Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_086.001 sncribere | vnersicu | lnos || amo | re pner | cussum | gravni pbo_086.004 Zierliche Verselein pbo_086.008 Zu schreiben schwer an Liebe krank -- pbo_086.009 Kapitel 3. Strophen. pbo_086.013§ 56. Dreiteiligkeit der Strophe. pbo_086.014 pbo_086.026 pbo_086.001 s̄cribere | v̄ersicu | l̄os ‖ amō | re p̄er | cussūm | grav̄i pbo_086.004 Zíerliche Vérselein pbo_086.008 Zu schreíben schwér an Liébe kránk — pbo_086.009 Kapitel 3. Strophen. pbo_086.013§ 56. Dreiteiligkeit der Strophe. pbo_086.014 pbo_086.026 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0090" n="86"/><lb n="pbo_086.001"/> Distichons, für unser Ohr auseinanderfallen. Ein Vers, <lb n="pbo_086.002"/> wie ihn Horaz (Epoden XI) bildet:</p> <lb n="pbo_086.003"/> <lg> <l>s̄cribere | v̄ersicu | l̄os ‖ amō | re p̄er | cussūm | grav̄i</l> </lg> <p><lb n="pbo_086.004"/> würde für uns rhythmisch nur Sinn haben, wenn wir ihn <lb n="pbo_086.005"/> in die beiden Reihen, aus denen er besteht, die daktylische und <lb n="pbo_086.006"/> die jambische, auseinanderlegen:</p> <lb n="pbo_086.007"/> <lg> <l>Zíerliche Vérselein </l> <lb n="pbo_086.008"/> <l>Zu schreíben schwér an Liébe kránk —</l> </lg> <p><lb n="pbo_086.009"/> Andernfalls fehlt ihm die rhythmische Ordnung. Es wird <lb n="pbo_086.010"/> für uns ein „Schleuder- oder Streckvers“, der beliebig im <lb n="pbo_086.011"/> Takte wechselt.</p> <lb n="pbo_086.012"/> </div> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">Kapitel 3. Strophen.</hi> </head> <lb n="pbo_086.013"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c">§ 56. Dreiteiligkeit der Strophe.</hi> </head> <p><lb n="pbo_086.014"/> Die letzten Verserscheinungen haben bereits über die <lb n="pbo_086.015"/> Grenze der einzelnen Versreihe hinausgeführt zu metrischen <lb n="pbo_086.016"/> Bildungen, in denen der Vers selbst wieder Bestandteil wird. <lb n="pbo_086.017"/> Man nennt sie <hi rendition="#g">Strophen,</hi> mit der <hi rendition="#g">griechischen</hi> Bezeichnung <lb n="pbo_086.018"/> (<foreign xml:lang="grc">στροφή</foreign>) eben desselben Begriffs, den wir bei versus <lb n="pbo_086.019"/> erörtert haben, nunmehr die Wiederkehr einer bestimmten <lb n="pbo_086.020"/> Ordnung von <hi rendition="#g">Versreihen</hi> ankündigend. Noch viel enger <lb n="pbo_086.021"/> als der Vers schließt sich der metrische Sinn der Strophe an <lb n="pbo_086.022"/> die Musik. Es ist nämlich der Charakter des Liedes, der <lb n="pbo_086.023"/> Abschluß einer nach verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung <lb n="pbo_086.024"/> wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrenden Tonbewegung, <lb n="pbo_086.025"/> der <hi rendition="#g">Melodie,</hi> welcher in der Strophe zum Ausdruck gelangt.</p> <p><lb n="pbo_086.026"/> Der weit engere Anschluß, aber auch zugleich der unverhältnismäßig <lb n="pbo_086.027"/> niedrigere Stand der Musik im Altertum <lb n="pbo_086.028"/> zeigt sich in der Bedeutung, welche in der antiken Strophe </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0090]
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Distichons, für unser Ohr auseinanderfallen. Ein Vers, pbo_086.002
wie ihn Horaz (Epoden XI) bildet:
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s̄cribere | v̄ersicu | l̄os ‖ amō | re p̄er | cussūm | grav̄i
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würde für uns rhythmisch nur Sinn haben, wenn wir ihn pbo_086.005
in die beiden Reihen, aus denen er besteht, die daktylische und pbo_086.006
die jambische, auseinanderlegen:
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Zíerliche Vérselein pbo_086.008
Zu schreíben schwér an Liébe kránk —
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Andernfalls fehlt ihm die rhythmische Ordnung. Es wird pbo_086.010
für uns ein „Schleuder- oder Streckvers“, der beliebig im pbo_086.011
Takte wechselt.
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Kapitel 3. Strophen. pbo_086.013
§ 56. Dreiteiligkeit der Strophe. pbo_086.014
Die letzten Verserscheinungen haben bereits über die pbo_086.015
Grenze der einzelnen Versreihe hinausgeführt zu metrischen pbo_086.016
Bildungen, in denen der Vers selbst wieder Bestandteil wird. pbo_086.017
Man nennt sie Strophen, mit der griechischen Bezeichnung pbo_086.018
(στροφή) eben desselben Begriffs, den wir bei versus pbo_086.019
erörtert haben, nunmehr die Wiederkehr einer bestimmten pbo_086.020
Ordnung von Versreihen ankündigend. Noch viel enger pbo_086.021
als der Vers schließt sich der metrische Sinn der Strophe an pbo_086.022
die Musik. Es ist nämlich der Charakter des Liedes, der pbo_086.023
Abschluß einer nach verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung pbo_086.024
wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrenden Tonbewegung, pbo_086.025
der Melodie, welcher in der Strophe zum Ausdruck gelangt.
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Der weit engere Anschluß, aber auch zugleich der unverhältnismäßig pbo_086.027
niedrigere Stand der Musik im Altertum pbo_086.028
zeigt sich in der Bedeutung, welche in der antiken Strophe
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