Du bist viel zu gewissenhaft, mein Freund, sagte Rudolf weiter. Alles in der Welt bestimmt Dich und hat Einfluß auf Dein Gemüth.
Ein Fußsteig führte sie in einen dichten kühlen Wald hinein, und sie bedachten sich nicht lange, ihm nachzugehn. Eine erquik¬ kende Luft zog durch die Zweige, und das mannigfaltigste, anmuthigste Konzert der Vögel erschallte. Es war ein lebendiges Gewimmel in den Gebüschen; die buntgefie¬ derten Sänger sprangen hier und dort hin; die Sonne flimmerte nur an einzelnen Stel¬ len durch das dichte Grün.
Beide Freunde gingen schweigend neben einander, indem sie des schönen Anblicks genossen. Endlich stand Rudolf still, und sagte: Wenn ich ein Mahler wäre, Freund Sternbald, so würde ich vorzüglich Wald¬ scenen studiren und darstellen. Schon der
Du biſt viel zu gewiſſenhaft, mein Freund, ſagte Rudolf weiter. Alles in der Welt beſtimmt Dich und hat Einfluß auf Dein Gemüth.
Ein Fußſteig führte ſie in einen dichten kühlen Wald hinein, und ſie bedachten ſich nicht lange, ihm nachzugehn. Eine erquik¬ kende Luft zog durch die Zweige, und das mannigfaltigſte, anmuthigſte Konzert der Vögel erſchallte. Es war ein lebendiges Gewimmel in den Gebüſchen; die buntgefie¬ derten Sänger ſprangen hier und dort hin; die Sonne flimmerte nur an einzelnen Stel¬ len durch das dichte Grün.
Beide Freunde gingen ſchweigend neben einander, indem ſie des ſchönen Anblicks genoſſen. Endlich ſtand Rudolf ſtill, und ſagte: Wenn ich ein Mahler wäre, Freund Sternbald, ſo würde ich vorzüglich Wald¬ ſcenen ſtudiren und darſtellen. Schon der
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Du biſt viel zu gewiſſenhaft, mein
Freund, ſagte Rudolf weiter. Alles in der
Welt beſtimmt Dich und hat Einfluß auf
Dein Gemüth.
Ein Fußſteig führte ſie in einen dichten
kühlen Wald hinein, und ſie bedachten ſich
nicht lange, ihm nachzugehn. Eine erquik¬
kende Luft zog durch die Zweige, und das
mannigfaltigſte, anmuthigſte Konzert der
Vögel erſchallte. Es war ein lebendiges
Gewimmel in den Gebüſchen; die buntgefie¬
derten Sänger ſprangen hier und dort hin;
die Sonne flimmerte nur an einzelnen Stel¬
len durch das dichte Grün.
Beide Freunde gingen ſchweigend neben
einander, indem ſie des ſchönen Anblicks
genoſſen. Endlich ſtand Rudolf ſtill, und
ſagte: Wenn ich ein Mahler wäre, Freund
Sternbald, ſo würde ich vorzüglich Wald¬
ſcenen ſtudiren und darſtellen. Schon der
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/60>, abgerufen am 24.04.2024.
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