So nehmen die Gottlosen in diesem Leben ihr Theil dahin. Das Mark der Erde, die Kleinode des Bergwerks, die feinsten Gaben der Natur sind meistens nur für sie. Beim Wasser wird Gott mehr verherrlichet als beim Wein. Müßiggänger an Ar- beit und guten Gedanken, verschlingen Herzstärkungen: und Ar- beiter schmachten. Ja, bestell nur im Schweiß deines Ange- sichts den fetten Weizacker, armes Landvolk! was du jetzt ab- schräpfest ist dein; beschneid den Weinstock: der Eßig ist für dich! Steiget, ihr Bergleute! nach vollendetem Gebet, in den gefähr- lichen Schacht: Kupferpfennige sind euer. Und wohin denn alle diese schönen Produkte des Landes? -- Wirst du, gütigster Ge- ber derselben! auch sehr über ihnen angebetet werden? Wird man dem, der sie unter manchem Seufzer bearbeitete, auch nur ein freundliches Gesicht dafür schenken? Lerchen sangen mit dir, red- licher Freund Gottes! als du säetest, oder die Reben an Pfäle bandest: woltest du aber zusehen, wie deine Mühe verzehrt wird, so würden dich bellende Hunde und übermütige Bediente verja- gen. -- Und es wäre kein künftiges Gericht?
Jedoch, ich will meinen Unwillen zähmen, denn deine Ge- richte, o Gott! sind gerecht. Aber über meinen Leichtsinn will ich strenge Aufsicht halten, damit ich nie dein undankbarer Kost- gänger sey. Schmecken und sehen will ich täglich, wie freund- lich du bist; am meisten aber in deinen Geschenken für meine un- sterbliche Seele. Wer es weiß, daß Jesus für die Sünder gestor- ben sey, und nicht niederfällt und anbetet, ist ein Ungeheuer der Undankbarkeit. O! ich emfinde es, daß ich zum Danken ge- schaffen sey. Geniessen kan ich nicht immer: aber loben in Ewig- keit. Vater! ich dein Kind will deiner unzähligen Güte danksa- gen, bis mir die Augenlieder jetzt im Schlaf und einst im Tode zufallen. Dort aber, wo ich immer wache, und deine Liebe be- greife, die ich hier nur errieth: dort bin ich ewig dein Lobgesang!
Der
Der 20te April.
So nehmen die Gottloſen in dieſem Leben ihr Theil dahin. Das Mark der Erde, die Kleinode des Bergwerks, die feinſten Gaben der Natur ſind meiſtens nur fuͤr ſie. Beim Waſſer wird Gott mehr verherrlichet als beim Wein. Muͤßiggaͤnger an Ar- beit und guten Gedanken, verſchlingen Herzſtaͤrkungen: und Ar- beiter ſchmachten. Ja, beſtell nur im Schweiß deines Ange- ſichts den fetten Weizacker, armes Landvolk! was du jetzt ab- ſchraͤpfeſt iſt dein; beſchneid den Weinſtock: der Eßig iſt fuͤr dich! Steiget, ihr Bergleute! nach vollendetem Gebet, in den gefaͤhr- lichen Schacht: Kupferpfennige ſind euer. Und wohin denn alle dieſe ſchoͤnen Produkte des Landes? — Wirſt du, guͤtigſter Ge- ber derſelben! auch ſehr uͤber ihnen angebetet werden? Wird man dem, der ſie unter manchem Seufzer bearbeitete, auch nur ein freundliches Geſicht dafuͤr ſchenken? Lerchen ſangen mit dir, red- licher Freund Gottes! als du ſaͤeteſt, oder die Reben an Pfaͤle bandeſt: wolteſt du aber zuſehen, wie deine Muͤhe verzehrt wird, ſo wuͤrden dich bellende Hunde und uͤbermuͤtige Bediente verja- gen. — Und es waͤre kein kuͤnftiges Gericht?
Jedoch, ich will meinen Unwillen zaͤhmen, denn deine Ge- richte, o Gott! ſind gerecht. Aber uͤber meinen Leichtſinn will ich ſtrenge Aufſicht halten, damit ich nie dein undankbarer Koſt- gaͤnger ſey. Schmecken und ſehen will ich taͤglich, wie freund- lich du biſt; am meiſten aber in deinen Geſchenken fuͤr meine un- ſterbliche Seele. Wer es weiß, daß Jeſus fuͤr die Suͤnder geſtor- ben ſey, und nicht niederfaͤllt und anbetet, iſt ein Ungeheuer der Undankbarkeit. O! ich emfinde es, daß ich zum Danken ge- ſchaffen ſey. Genieſſen kan ich nicht immer: aber loben in Ewig- keit. Vater! ich dein Kind will deiner unzaͤhligen Guͤte dankſa- gen, bis mir die Augenlieder jetzt im Schlaf und einſt im Tode zufallen. Dort aber, wo ich immer wache, und deine Liebe be- greife, die ich hier nur errieth: dort bin ich ewig dein Lobgeſang!
