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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.

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Nach diesen Gesängen sprach, als Deputirter des Fürstenthums Lich-
tenberg, Advokat Hallauer aus St. Wendel, das in der neuesten Zeit,
wegen des patriotischen Geistes seiner Bewohner, die Achtung Deutsch-
lands in hohem Grade sich erworben hat. Große Aufmerksamkeit widmete
man deßhalb der nachstehenden Rede dieses ausgezeichneten Patrioten:

Deutschland, das Vaterland der meisten hier anwesenden biedern
Männer, auch mein Vaterland, das Vaterland derer, die mich zu die-
sem großen Tage sandten, dessen Erwachen aus dem erkünstelten und
erzwungenen Schlummer, dessen Begeisterung für Recht, Freiheit, Na-
tionalität, ist ein Gegenstand, der die neueste Zeit, mächtig ergreift.
Nicht allein die Bewohner der Stadt begeistert das herrliche Ziel nicht
allein sie verwünschen in gerechter Entrüstung das knechtische Vegetiren, ver-
abscheuen die entwürdigende Gebote heilloser Tyrannen und leidenschaftli-
cher selbstsüchtiger Willkühr. Nein! auch in die dunkele Hütte des Land-
manns ist der lichte Ruf der Freiheit gedrungen, jener Freiheit, die dem
Menschen seine angeborene Würde, seinen Wohlstand, sein Menschen-
glück sichert. Zu allen Zeiten gab es zwar in diesem Lande Männer,
welche für Freiheit, für Menschenwürde lebten und wirkten, zu allen
Zeiten gab es Brave, welche die göttliche ganz erkannten und leider oft
als Opfer ihretwegen fallen mußten; doch niemals noch ist der Gott die-
ser Wahrheit in seiner ganzen von gerechtem Zorne glühenden Allmacht
auf dieser Erde, die Völker mahnend, so sichtbar einhergegangen, als
in unsern Tagen.

Die beglückten Nationen seiner neugeschaffenen Welt mit freudigem
Auge betrachtend, ist er über das weite Meer zu seinen verwaisten Kin-
dern Europa's zurück geeilt, und schaut mit Schmerz erfülltem Blicke seinen
Liebling, sein Ebenbild, den Menschen, wie er durch Furcht, Eigennutz,
Gleichgültigkeit, Lauheit, sich selbst sein Elend bereitet hat, sieht mit
Zorn erglühtem Antlitze, wie Unentschlossenheit, Zwiespalt sein Volk,
sein geliebtes Geschöpf, dem Unglück zuführen. Von den Ufern der
Seine eilt er über Italiens blumenreiche Gärten, drohend jenen lügneri-
schen Heuchlern, die, seine geweihten Diener sich nennend, die Allmacht
seiner Liebe mißbrauchen. In Deutschlands starken Eichen, im schauer-
lichen Rauschen, die göttliche Nähe verkündend, mahnt er mächtig zur
Thatkraft, er deutet auf Warschau's rauchende Thürme, auf die Wunden
des unglücklichen Polens, deutet auf das russische Unthier, das den blu-
tigen Blick auf Deutschland richtet. "Du, Volk Germaniens, ruft er, du
warst es, das kalt und hülflos diese Frevel an der Unschuld duldete.
Bist du es nicht mehr, deutsches Land, das einst der Römer schmach-

Nach dieſen Geſängen ſprach, als Deputirter des Fürſtenthums Lich-
tenberg, Advokat Hallauer aus St. Wendel, das in der neueſten Zeit,
wegen des patriotiſchen Geiſtes ſeiner Bewohner, die Achtung Deutſch-
lands in hohem Grade ſich erworben hat. Große Aufmerkſamkeit widmete
man deßhalb der nachſtehenden Rede dieſes ausgezeichneten Patrioten:

Deutſchland, das Vaterland der meiſten hier anweſenden biedern
Männer, auch mein Vaterland, das Vaterland derer, die mich zu die-
ſem großen Tage ſandten, deſſen Erwachen aus dem erkünſtelten und
erzwungenen Schlummer, deſſen Begeiſterung für Recht, Freiheit, Na-
tionalität, iſt ein Gegenſtand, der die neueſte Zeit, mächtig ergreift.
Nicht allein die Bewohner der Stadt begeiſtert das herrliche Ziel nicht
allein ſie verwünſchen in gerechter Entrüſtung das knechtiſche Vegetiren, ver-
abſcheuen die entwürdigende Gebote heilloſer Tyrannen und leidenſchaftli-
cher ſelbſtſüchtiger Willkühr. Nein! auch in die dunkele Hütte des Land-
manns iſt der lichte Ruf der Freiheit gedrungen, jener Freiheit, die dem
Menſchen ſeine angeborene Würde, ſeinen Wohlſtand, ſein Menſchen-
glück ſichert. Zu allen Zeiten gab es zwar in dieſem Lande Männer,
welche für Freiheit, für Menſchenwürde lebten und wirkten, zu allen
Zeiten gab es Brave, welche die göttliche ganz erkannten und leider oft
als Opfer ihretwegen fallen mußten; doch niemals noch iſt der Gott die-
ſer Wahrheit in ſeiner ganzen von gerechtem Zorne glühenden Allmacht
auf dieſer Erde, die Völker mahnend, ſo ſichtbar einhergegangen, als
in unſern Tagen.

