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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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wie sonst nach der Art und Eigenschafft des Klage-Processes billig hätte geschehen sollen, zu befahren hätten, sondern daß sie mit dem Praetext, sonderlich wenn es Clerici gewesen, sich hätten von aller Straffe befreyen können, wenn sie nur vorgegeben, daß sie ihre Verleumdungen aus guter Intention gethan, und es ihnen von Hertzen lieb wäre, wenn die denunciirten Personen ihre Unschuld darthun könten; daß ferner durch die andern eingeführten Neuerungen des Inquisition-Processes denen armen unschuldigen denuntiatis gar ofste die Mittel benommen worden, ihre Unschuld darzuthun, sondern vielmehr durch diese Neuerungen andere Leute beredet worden, diese denuncirte Leute wären die gottlosesten Bösewichter, die man mit Feuer und Schwerd verfolgen und ausrotten müste: Ich habe ferner gezeiget, daß diese Erfindung des Inquisition-Processes das so genannte Laster der Ketzerey, ingleichen einer sonst unbekannten Hexerey ausgeheckt, und aus ebenmäßigen Absichten zu Stande gebracht; ja daß die peinliche Halsgerichts Ordnung unter andern auch fürnemlich Gelegenheit gegeben, daß nachhero der Klag-Proceß nothwendig untergehen, und alleine der Inquisition-Proceß übrig bleiben müssen u. s. w. Gleichwie aber diese meine Lehren vielen, die bißhero aus denen Reliquien des Pabsthums ihren Vortheil gesucht, nicht anstehen wollen, sondern hefftig angefochten worden, auch solches zum Theil noch geschiehet, zumahlen da auch Lutherische Theologi in gantzen Tractaten de corruptione fraterna die so genannte Denuntiationem Evangelicam vertheydiget, und öffters practicirt; also ist meine fürnehmste Absicht bey Vorstellung dieses Handels durch ein handgreifflich Exempel zu zeigen, daß so bald eine Christliche Obrigkeit denen, so unschuldige Leute durch ihre so genannte Denuntiationes Evangelicas in das gröste Unglück zu stürtzen suchen; den Inquisition Proceß nur ein wenig beschneidet, und ihnen das brachium seculare entziehet, so lange biß sie ihre falschen Anklagen bescheiniget haben; oder wenn sie die denun ciatoszuvorher gebührend höret, und nicht alsbald mit der Inquisition zuplumpt, oder von der Captur des Denuntiati den Anfang macht, so bald auch denen falschen Angebern alle Krafft benommen werde, daß sie die Pfeiffe einziehen und auf andere Inventiones bedacht seyn müssen. Dieses ist der erste und vornehmste Zweck dieses gegenwärtigen Handels.

Noch zwey andere Ne-

§. II. Hierzu kömmt noch ferner, daß da ich nunmehro auf der Gruben gehe, mir nicht verdacht werden wird, daß ich besorget bin, so viel möglich, nicht so wohl meinen Feinden als denen Feinden / der von

wie sonst nach der Art und Eigenschafft des Klage-Processes billig hätte geschehen sollen, zu befahren hätten, sondern daß sie mit dem Praetext, sonderlich wenn es Clerici gewesen, sich hätten von aller Straffe befreyen können, wenn sie nur vorgegeben, daß sie ihre Verleumdungen aus guter Intention gethan, und es ihnen von Hertzen lieb wäre, wenn die denunciirten Personen ihre Unschuld darthun könten; daß ferner durch die andern eingeführten Neuerungen des Inquisition-Processes denen armen unschuldigen denuntiatis gar ofste die Mittel benommen worden, ihre Unschuld darzuthun, sondern vielmehr durch diese Neuerungen andere Leute beredet worden, diese denuncirte Leute wären die gottlosesten Bösewichter, die man mit Feuer und Schwerd verfolgen und ausrotten müste: Ich habe ferner gezeiget, daß diese Erfindung des Inquisition-Processes das so genannte Laster der Ketzerey, ingleichen einer sonst unbekannten Hexerey ausgeheckt, und aus ebenmäßigen Absichten zu Stande gebracht; ja daß die peinliche Halsgerichts Ordnung unter andern auch fürnemlich Gelegenheit gegeben, daß nachhero der Klag-Proceß nothwendig untergehen, und alleine der Inquisition-Proceß übrig bleiben müssen u. s. w. Gleichwie aber diese meine Lehren vielen, die bißhero aus denen Reliquien des Pabsthums ihren Vortheil gesucht, nicht anstehen wollen, sondern hefftig angefochten worden, auch solches zum Theil noch geschiehet, zumahlen da auch Lutherische Theologi in gantzen Tractaten de corruptione fraterna die so genannte Denuntiationem Evangelicam vertheydiget, und öffters practicirt; also ist meine fürnehmste Absicht bey Vorstellung dieses Handels durch ein handgreifflich Exempel zu zeigen, daß so bald eine Christliche Obrigkeit denen, so unschuldige Leute durch ihre so genannte Denuntiationes Evangelicas in das gröste Unglück zu stürtzen suchen; den Inquisition Proceß nur ein wenig beschneidet, und ihnen das brachium seculare entziehet, so lange biß sie ihre falschen Anklagen bescheiniget haben; oder wenn sie die denun ciatoszuvorher gebührend höret, und nicht alsbald mit der Inquisition zuplumpt, oder von der Captur des Denuntiati den Anfang macht, so bald auch denen falschen Angebern alle Krafft benommen werde, daß sie die Pfeiffe einziehen und auf andere Inventiones bedacht seyn müssen. Dieses ist der erste und vornehmste Zweck dieses gegenwärtigen Handels.

