchte nach einander bey ſeinem Hauſe finden. So haben die Mohren auch eigentlich nur zwey Feſte/ das erſte wenn ſie ihre Fruͤchte eingeſammlet/ welches wir Carmeſſe nennen. Das andre wenn ſie den boͤſen Feind aus ihren Doͤrffern verbannen. Von denen Abtheilungen des Jahres in gewiſſe Monaten/ und dieſer in Wochen/ wiſſen ſie nicht mehr als was ſie von uns gelernet/ ſondern rechnen die Zeit ab bey den Lauff des Monden/ wenn das Land gebauet/ und die Frucht geſaͤet werden muß. Dennoch aber bilde ich mir ein/ ſie muͤſſen ſchon vor langer Zeit von Wochen und Tagen gewuſt haben/ weil nemlich ein- jeder Tag in ihrer Sprache ſeinen beſondern Nahmen fuͤhret. Wenn wir unſern Dingſtag haben/ ſo fey- ren ſie ihren Sonntag; in Ante aber halten ſie ihn des Freytags wie die Mahometaner/ es beſtehet aber ihr gantzer Gottesdienſt hierinnen/ daß ſie verbieten kein Menſch ſolle ſich auf dem Meer Fiſche zu fangen/ ſehen laſſen;

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/238>, abgerufen am 23.11.2024.