Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
26.
Ein grauer flor umnebelt ihren blik.
Wo bin ich? ruft sie. Doch, Herr Hüon, der am Wagen
Mit ofnen armen steht ins grüne sie zu tragen,
Bringt den verschwebten geist schnell zu sich selbst zurük.
Sey, spricht er, ohne furcht, mein Leben,
(Indem er seinen mund von lieb und sehnsucht warm
Auf ihren busen drükt, den stille seufzer heben,)
Sey ohne furcht, du bist in meinem arm.
27.
Mit wonne fühlt sie sich izt wieder ganz umgeben
Von ihrer liebe, ganz in seinen arm versenkt,
Und junger epheu kann am stamm nicht brünst'ger kleben
Als sie um seinen leib die runden arme schränkt.
So eilt er mit der süßen beute
Den palmen zu; sezt dann auf weiches mos
Sie in den schatten hin, sich selbst an ihre seite
Und tauschte seinen plaz um keines Sultans los.
28.
Bald findet auch mit Fatme sich bey ihnen
Sein Alter ein, entschlossen, er und sie,
Bis auf den lezten hauch dem lieben paar zu dienen.
Kaum hatte Scherasmin im grünen
Bey seinem Herrn, und Fatme nah am knie
Der jungen Dame plaz genommen,
Schnell, wie ein bliz der fantasie,
Kam durch die luft der schöne Zwerg geschwommen.
29. Aus
26.
Ein grauer flor umnebelt ihren blik.
Wo bin ich? ruft ſie. Doch, Herr Huͤon, der am Wagen
Mit ofnen armen ſteht ins gruͤne ſie zu tragen,
Bringt den verſchwebten geiſt ſchnell zu ſich ſelbſt zuruͤk.
Sey, ſpricht er, ohne furcht, mein Leben,
(Indem er ſeinen mund von lieb und ſehnſucht warm
Auf ihren buſen druͤkt, den ſtille ſeufzer heben,)
Sey ohne furcht, du biſt in meinem arm.
27.
Mit wonne fuͤhlt ſie ſich izt wieder ganz umgeben
Von ihrer liebe, ganz in ſeinen arm verſenkt,
Und junger epheu kann am ſtamm nicht bruͤnſt'ger kleben
Als ſie um ſeinen leib die runden arme ſchraͤnkt.
So eilt er mit der ſuͤßen beute
Den palmen zu; ſezt dann auf weiches mos
Sie in den ſchatten hin, ſich ſelbſt an ihre ſeite
Und tauſchte ſeinen plaz um keines Sultans los.
28.
Bald findet auch mit Fatme ſich bey ihnen
Sein Alter ein, entſchloſſen, er und ſie,
Bis auf den lezten hauch dem lieben paar zu dienen.
Kaum hatte Scherasmin im gruͤnen
Bey ſeinem Herrn, und Fatme nah am knie
Der jungen Dame plaz genommen,
Schnell, wie ein bliz der fantaſie,
Kam durch die luft der ſchoͤne Zwerg geſchwommen.
29. Aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0128"/>
            <lg n="26">
              <head> <hi rendition="#c">26.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in grauer flor umnebelt ihren blik.</l><lb/>
              <l>Wo bin ich? ruft &#x017F;ie. Doch, Herr Hu&#x0364;on, der am Wagen</l><lb/>
              <l>Mit ofnen armen &#x017F;teht ins gru&#x0364;ne &#x017F;ie zu tragen,</l><lb/>
              <l>Bringt den ver&#x017F;chwebten gei&#x017F;t &#x017F;chnell zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;k.</l><lb/>
              <l>Sey, &#x017F;pricht er, ohne furcht, mein Leben,</l><lb/>
              <l>(Indem er &#x017F;einen mund von lieb und &#x017F;ehn&#x017F;ucht warm</l><lb/>
              <l>Auf ihren bu&#x017F;en dru&#x0364;kt, den &#x017F;tille &#x017F;eufzer heben,)</l><lb/>
              <l>Sey ohne furcht, du bi&#x017F;t in meinem arm.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="27">
              <head> <hi rendition="#c">27.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">M</hi>it wonne fu&#x0364;hlt &#x017F;ie &#x017F;ich izt wieder ganz umgeben</l><lb/>
              <l>Von ihrer liebe, ganz in &#x017F;einen arm ver&#x017F;enkt,</l><lb/>
              <l>Und junger epheu kann am &#x017F;tamm nicht bru&#x0364;n&#x017F;t'ger kleben</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;ie um &#x017F;einen leib die runden arme &#x017F;chra&#x0364;nkt.</l><lb/>
              <l>So eilt er mit der &#x017F;u&#x0364;ßen beute</l><lb/>
              <l>Den palmen zu; &#x017F;ezt dann auf weiches mos</l><lb/>
              <l>Sie in den &#x017F;chatten hin, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t an ihre &#x017F;eite</l><lb/>
              <l>Und tau&#x017F;chte &#x017F;einen plaz um keines Sultans los.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="28">
              <head> <hi rendition="#c">28.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">B</hi>ald findet auch mit Fatme &#x017F;ich bey ihnen</l><lb/>
              <l>Sein Alter ein, ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, er und &#x017F;ie,</l><lb/>
              <l>Bis auf den lezten hauch dem lieben paar zu dienen.</l><lb/>
              <l>Kaum hatte Scherasmin im gru&#x0364;nen</l><lb/>
              <l>Bey &#x017F;einem Herrn, und Fatme nah am knie</l><lb/>
              <l>Der jungen Dame plaz genommen,</l><lb/>
              <l>Schnell, wie ein bliz der fanta&#x017F;ie,</l><lb/>
              <l>Kam durch die luft der &#x017F;cho&#x0364;ne Zwerg ge&#x017F;chwommen.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">29. Aus</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0128] 26. Ein grauer flor umnebelt ihren blik. Wo bin ich? ruft ſie. Doch, Herr Huͤon, der am Wagen Mit ofnen armen ſteht ins gruͤne ſie zu tragen, Bringt den verſchwebten geiſt ſchnell zu ſich ſelbſt zuruͤk. Sey, ſpricht er, ohne furcht, mein Leben, (Indem er ſeinen mund von lieb und ſehnſucht warm Auf ihren buſen druͤkt, den ſtille ſeufzer heben,) Sey ohne furcht, du biſt in meinem arm. 27. Mit wonne fuͤhlt ſie ſich izt wieder ganz umgeben Von ihrer liebe, ganz in ſeinen arm verſenkt, Und junger epheu kann am ſtamm nicht bruͤnſt'ger kleben Als ſie um ſeinen leib die runden arme ſchraͤnkt. So eilt er mit der ſuͤßen beute Den palmen zu; ſezt dann auf weiches mos Sie in den ſchatten hin, ſich ſelbſt an ihre ſeite Und tauſchte ſeinen plaz um keines Sultans los. 28. Bald findet auch mit Fatme ſich bey ihnen Sein Alter ein, entſchloſſen, er und ſie, Bis auf den lezten hauch dem lieben paar zu dienen. Kaum hatte Scherasmin im gruͤnen Bey ſeinem Herrn, und Fatme nah am knie Der jungen Dame plaz genommen, Schnell, wie ein bliz der fantaſie, Kam durch die luft der ſchoͤne Zwerg geſchwommen. 29. Aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/128
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/128>, abgerufen am 29.11.2024.