Noch zwey andere Ne-

§. II. Hierzu kömmt noch ferner, daß da ich nunmehro auf der Gruben gehe, mir nicht verdacht werden wird, daß ich besorget bin, so viel möglich, nicht so wohl meinen Feinden als denen Feinden / der von

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[2/0008] wie sonst nach der Art und Eigenschafft des Klage-Processes billig hätte geschehen sollen, zu befahren hätten, sondern daß sie mit dem Praetext, sonderlich wenn es Clerici gewesen, sich hätten von aller Straffe befreyen können, wenn sie nur vorgegeben, daß sie ihre Verleumdungen aus guter Intention gethan, und es ihnen von Hertzen lieb wäre, wenn die denunciirten Personen ihre Unschuld darthun könten; daß ferner durch die andern eingeführten Neuerungen des Inquisition-Processes denen armen unschuldigen denuntiatis gar ofste die Mittel benommen worden, ihre Unschuld darzuthun, sondern vielmehr durch diese Neuerungen andere Leute beredet worden, diese denuncirte Leute wären die gottlosesten Bösewichter, die man mit Feuer und Schwerd verfolgen und ausrotten müste: Ich habe ferner gezeiget, daß diese Erfindung des Inquisition-Processes das so genannte Laster der Ketzerey, ingleichen einer sonst unbekannten Hexerey ausgeheckt, und aus ebenmäßigen Absichten zu Stande gebracht; ja daß die peinliche Halsgerichts Ordnung unter andern auch fürnemlich Gelegenheit gegeben, daß nachhero der Klag-Proceß nothwendig untergehen, und alleine der Inquisition-Proceß übrig bleiben müssen u. s. w. Gleichwie aber diese meine Lehren vielen, die bißhero aus denen Reliquien des Pabsthums ihren Vortheil gesucht, nicht anstehen wollen, sondern hefftig angefochten worden, auch solches zum Theil noch geschiehet, zumahlen da auch Lutherische Theologi in gantzen Tractaten de corruptione fraterna die so genannte Denuntiationem Evangelicam vertheydiget, und öffters practicirt; also ist meine fürnehmste Absicht bey Vorstellung dieses Handels durch ein handgreifflich Exempel zu zeigen, daß so bald eine Christliche Obrigkeit denen, so unschuldige Leute durch ihre so genannte Denuntiationes Evangelicas in das gröste Unglück zu stürtzen suchen; den Inquisition Proceß nur ein wenig beschneidet, und ihnen das brachium seculare entziehet, so lange biß sie ihre falschen Anklagen bescheiniget haben; oder wenn sie die denun ciatoszuvorher gebührend höret, und nicht alsbald mit der Inquisition zuplumpt, oder von der Captur des Denuntiati den Anfang macht, so bald auch denen falschen Angebern alle Krafft benommen werde, daß sie die Pfeiffe einziehen und auf andere Inventiones bedacht seyn müssen. Dieses ist der erste und vornehmste Zweck dieses gegenwärtigen Handels. §. II. Hierzu kömmt noch ferner, daß da ich nunmehro auf der Gruben gehe, mir nicht verdacht werden wird, daß ich besorget bin, so viel möglich, nicht so wohl meinen Feinden als denen Feinden / der von

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/8>, abgerufen am 24.04.2024.