Der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0267"n="230[260]"/><fwplace="top"type="header">Der 20<hirendition="#sup">te</hi> April.</fw><lb/><p>So nehmen die Gottloſen in dieſem Leben ihr Theil dahin.<lb/>
Das Mark der Erde, die Kleinode des Bergwerks, die feinſten<lb/>
Gaben der Natur ſind meiſtens nur fuͤr ſie. Beim Waſſer wird<lb/>
Gott mehr verherrlichet als beim Wein. Muͤßiggaͤnger an Ar-<lb/>
beit und guten Gedanken, verſchlingen Herzſtaͤrkungen: und Ar-<lb/>
beiter ſchmachten. Ja, beſtell nur im Schweiß deines Ange-<lb/>ſichts den fetten Weizacker, armes Landvolk! was du jetzt ab-<lb/>ſchraͤpfeſt iſt dein; beſchneid den Weinſtock: der Eßig iſt fuͤr dich!<lb/>
Steiget, ihr Bergleute! nach vollendetem Gebet, in den gefaͤhr-<lb/>
lichen Schacht: Kupferpfennige ſind euer. Und wohin denn alle<lb/>
dieſe ſchoͤnen Produkte des Landes? — Wirſt du, guͤtigſter Ge-<lb/>
ber derſelben! auch ſehr uͤber ihnen angebetet werden? Wird man<lb/>
dem, der ſie unter manchem Seufzer bearbeitete, auch nur ein<lb/>
freundliches Geſicht dafuͤr ſchenken? Lerchen ſangen mit dir, red-<lb/>
licher Freund Gottes! als du ſaͤeteſt, oder die Reben an Pfaͤle<lb/>
bandeſt: wolteſt du aber zuſehen, wie deine Muͤhe verzehrt wird,<lb/>ſo wuͤrden dich bellende Hunde und uͤbermuͤtige Bediente verja-<lb/>
gen. — Und es waͤre kein kuͤnftiges Gericht?</p><lb/><p>Jedoch, ich will meinen Unwillen zaͤhmen, denn deine Ge-<lb/>
richte, o Gott! ſind gerecht. Aber uͤber meinen Leichtſinn will<lb/>
ich ſtrenge Aufſicht halten, damit ich nie dein undankbarer Koſt-<lb/>
gaͤnger ſey. Schmecken und ſehen will ich taͤglich, wie freund-<lb/>
lich du biſt; am meiſten aber in deinen Geſchenken fuͤr meine un-<lb/>ſterbliche Seele. Wer es weiß, daß Jeſus fuͤr die Suͤnder geſtor-<lb/>
ben ſey, und nicht niederfaͤllt und anbetet, iſt ein Ungeheuer der<lb/>
Undankbarkeit. O! ich emfinde es, daß ich zum Danken ge-<lb/>ſchaffen ſey. Genieſſen kan ich nicht immer: aber loben in Ewig-<lb/>
keit. Vater! ich dein Kind will deiner unzaͤhligen Guͤte dankſa-<lb/>
gen, bis mir die Augenlieder jetzt im Schlaf und einſt im Tode<lb/>
zufallen. Dort aber, wo ich immer wache, und deine Liebe be-<lb/>
greife, die ich hier nur errieth: dort bin ich ewig dein Lobgeſang!</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[230[260]/0267]
Der 20te April.
So nehmen die Gottloſen in dieſem Leben ihr Theil dahin.
Das Mark der Erde, die Kleinode des Bergwerks, die feinſten
Gaben der Natur ſind meiſtens nur fuͤr ſie. Beim Waſſer wird
Gott mehr verherrlichet als beim Wein. Muͤßiggaͤnger an Ar-
beit und guten Gedanken, verſchlingen Herzſtaͤrkungen: und Ar-
beiter ſchmachten. Ja, beſtell nur im Schweiß deines Ange-
ſichts den fetten Weizacker, armes Landvolk! was du jetzt ab-
ſchraͤpfeſt iſt dein; beſchneid den Weinſtock: der Eßig iſt fuͤr dich!
Steiget, ihr Bergleute! nach vollendetem Gebet, in den gefaͤhr-
lichen Schacht: Kupferpfennige ſind euer. Und wohin denn alle
dieſe ſchoͤnen Produkte des Landes? — Wirſt du, guͤtigſter Ge-
ber derſelben! auch ſehr uͤber ihnen angebetet werden? Wird man
dem, der ſie unter manchem Seufzer bearbeitete, auch nur ein
freundliches Geſicht dafuͤr ſchenken? Lerchen ſangen mit dir, red-
licher Freund Gottes! als du ſaͤeteſt, oder die Reben an Pfaͤle
bandeſt: wolteſt du aber zuſehen, wie deine Muͤhe verzehrt wird,
ſo wuͤrden dich bellende Hunde und uͤbermuͤtige Bediente verja-
gen. — Und es waͤre kein kuͤnftiges Gericht?
Jedoch, ich will meinen Unwillen zaͤhmen, denn deine Ge-
richte, o Gott! ſind gerecht. Aber uͤber meinen Leichtſinn will
ich ſtrenge Aufſicht halten, damit ich nie dein undankbarer Koſt-
gaͤnger ſey. Schmecken und ſehen will ich taͤglich, wie freund-
lich du biſt; am meiſten aber in deinen Geſchenken fuͤr meine un-
ſterbliche Seele. Wer es weiß, daß Jeſus fuͤr die Suͤnder geſtor-
ben ſey, und nicht niederfaͤllt und anbetet, iſt ein Ungeheuer der
Undankbarkeit. O! ich emfinde es, daß ich zum Danken ge-
ſchaffen ſey. Genieſſen kan ich nicht immer: aber loben in Ewig-
keit. Vater! ich dein Kind will deiner unzaͤhligen Guͤte dankſa-
gen, bis mir die Augenlieder jetzt im Schlaf und einſt im Tode
zufallen. Dort aber, wo ich immer wache, und deine Liebe be-
greife, die ich hier nur errieth: dort bin ich ewig dein Lobgeſang!
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 230[260]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/267>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.