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Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.

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"er thut's!" statt "er ist im Begriffe es zu thun, er wird pbo_045.002
es thun!" Negativisch (in ironischer, höhnischer Wendung): pbo_045.003
"Der thut's!" d. h. "er thut es eben nicht, wird es nicht pbo_045.004
thun, es fällt ihm nicht ein, es zu thun." Ganz ähnlich ist pbo_045.005
es mit Anwendung des Singulars für den Plural bei kategorischer pbo_045.006
und genereller Bezeichnung (besonders in der lateinischen pbo_045.007
Sprache): "Der Soldat, der Römer" für "die Soldaten, pbo_045.008
die Römer."

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Als unmittelbar zur Emphase im engeren Sinne gehörig pbo_045.010
wird man aber schon nach dem bloßen Gehör diejenigen Redefiguren pbo_045.011
empfinden, welche zwei oder mehr Worte in gegensätzliche pbo_045.012
oder allgemein rückwirkende Beziehung zu einander setzen. Also pbo_045.013
Antithese, Oxymoron, Paradoxon sowie Klimax pbo_045.014
und Stichomythien. Hier soll nämlich überall die emphatische pbo_045.015
Hervorhebung des einen dazu dienen, das andere recht pbo_045.016
nach seinen besonderen Bezügen hervortreten zu lassen. Also: pbo_045.017
"Du lachst; Jch weine (d. h. du bist im stande, bist so pbo_045.018
grausam, so fühllos, zu lachen ...) "Beredtes Schweigen" pbo_045.019
(kein gewöhnliches Schweigen, sondern ein Verstummen pbo_045.020
aus Gründen, die für sich selber sprechen). "Noch ein solcher pbo_045.021
Sieg (der nämlich keiner ist), und ich bin verloren!" pbo_045.022
"Jch kam, sah und siegte", eine ungeheure Steigerung bloß pbo_045.023
durch Emphase. Die Stichomythien, in denen das Wort pbo_045.024
dramatisch zwischen Unterrednern wie ein Ball hin- und hergeworfen pbo_045.025
wird, bedienen sich aller dieser Arten von Emphasen pbo_045.026
behufs angelegentlicher Erörterung des jeweiligen Wortbegriffs. pbo_045.027
Uebermaß der Emphase, die so schließlich alles Nachdrucks pbo_045.028
beraubt, abgestumpft wird, dies allein ist es, was die pbo_045.029
Häufung solcher Redefiguren (concetti, quibbles) z. B. im pbo_045.030
poetischen Modeton gewisser Zeiten (Marinismus*), Euphuismus *)),

*) PBO_046.028
Nach dem italienischen Dichter Giambattista Marini (1589-1625).
*) pbo_045.031
Nach dem Roman des Engländers John Lyly: "Euphues. The PBO_046.029
Anatomie of Wit" (1578). Neudruck, Heilbronn 1887.

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*) PBO_046.028
Nach dem italienischen Dichter Giambattista Marini (1589–1625).
*) pbo_045.031
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Anatomie of Wit“ (1578). Neudruck, Heilbronn 1887.
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[45/0049] pbo_045.001 „er thut's!“ statt „er ist im Begriffe es zu thun, er wird pbo_045.002 es thun!“ Negativisch (in ironischer, höhnischer Wendung): pbo_045.003 „Der thut's!“ d. h. „er thut es eben nicht, wird es nicht pbo_045.004 thun, es fällt ihm nicht ein, es zu thun.“ Ganz ähnlich ist pbo_045.005 es mit Anwendung des Singulars für den Plural bei kategorischer pbo_045.006 und genereller Bezeichnung (besonders in der lateinischen pbo_045.007 Sprache): „Der Soldat, der Römer“ für „die Soldaten, pbo_045.008 die Römer.“ pbo_045.009 Als unmittelbar zur Emphase im engeren Sinne gehörig pbo_045.010 wird man aber schon nach dem bloßen Gehör diejenigen Redefiguren pbo_045.011 empfinden, welche zwei oder mehr Worte in gegensätzliche pbo_045.012 oder allgemein rückwirkende Beziehung zu einander setzen. Also pbo_045.013 Antithese, Oxymoron, Paradoxon sowie Klimax pbo_045.014 und Stichomythien. Hier soll nämlich überall die emphatische pbo_045.015 Hervorhebung des einen dazu dienen, das andere recht pbo_045.016 nach seinen besonderen Bezügen hervortreten zu lassen. Also: pbo_045.017 „Du lachst; Jch weine (d. h. du bist im stande, bist so pbo_045.018 grausam, so fühllos, zu lachen ...) „Beredtes Schweigen“ pbo_045.019 (kein gewöhnliches Schweigen, sondern ein Verstummen pbo_045.020 aus Gründen, die für sich selber sprechen). „Noch ein solcher pbo_045.021 Sieg (der nämlich keiner ist), und ich bin verloren!“ pbo_045.022 „Jch kam, sah und siegte“, eine ungeheure Steigerung bloß pbo_045.023 durch Emphase. Die Stichomythien, in denen das Wort pbo_045.024 dramatisch zwischen Unterrednern wie ein Ball hin- und hergeworfen pbo_045.025 wird, bedienen sich aller dieser Arten von Emphasen pbo_045.026 behufs angelegentlicher Erörterung des jeweiligen Wortbegriffs. pbo_045.027 Uebermaß der Emphase, die so schließlich alles Nachdrucks pbo_045.028 beraubt, abgestumpft wird, dies allein ist es, was die pbo_045.029 Häufung solcher Redefiguren (concetti, quibbles) z. B. im pbo_045.030 poetischen Modeton gewisser Zeiten (Marinismus *), Euphuismus *)), *) PBO_046.028 Nach dem italienischen Dichter Giambattista Marini (1589–1625). *) pbo_045.031 Nach dem Roman des Engländers John Lyly: „Euphues. The PBO_046.029 Anatomie of Wit“ (1578). Neudruck, Heilbronn 1887.

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Zitationshilfe: Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/49>, abgerufen am 25.11.2024.