Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung
waffneten Leuten/ so mit Springen/ Lauffen und
Schreyen ein grosses Lermen machen. Wenn er
nunmehro an den Ort gelangt/ wo jener wartet/ gehet
er nicht gerades Weges auf ihn zu/ sondern schicket
einige von seinen vornehmsten Leuten ohnbewaffnet
voraus/ welche ein nach einander einhertretende des-
jenigen Bedienten so er besuchen will/ und welche in
die Runde um ihn her sitzen/ zuvorderst/ und hernach
dem Herrn selbst die Hand geben. Wenn nun der-
gestalt diese zwey Herren allmählich einander genähert/
indem sie beyderseits mit einem Schilde bedecket sind/
stehet derjenige auf welcher die Visite annehmen soll/
im Fall daß nun jener in höherem Ansehen und Wür-
de ist als dieser/ umhalset er ihn zu drey unterschiedlichen
mahlen/ und heisset ihn willkommen seyn; im Gegen-
theil aber da der Fremde geringer ist/ so bleibet er sitzen/
giebet ihm bloß die Hand/ und schliesset die zwey mit-
tel Finger fest ein. Darauf gehet der Fremde gerade
über ihn sitzen mit allen seinem Gefolge/ und wartet so
lange/ bis der andere mit allen seinen Leuten zu ihm
kommt und denselben willkommen heisset: welches
denn kurtz darauff zu geschehen pfleget/ wenn dieses
vorbey/ gehet er an seinen vorigen Ort/ schicket von
neuen einige von seinen Bedienten ab/ um jenen zu be-
grüssen/ und sich nach dessen Gesundheit zu befragen/
imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom-
men wäre; darauff er gehörige Antwort lieffert/ und
abermahls einige an den ersten abfertiget. Solche
Höflichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun-
den/ so lange bis derjenige welcher die Visite annimmt
auffstehet/ und den andern ihm in seine Behausung
zu folgen ersuchet. Hierauff folget er und lässet sich

bey

Beſchreibung
waffneten Leuten/ ſo mit Springen/ Lauffen und
Schreyen ein groſſes Lermen machen. Wenn er
nunmehro an den Ort gelangt/ wo jener wartet/ gehet
er nicht gerades Weges auf ihn zu/ ſondern ſchicket
einige von ſeinen vornehmſten Leuten ohnbewaffnet
voraus/ welche ein nach einander einhertretende des-
jenigen Bedienten ſo er beſuchen will/ und welche in
die Runde um ihn her ſitzen/ zuvorderſt/ und hernach
dem Herrn ſelbſt die Hand geben. Wenn nun der-
geſtalt dieſe zwey Herren allmaͤhlich einander genaͤhert/
indem ſie beyderſeits mit einem Schilde bedecket ſind/
ſtehet derjenige auf welcher die Viſite annehmen ſoll/
im Fall daß nun jener in hoͤherem Anſehen und Wuͤr-
de iſt als dieſer/ umhalſet er ihn zu drey unterſchiedlichen
mahlen/ und heiſſet ihn willkommen ſeyn; im Gegen-
theil aber da der Fremde geringer iſt/ ſo bleibet er ſitzen/
giebet ihm bloß die Hand/ und ſchlieſſet die zwey mit-
tel Finger feſt ein. Darauf gehet der Fremde gerade
uͤber ihn ſitzen mit allen ſeinem Gefolge/ und wartet ſo
lange/ bis der andere mit allen ſeinen Leuten zu ihm
kommt und denſelben willkommen heiſſet: welches
denn kurtz darauff zu geſchehen pfleget/ wenn dieſes
vorbey/ gehet er an ſeinen vorigen Ort/ ſchicket von
neuen einige von ſeinen Bedienten ab/ um jenen zu be-
gruͤſſen/ und ſich nach deſſen Geſundheit zu befragen/
imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom-
men waͤre; darauff er gehoͤrige Antwort lieffert/ und
abermahls einige an den erſten abfertiget. Solche
Hoͤflichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun-
den/ ſo lange bis derjenige welcher die Viſite annimmt
auffſtehet/ und den andern ihm in ſeine Behauſung
zu folgen erſuchet. Hierauff folget er und laͤſſet ſich

