Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_070.001 Spring an mein Wüstenroß aus Alexandria! .. pbo_070.007 Das ist der Renner nicht, den Boileau gezäumt pbo_070.008 Und mit Franzosenwitz geschulet!*) pbo_070.009 pbo_070.018 wnelaga nu wnaltant got wnewurt skihit pbo_070.028
ih wallota snumaro enti wintro snehstic ur lante *) pbo_070.029
Der Alexandriner. Ferd. Freiligraths Gesammelte Dichtungen Stuttg. pbo_070.030 1886 Bd. I S. 87. pbo_070.001 Spring an mein Wüstenroß aus Alexandria! .. pbo_070.007 Das ist der Renner nicht, den Boileau gezäumt pbo_070.008 Und mit Franzosenwitz geschulet!*) pbo_070.009 pbo_070.018 w̄élaga nu w̄áltant got w̄êwurt skihit pbo_070.028
ih wallôta s̄úmaro enti wintro s̄éhstic ur lante *) pbo_070.029
Der Alexandriner. Ferd. Freiligraths Gesammelte Dichtungen Stuttg. pbo_070.030 1886 Bd. I S. 87. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0074" n="70"/><lb n="pbo_070.001"/> der Verse zu aufeinderfolgenden Reimpaaren. Dadurch, <lb n="pbo_070.002"/> daß er die ununterbrochene Folge der Alexandriner und <lb n="pbo_070.003"/> die stete parige Reimung mied, suchte in neuerer Zeit <lb n="pbo_070.004"/> <hi rendition="#g">Freiligrath</hi> dem arg in Mißkredit geratenen früheren <lb n="pbo_070.005"/> Herrscherverse wieder aufzuhelfen.</p> <lb n="pbo_070.006"/> <lg> <l>Spring an mein Wüstenroß aus Alexandria! .. </l> <lb n="pbo_070.007"/> <l>Das ist der Renner nicht, den Boileau gezäumt</l> <lb n="pbo_070.008"/> <l>Und mit Franzosenwitz geschulet!<note corresp="PBO_070_*" place="foot" n="*)"><lb n="pbo_070.029"/> Der Alexandriner. Ferd. Freiligraths Gesammelte Dichtungen <choice><sic>Stutg.</sic><corr>Stuttg.</corr></choice> <lb n="pbo_070.030"/> 1886 Bd. I S. 87.</note></l> </lg> <p><lb n="pbo_070.009"/> Die hier von Freiligrath beliebte poetische Etymologie <lb n="pbo_070.010"/> des Alexandriners ist insofern auch wissenschaftlich nicht ganz <lb n="pbo_070.011"/> abzuweisen, als gerade in der Zeit seines Aufkommens (13. Jh.) <lb n="pbo_070.012"/> arabischer Einfluß wohl in Betracht zu ziehen ist, der damals <lb n="pbo_070.013"/> der europäischen Ausdrucksweise eine Menge von Wörtern <lb n="pbo_070.014"/> lieh (gerade solche an der Anfangssilbe al kenntliche, sonst <lb n="pbo_070.015"/> mannigfach entstellte). Ein altfranzösisches Gedicht über Alexander <lb n="pbo_070.016"/> den Großen oder dessen Verfasser werden sonst als <lb n="pbo_070.017"/> Taufpathen des berühmten und berüchtigten Verses genannt.</p> <p><lb n="pbo_070.018"/> Gänzlich unstatthaft wird gewöhnlich auch die altdeutsche <lb n="pbo_070.019"/> epische Langzeile, mit ihrem neueren Vertreter allgemein als <lb n="pbo_070.020"/> <hi rendition="#g">Nibelungenvers</hi> bezeichnet, einfach als „sechsfüßiger Jambus“ <lb n="pbo_070.021"/> aufgeführt Das giebt ein falsches Bild von der Entstehung <lb n="pbo_070.022"/> und dem Charakter dieses Doppelverses. Denn er <lb n="pbo_070.023"/> ist aus der rein äußerlichen Combination zweier metrisch selbstständiger, <lb n="pbo_070.024"/> nur durch den Stabreim in den zwei oder drei entschiedensten <lb n="pbo_070.025"/> Hebungen zusammengehaltener Verse entstanden. <lb n="pbo_070.026"/> So im alten Hildebrandsliede:</p> <lb n="pbo_070.027"/> <lg> <l>w̄élaga nu w̄áltant got w̄êwurt skihit </l> <lb n="pbo_070.028"/> <l>ih wallôta s̄úmaro enti wintro s̄éhstic ur lante</l> </lg> <p> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0074]
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der Verse zu aufeinderfolgenden Reimpaaren. Dadurch, pbo_070.002
daß er die ununterbrochene Folge der Alexandriner und pbo_070.003
die stete parige Reimung mied, suchte in neuerer Zeit pbo_070.004
Freiligrath dem arg in Mißkredit geratenen früheren pbo_070.005
Herrscherverse wieder aufzuhelfen.
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Spring an mein Wüstenroß aus Alexandria! .. pbo_070.007
Das ist der Renner nicht, den Boileau gezäumt pbo_070.008
Und mit Franzosenwitz geschulet! *)
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Die hier von Freiligrath beliebte poetische Etymologie pbo_070.010
des Alexandriners ist insofern auch wissenschaftlich nicht ganz pbo_070.011
abzuweisen, als gerade in der Zeit seines Aufkommens (13. Jh.) pbo_070.012
arabischer Einfluß wohl in Betracht zu ziehen ist, der damals pbo_070.013
der europäischen Ausdrucksweise eine Menge von Wörtern pbo_070.014
lieh (gerade solche an der Anfangssilbe al kenntliche, sonst pbo_070.015
mannigfach entstellte). Ein altfranzösisches Gedicht über Alexander pbo_070.016
den Großen oder dessen Verfasser werden sonst als pbo_070.017
Taufpathen des berühmten und berüchtigten Verses genannt.
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Gänzlich unstatthaft wird gewöhnlich auch die altdeutsche pbo_070.019
epische Langzeile, mit ihrem neueren Vertreter allgemein als pbo_070.020
Nibelungenvers bezeichnet, einfach als „sechsfüßiger Jambus“ pbo_070.021
aufgeführt Das giebt ein falsches Bild von der Entstehung pbo_070.022
und dem Charakter dieses Doppelverses. Denn er pbo_070.023
ist aus der rein äußerlichen Combination zweier metrisch selbstständiger, pbo_070.024
nur durch den Stabreim in den zwei oder drei entschiedensten pbo_070.025
Hebungen zusammengehaltener Verse entstanden. pbo_070.026
So im alten Hildebrandsliede:
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w̄élaga nu w̄áltant got w̄êwurt skihit pbo_070.028
ih wallôta s̄úmaro enti wintro s̄éhstic ur lante
*) pbo_070.029
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1886 Bd. I S. 87.
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Zitationshilfe: | Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/74>, abgerufen am 16.02.2025. |