Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
29.
Aus seinen augen brach, durch sanftbewölkten gram,
Der freundschaft mildes licht, und als er näher kam
Sahn sie ein Kästchen, dicht besezt mit Edelsteinen,
In seinem linken arm wie eine Sonne scheinen.
Freund Hüon, sprach der Geist, nimm dies aus meiner hand,
Wiewohl dich Karl dazu ausdrüklich nicht verpflichtet:
Wenn du ihn wiedersiehst, so dien' es ihm zum pfand
Daß du, was er begehrt, buchstäblich ausgerichtet!
30.
Ihr merkt (wiewohl, in Rezias gegenwart,
Nicht schiklich war, es laut zu offenbaren)
Daß des Kalifen Zähn' und Zwickelbart,
In baumwoll' eingepakt, in diesem kästchen waren.
Es hatte, während daß der Sultan noch erstarrt
In seinem Lehnstul lag, von Ob'rons unsichtbaren
Trabanten einer sich behend an's werk gemacht,
Und alles ohne scheer' und pelikan vollbracht.
31.
Eilt nun, fuhr Ob'ron fort, bevor euch nachzujagen
Der Sultan zeit gewinnt! Dort auf der Rhede liegt
Ein Schiff, das sonder harm in sechs bis sieben tagen
Mit euch bis nach Lepanto fliegt,
Dort findet ihr, sobald ihr angekommen,
Ein ander's schon bereit, das nach Salern euch bringt;
Und dann, so schnell als lieb' und sehnsucht euch beschwingt,
Geradenwegs den lauf nach Rom genommen!
32. Und
29.
Aus ſeinen augen brach, durch ſanftbewoͤlkten gram,
Der freundſchaft mildes licht, und als er naͤher kam
Sahn ſie ein Kaͤſtchen, dicht beſezt mit Edelſteinen,
In ſeinem linken arm wie eine Sonne ſcheinen.
Freund Huͤon, ſprach der Geiſt, nimm dies aus meiner hand,
Wiewohl dich Karl dazu ausdruͤklich nicht verpflichtet:
Wenn du ihn wiederſiehſt, ſo dien' es ihm zum pfand
Daß du, was er begehrt, buchſtaͤblich ausgerichtet!
30.
Ihr merkt (wiewohl, in Rezias gegenwart,
Nicht ſchiklich war, es laut zu offenbaren)
Daß des Kalifen Zaͤhn' und Zwickelbart,
In baumwoll' eingepakt, in dieſem kaͤſtchen waren.
Es hatte, waͤhrend daß der Sultan noch erſtarrt
In ſeinem Lehnſtul lag, von Ob'rons unſichtbaren
Trabanten einer ſich behend an's werk gemacht,
Und alles ohne ſcheer' und pelikan vollbracht.
31.
Eilt nun, fuhr Ob'ron fort, bevor euch nachzujagen
Der Sultan zeit gewinnt! Dort auf der Rhede liegt
Ein Schiff, das ſonder harm in ſechs bis ſieben tagen
Mit euch bis nach Lepanto fliegt,
Dort findet ihr, ſobald ihr angekommen,
Ein ander's ſchon bereit, das nach Salern euch bringt;
Und dann, ſo ſchnell als lieb' und ſehnſucht euch beſchwingt,
Geradenwegs den lauf nach Rom genommen!
32. Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0129"/>
            <lg n="29">
              <head> <hi rendition="#c">29.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">A</hi>us &#x017F;einen augen brach, durch &#x017F;anftbewo&#x0364;lkten gram,</l><lb/>
              <l>Der freund&#x017F;chaft mildes licht, und als er na&#x0364;her kam</l><lb/>
              <l>Sahn &#x017F;ie ein Ka&#x0364;&#x017F;tchen, dicht be&#x017F;ezt mit Edel&#x017F;teinen,</l><lb/>
              <l>In &#x017F;einem linken arm wie eine Sonne &#x017F;cheinen.</l><lb/>
              <l>Freund Hu&#x0364;on, &#x017F;prach der Gei&#x017F;t, nimm dies aus meiner hand,</l><lb/>
              <l>Wiewohl dich Karl dazu ausdru&#x0364;klich nicht verpflichtet:</l><lb/>
              <l>Wenn du ihn wieder&#x017F;ieh&#x017F;t, &#x017F;o dien' es ihm zum pfand</l><lb/>
              <l>Daß du, was er begehrt, buch&#x017F;ta&#x0364;blich ausgerichtet!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="30">
              <head> <hi rendition="#c">30.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">I</hi>hr merkt (wiewohl, in Rezias gegenwart,</l><lb/>
              <l>Nicht &#x017F;chiklich war, es laut zu offenbaren)</l><lb/>
              <l>Daß des Kalifen Za&#x0364;hn' und Zwickelbart,</l><lb/>
              <l>In baumwoll' eingepakt, in die&#x017F;em ka&#x0364;&#x017F;tchen waren.</l><lb/>
              <l>Es hatte, wa&#x0364;hrend daß der Sultan noch er&#x017F;tarrt</l><lb/>
              <l>In &#x017F;einem Lehn&#x017F;tul lag, von Ob'rons un&#x017F;ichtbaren</l><lb/>
              <l>Trabanten einer &#x017F;ich behend an's werk gemacht,</l><lb/>
              <l>Und alles ohne &#x017F;cheer' und pelikan vollbracht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="31">
              <head> <hi rendition="#c">31.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">E</hi>ilt nun, fuhr Ob'ron fort, bevor euch nachzujagen</l><lb/>
              <l>Der Sultan zeit gewinnt! Dort auf der Rhede liegt</l><lb/>
              <l>Ein Schiff, das &#x017F;onder harm in &#x017F;echs bis &#x017F;ieben tagen</l><lb/>
              <l>Mit euch bis nach Lepanto fliegt,</l><lb/>
              <l>Dort findet ihr, &#x017F;obald ihr angekommen,</l><lb/>
              <l>Ein ander's &#x017F;chon bereit, das nach Salern euch bringt;</l><lb/>
              <l>Und dann, &#x017F;o &#x017F;chnell als lieb' und &#x017F;ehn&#x017F;ucht euch be&#x017F;chwingt,</l><lb/>
              <l>Geradenwegs den lauf nach Rom genommen!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">32. Und</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0129] 29. Aus ſeinen augen brach, durch ſanftbewoͤlkten gram, Der freundſchaft mildes licht, und als er naͤher kam Sahn ſie ein Kaͤſtchen, dicht beſezt mit Edelſteinen, In ſeinem linken arm wie eine Sonne ſcheinen. Freund Huͤon, ſprach der Geiſt, nimm dies aus meiner hand, Wiewohl dich Karl dazu ausdruͤklich nicht verpflichtet: Wenn du ihn wiederſiehſt, ſo dien' es ihm zum pfand Daß du, was er begehrt, buchſtaͤblich ausgerichtet! 30. Ihr merkt (wiewohl, in Rezias gegenwart, Nicht ſchiklich war, es laut zu offenbaren) Daß des Kalifen Zaͤhn' und Zwickelbart, In baumwoll' eingepakt, in dieſem kaͤſtchen waren. Es hatte, waͤhrend daß der Sultan noch erſtarrt In ſeinem Lehnſtul lag, von Ob'rons unſichtbaren Trabanten einer ſich behend an's werk gemacht, Und alles ohne ſcheer' und pelikan vollbracht. 31. Eilt nun, fuhr Ob'ron fort, bevor euch nachzujagen Der Sultan zeit gewinnt! Dort auf der Rhede liegt Ein Schiff, das ſonder harm in ſechs bis ſieben tagen Mit euch bis nach Lepanto fliegt, Dort findet ihr, ſobald ihr angekommen, Ein ander's ſchon bereit, das nach Salern euch bringt; Und dann, ſo ſchnell als lieb' und ſehnſucht euch beſchwingt, Geradenwegs den lauf nach Rom genommen! 32. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/129
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/129>, abgerufen am 29.11.2024.