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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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in diesen und den folgenden Handel die Sache, wie alles zugegangen, ehrlich und aufrichtig, iedoch mit gehöriger Behutsamkeit zu erzehlen, und so dann dem Leser das Judicium davon nach seinen Gefallen zu überlassen. Daß ich dabey gehöriger Behutsamkeit gedacht, ist die Ursache, weil die Erzehlung dieser Sache nicht mich alleine und meine Adversarios angehet, sondern bey diesen Handel auch andre, zum theils sehr hohe Fürstliche Personen, theils aber vornehme und berühmte Theologi und Politici entweder ratione facti, oder ratione consilii mit interessiret sind. Derowegen will es sich wohl nicht schicken, daß ich wie öffters bey dem ersten Handel des dritten Theils geschehen, die hierbey sonst interessirten Personen mit Nahmen nenne, sondern ich werde dieses Temperaments mich bedienen, daß ich die Sache dergestalt vorstelle, daß eines Theils die Personen, so gerne hierbey verdeckt bleiben wolten, nicht Ursache haben möchten sich zu beschweren als wenn ich sie entdeckt hätte; andern Theils aber der begierige Leser hier und dar, wiewohl eine etwas ungewisse, aber doch nicht unnützliche Anzeige bekommen möge, vermöge welcher er dasjenige, was er von denen Personen etwa genauer zu wissen begehret, ohne sonderbahre Mühe erfahren könne. Denn Anfangs und zur Zeit des von mir ausgestelleten Bedenckens, wurden diese Sachen, wie in allen dergleichen vorkommenden Affairen zu geschehen pfleget, in geheim tractiret. Nunmehro aber sind sie, wie gleichfalls mit andern dergleichen Dingen es beschaffen ist, theils Reichskündig, theils Landkündig; theils vielen in dieser und jener Stadt noch lebenden Hof-Bedienten und Gelehrten bewust; ja es ist zu vermuthen, daß nach wenigen Zeiten nach Art und Beschaffenheit aller dergleichen Geschichte noch mehrere und auch mir itzo unbewuste Umstände werden entdeckt werden.

Praeliminar-Umstände des gegenwärtigen ersten Handels.

§. II. Die erste Occasion, die zu dem gedachten Responso Gelegenheit gegeben, hat so unterschiedene und viele Umstände die sich dabey befinden, daß ich vor rathsam halte, mit selbiger den gantzen gegenwärtigen ersten Handel anzufüllen, und alsdenn erst in folgenden Handel die Sache von Bindeschlüssel vorzunehmen. In Augusto Anno 1705. vertraute mir ein hoher und vornehmer Staats-Minister, daß ein auswärtiger Weltberühmter und mächtiger Reichs-Fürst seinen Theologis zwey Fragen (wie solche unten §. IX. und folgenden zum öfftern werden zu lesen seyn) vorgeleget, die dahin zieleten, ob Lutherische Personen, wenn sie Catholisch würden, könten seelig werden, und von jeden von ihnen seine Gedancken zu wissen begehret, und weil nun er der Staats-

in diesen und den folgenden Handel die Sache, wie alles zugegangen, ehrlich und aufrichtig, iedoch mit gehöriger Behutsamkeit zu erzehlen, und so dann dem Leser das Judicium davon nach seinen Gefallen zu überlassen. Daß ich dabey gehöriger Behutsamkeit gedacht, ist die Ursache, weil die Erzehlung dieser Sache nicht mich alleine und meine Adversarios angehet, sondern bey diesen Handel auch andre, zum theils sehr hohe Fürstliche Personen, theils aber vornehme und berühmte Theologi und Politici entweder ratione facti, oder ratione consilii mit interessiret sind. Derowegen will es sich wohl nicht schicken, daß ich wie öffters bey dem ersten Handel des dritten Theils geschehen, die hierbey sonst interessirten Personen mit Nahmen nenne, sondern ich werde dieses Temperaments mich bedienen, daß ich die Sache dergestalt vorstelle, daß eines Theils die Personen, so gerne hierbey verdeckt bleiben wolten, nicht Ursache haben möchten sich zu beschweren als wenn ich sie entdeckt hätte; andern Theils aber der begierige Leser hier und dar, wiewohl eine etwas ungewisse, aber doch nicht unnützliche Anzeige bekommen möge, vermöge welcher er dasjenige, was er von denen Personen etwa genauer zu wissen begehret, ohne sonderbahre Mühe erfahren könne. Denn Anfangs und zur Zeit des von mir ausgestelleten Bedenckens, wurden diese Sachen, wie in allen dergleichen vorkommenden Affairen zu geschehen pfleget, in geheim tractiret. Nunmehro aber sind sie, wie gleichfalls mit andern dergleichen Dingen es beschaffen ist, theils Reichskündig, theils Landkündig; theils vielen in dieser und jener Stadt noch lebenden Hof-Bedienten und Gelehrten bewust; ja es ist zu vermuthen, daß nach wenigen Zeiten nach Art und Beschaffenheit aller dergleichen Geschichte noch mehrere und auch mir itzo unbewuste Umstände werden entdeckt werden.