Die beglückten Nationen ſeiner neugeſchaffenen Welt mit freudigem
Auge betrachtend, iſt er über das weite Meer zu ſeinen verwaisten Kin-
dern Europa’s zurück geeilt, und ſchaut mit Schmerz erfülltem Blicke ſeinen
Liebling, ſein Ebenbild, den Menſchen, wie er durch Furcht, Eigennutz,
Gleichgültigkeit, Lauheit, ſich ſelbſt ſein Elend bereitet hat, ſieht mit
Zorn erglühtem Antlitze, wie Unentſchloſſenheit, Zwieſpalt ſein Volk,
ſein geliebtes Geſchöpf, dem Unglück zuführen. Von den Ufern der
Seine eilt er über Italiens blumenreiche Gärten, drohend jenen lügneri-
ſchen Heuchlern, die, ſeine geweihten Diener ſich nennend, die Allmacht
ſeiner Liebe mißbrauchen. In Deutſchlands ſtarken Eichen, im ſchauer-
lichen Rauſchen, die göttliche Nähe verkündend, mahnt er mächtig zur
Thatkraft, er deutet auf Warſchau’s rauchende Thürme, auf die Wunden
des unglücklichen Polens, deutet auf das ruſſiſche Unthier, das den blu-
tigen Blick auf Deutſchland richtet. „Du, Volk Germaniens, ruft er, du
warſt es, das kalt und hülflos dieſe Frevel an der Unſchuld duldete.
Biſt du es nicht mehr, deutſches Land, das einſt der Römer ſchmach-

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[59/0067] Nach dieſen Geſängen ſprach, als Deputirter des Fürſtenthums Lich- tenberg, Advokat Hallauer aus St. Wendel, das in der neueſten Zeit, wegen des patriotiſchen Geiſtes ſeiner Bewohner, die Achtung Deutſch- lands in hohem Grade ſich erworben hat. Große Aufmerkſamkeit widmete man deßhalb der nachſtehenden Rede dieſes ausgezeichneten Patrioten: Deutſchland, das Vaterland der meiſten hier anweſenden biedern Männer, auch mein Vaterland, das Vaterland derer, die mich zu die- ſem großen Tage ſandten, deſſen Erwachen aus dem erkünſtelten und erzwungenen Schlummer, deſſen Begeiſterung für Recht, Freiheit, Na- tionalität, iſt ein Gegenſtand, der die neueſte Zeit, mächtig ergreift. Nicht allein die Bewohner der Stadt begeiſtert das herrliche Ziel nicht allein ſie verwünſchen in gerechter Entrüſtung das knechtiſche Vegetiren, ver- abſcheuen die entwürdigende Gebote heilloſer Tyrannen und leidenſchaftli- cher ſelbſtſüchtiger Willkühr. Nein! auch in die dunkele Hütte des Land- manns iſt der lichte Ruf der Freiheit gedrungen, jener Freiheit, die dem Menſchen ſeine angeborene Würde, ſeinen Wohlſtand, ſein Menſchen- glück ſichert. Zu allen Zeiten gab es zwar in dieſem Lande Männer, welche für Freiheit, für Menſchenwürde lebten und wirkten, zu allen Zeiten gab es Brave, welche die göttliche ganz erkannten und leider oft als Opfer ihretwegen fallen mußten; doch niemals noch iſt der Gott die- ſer Wahrheit in ſeiner ganzen von gerechtem Zorne glühenden Allmacht auf dieſer Erde, die Völker mahnend, ſo ſichtbar einhergegangen, als in unſern Tagen. Die beglückten Nationen ſeiner neugeſchaffenen Welt mit freudigem Auge betrachtend, iſt er über das weite Meer zu ſeinen verwaisten Kin- dern Europa’s zurück geeilt, und ſchaut mit Schmerz erfülltem Blicke ſeinen Liebling, ſein Ebenbild, den Menſchen, wie er durch Furcht, Eigennutz, Gleichgültigkeit, Lauheit, ſich ſelbſt ſein Elend bereitet hat, ſieht mit Zorn erglühtem Antlitze, wie Unentſchloſſenheit, Zwieſpalt ſein Volk, ſein geliebtes Geſchöpf, dem Unglück zuführen. Von den Ufern der Seine eilt er über Italiens blumenreiche Gärten, drohend jenen lügneri- ſchen Heuchlern, die, ſeine geweihten Diener ſich nennend, die Allmacht ſeiner Liebe mißbrauchen. In Deutſchlands ſtarken Eichen, im ſchauer- lichen Rauſchen, die göttliche Nähe verkündend, mahnt er mächtig zur Thatkraft, er deutet auf Warſchau’s rauchende Thürme, auf die Wunden des unglücklichen Polens, deutet auf das ruſſiſche Unthier, das den blu- tigen Blick auf Deutſchland richtet. „Du, Volk Germaniens, ruft er, du warſt es, das kalt und hülflos dieſe Frevel an der Unſchuld duldete. Biſt du es nicht mehr, deutſches Land, das einſt der Römer ſchmach-

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest01_1832/67>, abgerufen am 29.11.2024.