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Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

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von der Generation.
daß ungeachtet der großen Menge Bücher, die
von der Generation handeln sollen, sie doch kaum
ein einziges finden werden, in welchem die Genera-
tion entweder wahr oder auch nur falsch erklärt sey.

Ehe ich aber weiter gehe, und aus dem Be-
griff der Lehre von der Generation zeige, daß al-
les das, was davon geschrieben ist, keine Lehre
von der Generation genennt werden könne, so will
ich eine kleine Anmerckung machen, die sehr nöthig
seyn wird. Noch vor einem Jahre glaubte ich,
daß würcklich niemand die Generation weder wahr
noch falsch erklärt habe. Jch hätte in dieses Vor-
urtheil nicht verfallen sollen, denn das Buch,
worinn die Generation nothwendig erklärt, obwohl
falsch erklärt seyn muste, war mir dem Nahmen
nach, und der Verfasser desselben war mir seinen
Eigenschaften nach sehr wohl bekannt. Jetzo also
sage ich, es hat niemand einen einzigen, aber
auch nur diesen einzigen, ausgenommen, die Ge-
neration, auch nicht einmahl falsch erklärt. Jch
habe im Vorhergehenden zu einem Exempel einer
nur scheinbaren Erklärung die anziehende Kraft,
in sofern sie zur Erklärung der Würkung des
Magneten angewendet würde, und die verborge-
ne Ursachen derer Alten angeführt, und ich setze
jetzo hinzu, daß diese scheinbare Erklärungen bey
denen Alten so gewöhnlich waren, daß man sie bey
nahe überhaupt ihre Art zu philosophiren nennen
könnte. Cartesius, dieser große Mann, der
uns fast kein wahres Wort gesagt hat, und der
dem ungeachtet bis zum bewundern groß ist, ent-

deckte
A 3

von der Generation.
daß ungeachtet der großen Menge Buͤcher, die
von der Generation handeln ſollen, ſie doch kaum
ein einziges finden werden, in welchem die Genera-
tion entweder wahr oder auch nur falſch erklaͤrt ſey.

Ehe ich aber weiter gehe, und aus dem Be-
griff der Lehre von der Generation zeige, daß al-
les das, was davon geſchrieben iſt, keine Lehre
von der Generation genennt werden koͤnne, ſo will
ich eine kleine Anmerckung machen, die ſehr noͤthig
ſeyn wird. Noch vor einem Jahre glaubte ich,
daß wuͤrcklich niemand die Generation weder wahr
noch falſch erklaͤrt habe. Jch haͤtte in dieſes Vor-
urtheil nicht verfallen ſollen, denn das Buch,
worinn die Generation nothwendig erklaͤrt, obwohl
falſch erklaͤrt ſeyn muſte, war mir dem Nahmen
nach, und der Verfaſſer deſſelben war mir ſeinen
Eigenſchaften nach ſehr wohl bekannt. Jetzo alſo
ſage ich, es hat niemand einen einzigen, aber
auch nur dieſen einzigen, ausgenommen, die Ge-
neration, auch nicht einmahl falſch erklaͤrt. Jch
habe im Vorhergehenden zu einem Exempel einer
nur ſcheinbaren Erklaͤrung die anziehende Kraft,
in ſofern ſie zur Erklaͤrung der Wuͤrkung des
Magneten angewendet wuͤrde, und die verborge-
ne Urſachen derer Alten angefuͤhrt, und ich ſetze
jetzo hinzu, daß dieſe ſcheinbare Erklaͤrungen bey
denen Alten ſo gewoͤhnlich waren, daß man ſie bey
nahe uͤberhaupt ihre Art zu philoſophiren nennen
koͤnnte. Carteſius, dieſer große Mann, der
uns faſt kein wahres Wort geſagt hat, und der
dem ungeachtet bis zum bewundern groß iſt, ent-

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[5/0027] von der Generation. daß ungeachtet der großen Menge Buͤcher, die von der Generation handeln ſollen, ſie doch kaum ein einziges finden werden, in welchem die Genera- tion entweder wahr oder auch nur falſch erklaͤrt ſey. Ehe ich aber weiter gehe, und aus dem Be- griff der Lehre von der Generation zeige, daß al- les das, was davon geſchrieben iſt, keine Lehre von der Generation genennt werden koͤnne, ſo will ich eine kleine Anmerckung machen, die ſehr noͤthig ſeyn wird. Noch vor einem Jahre glaubte ich, daß wuͤrcklich niemand die Generation weder wahr noch falſch erklaͤrt habe. Jch haͤtte in dieſes Vor- urtheil nicht verfallen ſollen, denn das Buch, worinn die Generation nothwendig erklaͤrt, obwohl falſch erklaͤrt ſeyn muſte, war mir dem Nahmen nach, und der Verfaſſer deſſelben war mir ſeinen Eigenſchaften nach ſehr wohl bekannt. Jetzo alſo ſage ich, es hat niemand einen einzigen, aber auch nur dieſen einzigen, ausgenommen, die Ge- neration, auch nicht einmahl falſch erklaͤrt. Jch habe im Vorhergehenden zu einem Exempel einer nur ſcheinbaren Erklaͤrung die anziehende Kraft, in ſofern ſie zur Erklaͤrung der Wuͤrkung des Magneten angewendet wuͤrde, und die verborge- ne Urſachen derer Alten angefuͤhrt, und ich ſetze jetzo hinzu, daß dieſe ſcheinbare Erklaͤrungen bey denen Alten ſo gewoͤhnlich waren, daß man ſie bey nahe uͤberhaupt ihre Art zu philoſophiren nennen koͤnnte. Carteſius, dieſer große Mann, der uns faſt kein wahres Wort geſagt hat, und der dem ungeachtet bis zum bewundern groß iſt, ent- deckte A 3

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Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/27>, abgerufen am 23.11.2024.