Praeliminar-Umstände des gegenwärtigen ersten Handels.

§. II. Die erste Occasion, die zu dem gedachten Responso Gelegenheit gegeben, hat so unterschiedene und viele Umstände die sich dabey befinden, daß ich vor rathsam halte, mit selbiger den gantzen gegenwärtigen ersten Handel anzufüllen, und alsdenn erst in folgenden Handel die Sache von Bindeschlüssel vorzunehmen. In Augusto Anno 1705. vertraute mir ein hoher und vornehmer Staats-Minister, daß ein auswärtiger Weltberühmter und mächtiger Reichs-Fürst seinen Theologis zwey Fragen (wie solche unten §. IX. und folgenden zum öfftern werden zu lesen seyn) vorgeleget, die dahin zieleten, ob Lutherische Personen, wenn sie Catholisch würden, könten seelig werden, und von jeden von ihnen seine Gedancken zu wissen begehret, und weil nun er der Staats-

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[2/0010] in diesen und den folgenden Handel die Sache, wie alles zugegangen, ehrlich und aufrichtig, iedoch mit gehöriger Behutsamkeit zu erzehlen, und so dann dem Leser das Judicium davon nach seinen Gefallen zu überlassen. Daß ich dabey gehöriger Behutsamkeit gedacht, ist die Ursache, weil die Erzehlung dieser Sache nicht mich alleine und meine Adversarios angehet, sondern bey diesen Handel auch andre, zum theils sehr hohe Fürstliche Personen, theils aber vornehme und berühmte Theologi und Politici entweder ratione facti, oder ratione consilii mit interessiret sind. Derowegen will es sich wohl nicht schicken, daß ich wie öffters bey dem ersten Handel des dritten Theils geschehen, die hierbey sonst interessirten Personen mit Nahmen nenne, sondern ich werde dieses Temperaments mich bedienen, daß ich die Sache dergestalt vorstelle, daß eines Theils die Personen, so gerne hierbey verdeckt bleiben wolten, nicht Ursache haben möchten sich zu beschweren als wenn ich sie entdeckt hätte; andern Theils aber der begierige Leser hier und dar, wiewohl eine etwas ungewisse, aber doch nicht unnützliche Anzeige bekommen möge, vermöge welcher er dasjenige, was er von denen Personen etwa genauer zu wissen begehret, ohne sonderbahre Mühe erfahren könne. Denn Anfangs und zur Zeit des von mir ausgestelleten Bedenckens, wurden diese Sachen, wie in allen dergleichen vorkommenden Affairen zu geschehen pfleget, in geheim tractiret. Nunmehro aber sind sie, wie gleichfalls mit andern dergleichen Dingen es beschaffen ist, theils Reichskündig, theils Landkündig; theils vielen in dieser und jener Stadt noch lebenden Hof-Bedienten und Gelehrten bewust; ja es ist zu vermuthen, daß nach wenigen Zeiten nach Art und Beschaffenheit aller dergleichen Geschichte noch mehrere und auch mir itzo unbewuste Umstände werden entdeckt werden. §. II. Die erste Occasion, die zu dem gedachten Responso Gelegenheit gegeben, hat so unterschiedene und viele Umstände die sich dabey befinden, daß ich vor rathsam halte, mit selbiger den gantzen gegenwärtigen ersten Handel anzufüllen, und alsdenn erst in folgenden Handel die Sache von Bindeschlüssel vorzunehmen. In Augusto Anno 1705. vertraute mir ein hoher und vornehmer Staats-Minister, daß ein auswärtiger Weltberühmter und mächtiger Reichs-Fürst seinen Theologis zwey Fragen (wie solche unten §. IX. und folgenden zum öfftern werden zu lesen seyn) vorgeleget, die dahin zieleten, ob Lutherische Personen, wenn sie Catholisch würden, könten seelig werden, und von jeden von ihnen seine Gedancken zu wissen begehret, und weil nun er der Staats-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/10>, abgerufen am 19.04.2024.