bey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="158"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung</hi></fw><lb/>
waffneten Leuten/ &#x017F;o mit Springen/ Lauffen und<lb/>
Schreyen ein gro&#x017F;&#x017F;es Lermen machen. Wenn er<lb/>
nunmehro an den Ort gelangt/ wo jener wartet/ gehet<lb/>
er nicht gerades Weges auf ihn zu/ &#x017F;ondern &#x017F;chicket<lb/>
einige von &#x017F;einen vornehm&#x017F;ten Leuten ohnbewaffnet<lb/>
voraus/ welche ein nach einander einhertretende des-<lb/>
jenigen Bedienten &#x017F;o er be&#x017F;uchen will/ und welche in<lb/>
die Runde um ihn her &#x017F;itzen/ zuvorder&#x017F;t/ und hernach<lb/>
dem Herrn &#x017F;elb&#x017F;t die Hand geben. Wenn nun der-<lb/>
ge&#x017F;talt die&#x017F;e zwey Herren allma&#x0364;hlich einander gena&#x0364;hert/<lb/>
indem &#x017F;ie beyder&#x017F;eits mit einem Schilde bedecket &#x017F;ind/<lb/>
&#x017F;tehet derjenige auf welcher die <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;ite</hi> annehmen &#x017F;oll/<lb/>
im Fall daß nun jener in ho&#x0364;herem An&#x017F;ehen und Wu&#x0364;r-<lb/>
de i&#x017F;t als die&#x017F;er/ umhal&#x017F;et er ihn zu drey unter&#x017F;chiedlichen<lb/>
mahlen/ und hei&#x017F;&#x017F;et ihn willkommen &#x017F;eyn; im Gegen-<lb/>
theil aber da der Fremde geringer i&#x017F;t/ &#x017F;o bleibet er &#x017F;itzen/<lb/>
giebet ihm bloß die Hand/ und &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et die zwey mit-<lb/>
tel Finger fe&#x017F;t ein. Darauf gehet der Fremde gerade<lb/>
u&#x0364;ber ihn &#x017F;itzen mit allen &#x017F;einem Gefolge/ und wartet &#x017F;o<lb/>
lange/ bis der andere mit allen &#x017F;einen Leuten zu ihm<lb/>
kommt und den&#x017F;elben willkommen hei&#x017F;&#x017F;et: welches<lb/>
denn kurtz darauff zu ge&#x017F;chehen pfleget/ wenn die&#x017F;es<lb/>
vorbey/ gehet er an &#x017F;einen vorigen Ort/ &#x017F;chicket von<lb/>
neuen einige von &#x017F;einen Bedienten ab/ um jenen zu be-<lb/>
gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ich nach de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;undheit zu befragen/<lb/>
imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom-<lb/>
men wa&#x0364;re; darauff er geho&#x0364;rige Antwort lieffert/ und<lb/>
abermahls einige an den er&#x017F;ten abfertiget. Solche<lb/>
Ho&#x0364;flichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun-<lb/>
den/ &#x017F;o lange bis derjenige welcher die <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;ite</hi> annimmt<lb/>
auff&#x017F;tehet/ und den andern ihm in &#x017F;eine Behau&#x017F;ung<lb/>
zu folgen er&#x017F;uchet. Hierauff folget er und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0202] Beſchreibung waffneten Leuten/ ſo mit Springen/ Lauffen und Schreyen ein groſſes Lermen machen. Wenn er nunmehro an den Ort gelangt/ wo jener wartet/ gehet er nicht gerades Weges auf ihn zu/ ſondern ſchicket einige von ſeinen vornehmſten Leuten ohnbewaffnet voraus/ welche ein nach einander einhertretende des- jenigen Bedienten ſo er beſuchen will/ und welche in die Runde um ihn her ſitzen/ zuvorderſt/ und hernach dem Herrn ſelbſt die Hand geben. Wenn nun der- geſtalt dieſe zwey Herren allmaͤhlich einander genaͤhert/ indem ſie beyderſeits mit einem Schilde bedecket ſind/ ſtehet derjenige auf welcher die Viſite annehmen ſoll/ im Fall daß nun jener in hoͤherem Anſehen und Wuͤr- de iſt als dieſer/ umhalſet er ihn zu drey unterſchiedlichen mahlen/ und heiſſet ihn willkommen ſeyn; im Gegen- theil aber da der Fremde geringer iſt/ ſo bleibet er ſitzen/ giebet ihm bloß die Hand/ und ſchlieſſet die zwey mit- tel Finger feſt ein. Darauf gehet der Fremde gerade uͤber ihn ſitzen mit allen ſeinem Gefolge/ und wartet ſo lange/ bis der andere mit allen ſeinen Leuten zu ihm kommt und denſelben willkommen heiſſet: welches denn kurtz darauff zu geſchehen pfleget/ wenn dieſes vorbey/ gehet er an ſeinen vorigen Ort/ ſchicket von neuen einige von ſeinen Bedienten ab/ um jenen zu be- gruͤſſen/ und ſich nach deſſen Geſundheit zu befragen/ imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom- men waͤre; darauff er gehoͤrige Antwort lieffert/ und abermahls einige an den erſten abfertiget. Solche Hoͤflichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun- den/ ſo lange bis derjenige welcher die Viſite annimmt auffſtehet/ und den andern ihm in ſeine Behauſung zu folgen erſuchet. Hierauff folget er und laͤſſet ſich bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/202
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/202>, abgerufen am 24.11.2024.